Umdeutung einer Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung:
1. Wird die Berufung von einem anwaltlich vertretenen Beteiligten ausdrücklich als solche eingelegt, kann sie nach dem maßgebenden objektiven Erklärungswert nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt war (Rn. 7).
2. Die Umdeutung einer eingelegten Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, weil beide Rechtsmittel verschiedene Gegenstände betreffen, die nicht austauschbar sind. Möglich ist eine Umdeutung aber dann, wenn innerhalb der laufenden Antragsfrist beantragt wird, die Berufung als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln (Rn. 8).
(Amtliche Leitsätze)
[...]
7 Wird die Berufung von einem anwaltlich vertretenen Beteiligten eingelegt, kann sie nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt war. Die Auslegung von Prozesshandlungen darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften, sondern hat den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss [...]. Danach ist nicht zweifelhaft, dass der am 28. Juni 2024 eingegangene Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger als Berufung und nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung verstanden werden musste. Darin heißt es, dass gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts "Berufung" eingelegt wird. Von der Zulassung eines Rechtsmittels ist an keiner Stelle die Rede.
8 Eine Umdeutung der eingelegten Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil beide Rechtsmittel verschiedene Gegenstände betreffen, die nicht austauschbar sind. Während der Antrag auf Zulassung der Berufung die Zulassung dieses Rechtsmittels durch das Berufungsgericht bezweckt, richtet sich die Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Sache [...].
9 Der am 8. Juli 2024 beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag der Kläger, das eingelegte Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln, gibt ebenfalls keinen Anlass für eine Umdeutung. Die Umdeutung einer fehlerhaften Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare kommt nur in Betracht, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht. Die Kläger haben zwar zu erkennen gegeben, dass die Umdeutung der eingelegten Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung ihrem Willen entspricht, doch ist dies nicht rechtzeitig erfolgt. Eine Umdeutung käme nur in Betracht, wenn der Antrag, die Berufung als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln, innerhalb der laufenden Antragsfrist erfolgt [...]. Hierauf sind die Kläger auch hingewiesen worden. Dennoch ist der auf Umdeutung gerichtete Antrag erst nach Ablauf der Antragsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG eingegangen. Ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses wurde das angegriffene Urteil der Klägerseite am 4. Juni 2024 zugestellt, so dass die einmonatige Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG bereits mit dem 4. Juli 2024 abgelaufen war. [...]