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VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 19.12.2024 - 2 L 1124/24.A - asyl.net: M33084
https://www.asyl.net/rsdb/m33084
Leitsatz:

Keine Entscheidung als offensichtlich unbegründet bei wehrpflichtigen eritreischen Männern: 

Die Ablehnung eines Asylfolgeantrages als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 8 AsylG begegnet erheblichen Bedenken, da eritreische Männer im wehrfähigen Alter bei einer Rückkehr nach Eritrea mit unmenschlicher und erniedrigender Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG rechnen müssen. Der Eintritt eines ernsthaften Schadens droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei Einberufung zum Nationaldienst.  

(Leitsatz der Redaktion) 

Schlagwörter: Eritrea, offensichtlich unbegründet, Asylfolgeantrag, ernsthafter Schaden, Nationaldienst,
Normen: AsylG § 30 Abs. 1 Nr. 8, AsylG § 4 Abs. 1 Nr. 2
Auszüge:

[...]

Die Ablehnung des erneuten Asylantrags des Antragstellers vom 13.04.2021 als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 Nr. 8 AsylG begegnet ernstlichen Zweifeln.

Dabei kann offenbleiben, ob hier eine Ablehnung des Asylantrages nach § 30 Abs. 1 Nr. 8 AsylG schon deshalb ausscheidet, weil es sich bei dem Antrag des Antragstellers vom 13.04.2021 nicht um einen Folgeantrag im Sinne von §71 Abs. 1 AsylG handelt.

Gemäß § 71 Abs. 1 AsylG liegt ein Folgeantrag vor, wenn der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag stellt. Hier hat der Antragsteller vor dem streitbefangenen Antrag vom 13.04.2021 bereits am 11.07.2018 und 31.10.2019 Asylanträge in Deutschland gestellt, die mit Bescheiden vom 02.08.2018 und 13.11.2019 als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. la) AsylG abgelehnt wurden. Beide Bescheide waren bei Stellung des erneuten Antrags am 13.04.2021 unanfechtbar. Allerdings wird in der Rechtsprechung zum Teil die Ansicht vertreten, dass ein Folgeantrag im Sinne von § 71 Abs. 1 AsylG nur dann vorliegt, wenn der vorangegangene Asylantrag in der Sache geprüft und als unbegründet abgelehnt wurde. [...]

Wollte man dieser Ansicht folgen, stellte der hier streitbefangene Asylantrag des Antragstellers vom 13.04.2021 keinen Folgeantrag im Sinne von § 71 Abs. 1 AsylG dar, weil die vorangegangenen Asylanträge ohne inhaltliche Prüfung jeweils nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG als unzulässig mangels Zuständigkeit Deutschlands abgelehnt wurden.

Die Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als (uneingeschränkt) offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 Nr. 8 AsylG begegnet aber jedenfalls deshalb ernstlichen Zweifel, weil die - für die Einschlägigkeit von § 30 AsylG notwendige - Annahme des Bundesamts, der Asylantrag des Antragstellers sei auch hinsichtlich des Begehrens, ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen, unbegründet, ernstlichen Zweifeln begegnet.

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung der Kammer müssen eritreische Männer im wehrdienstfähigen Alter im Falle ihrer nicht nur vorübergehenden Rückkehr nach Eritrea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit ihrer Einberufung zum (militärischen Teil des) Nationaldienstes rechnen, wo ihnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung und damit ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1. S. 2 Nr.2 AsylG droht. Mangels Anknüpfung dieser Behandlung an ein Merkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG verneint die Kammer allerdings regelmäßig die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. [...]

Anhaltspunkte dafür, dass beim Antragsteller etwas Anderes gelten sollte, sind nicht erkennbar. [...]