Niedrigschwellige oppositionelle Betätigung kann in Myanmar zu Verfolgung führen:
Auch niedrigschwellige exilpolitische Tätigkeiten führen zu staatlichen Repressionen. Diese müssen jedoch eine realistische Wahrnehmbarkeit haben. Dies ist nicht der Fall, wenn bei Demonstrationen FFP2-Masken getragen wurden oder unklar ist, ob die Fotos der an den Demonstrationen teilnehmenden Personen öffentlich zugänglich sind. Auch das vereinzelte Teilen von regierungskritischen Beiträgen bei Facebook mit einer geringen Reichweite führt nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgungsgefahr.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
24 Zwar ist nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen davon auszugehen, dass staatliche myanmarische Stellen an der Identifizierung von Teilnehmern an Demonstrationen gegen die Militärjunta ein Interesse haben (Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Gelsenkirchen vom 17. August 2021). Das Gericht hat keinen Anlass zu der Annahme, dass ein entsprechendes Interesse staatlicher Stellen nicht gleichermaßen in Bezug auf die Identifizierung der Verfasser regimekritischer Äußerungen über das Internet besteht. Es schließt sich weiter der Auffassung an, wonach das derzeitige myanmarische Regime nicht zu einer relativierenden Bewertung exilpolitischer Tätigkeiten willens und in der Lage ist und es beachtlich wahrscheinlich ist, dass auch niederschwellige exilpolitische Tätigkeiten zu staatlichen Repressionen führen [...].
25 Diese exilpolitischen Betätigungen müssen jedoch eine realistische Wahrnehmbarkeit beinhalten, um mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung zu führen. [...]
27 Soweit der Kläger vorträgt, dass er in Deutschland an Demonstrationen gegen die Militärregierung teilgenommen habe, ist zu berücksichtigen, dass bei einem Teil der vorgelegten Fotos bezüglich der Teilnahme an Demonstrationen größtenteils FFP2-Masken tragende Personen zu sehen sind. Soweit Bilder ohne FFP2-Masken vorliegen, wurde jedenfalls nicht dargelegt, inwiefern diese Bilder überhaupt öffentlich zugänglich sein sollten. Auf dem unter seinem Klarnamen geführten Facebook-Account teilte der Kläger nur in den letzten Monaten einzelne regimekritische Beiträge. In den Jahren 2021 bis 2023 hat der Kläger nach eigenen Angaben gar keine regimekritischen Beiträge gepostet. Zudem hat der Facebook-Account des Klägers mit 50 angezeigten "Freunden" nur eine geringe Reichweite. Insgesamt entstand im Rahmen der mündlichen Verhandlung der Eindruck, dass der Kläger auf Facebook selbst nicht aktiv ist, er vielmehr technische Schwierigkeiten bei der Bedienung hat. Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger auch zumutbar, seinen Facebook-Account vor seiner Rückführung zu löschen. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Militärregierung bisher von seinen Tätigkeiten Kenntnis erlangt hat. Da er bisher nur wenige Beiträge gepostet hat, ist auch nicht davon auszugehen, dass diese trotz Löschung weiterhin über das Internet zu finden sind bzw. diese mit dem Kläger in Verbindung gebracht werden könnten.
28 Nach alldem ist eine Verfolgung des Klägers aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung nicht beachtlich wahrscheinlich. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund der regimekritischen Posts seines Sohnes auf dessen Facebook-Account verfolgt werden könnte, wurden nicht hinreichend dargelegt und sind auch nicht ersichtlich. [...]