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SG Karlsruhe

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Zitieren als:
SG Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025 - S 12 AY 706/25 ER - asyl.net: M33240
https://www.asyl.net/rsdb/m33240
Leitsatz:

Übernahme von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung: 

1. Der Betrag von 3,50 € deckt im Jahr 2025 offenkundig nicht das tägliche Existenzminimum eines volljährigen alleinstehenden Menschen in der Bundesrepublik Deutschland.

2. Menschen auf der Flucht können nach § 6 Abs. 1 AsylbLG sonstige Leistungen von den Trägern der Asylbewerberleistungsverwaltung beanspruchen, solange sie auf die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über ihren Asylantrag warten müssen und im Einzelfall ob des Endes ihrer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung in der obligatorischen Anschlussversicherung den Mindestbeitragspflichten zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V bzw. der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 3 SGB XI unterliegen.

3. An zwar nicht rechtsverbindlich erklärte, aber im Wege unvollständiger Initiativ-Auskünfte gleichwohl insinuierte Zusagen ist eine Behörde nach Treu und Glauben gebunden, wenn sie sich durch ihre betrügerische Vorgehensweise gezielt von Amts wegen bereichern, das Vermögen Dritter schädigen und den Getäuschten in wirtschaftliche Not bringen will.

4. Die Bindung an Recht und Gesetz steht ebenso wenig zur freien Disposition der in Baden-Württemberg vor ihrer Verfolgung im Heimatland Zuflucht suchenden Menschen wie den für ihre Aufnahme zuständigen Behörden einschließlich des ihnen übergeordneten Ministeriums für Justiz und Migration.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Versicherungsbeiträge, Krankenversicherung, Existenzminimum,
Normen: AsylbLG § 6 Abs. 1, SGB V § 188 Abs. 4,SGB XI § 20 Abs. 3, BGB § 142
Auszüge:

[...]

Zunächst hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er vom Antragsgegner zusätzliche Geldleistungen in Höhe seiner monatlichen Beitragspflichten aus der sog. obligatorischen Anschlussversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 3 SGB XI ab dem 01.01.2025 bis zum 31.05.2025 beanspruchen kann. Insoweit kann sich der Antragsteller auf zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen stützen: Erstens kann er die höheren Leistungen wohl gemäß § 34 SGB X i.V.m. § 242 BGB analog i.V.m. § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 3 und 4, Abs. 5 StGB beanspruchen (siehe hierzu sogleich unter a). Zweitens stehen dem Antragsteller die streitbefangenen Leistungen wohl auch gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG zu (b).

a) Der Antragsgegner muss dem Antragsteller wohl zusätzliche Geldleistungen in gesetzlicher Höhe (von derzeit 254,66 € monatlich) gemäß § 34 Abs.1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 242 BGB analog i.V.m. § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 1 bis 4, Abs. 5 StGB gewähren, weil er beim Antragsteller wohl am 03.02.2025 in betrügerischer Weise einen zusicherungsähnlichen Vertrauenstatbestand schuf und es am 04.03.2025 wohl dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprach, als sich der Antragsgegner an den von ihm geschaffenen Vertrauenstatbestand nicht festhalten ließ. Im Einzelnen:

Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 263 Abs. 1 StGB). In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe für den Betrug gemäß § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB sechs Monate bis zehn Jahre. Ein besonders schwerer Fall liegt § 263 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 3. und 4. StGB in der Regel vor, wenn der Täter eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt oder seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht. Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 StGB verbunden hat, gewerbsmäßig begeht (§ 263 Abs. 5 StGB). § 25 Abs. 1 und 2 StGB bestimmen, dass als Täter bestraft wird, wer die Tat selbst oder durch einen anderen oder mit mehreren gemeinschaftlich begeht. § 242 BGB zufolge ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, der schriftlichen Form.

In der Gesamtschau der gesetzeskräftigen Beurteilungsmaßstäbe ist eine treuwidrig handelnde Behörde an ihre absichtlich unvollständig erteilten schriftlichen Auskünfte ebenso gebunden wie sie an eine rechtsverbindlich erklärte Zusicherung gebunden wäre, wenn sich die Behörde mittels irreführender Auskünfte in betrügerischer Weise von Amts wegen bereichern wollte und hierbei das Vermögen Dritter bewusst schädigen sowie den durch sie getäuschten Menschen in wirtschaftliche Überschuldungsnot bringen wollte.

Im vorliegenden Einzelfall ist indes glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner gegenüber dem auskunfts- und beratungsbedürftigen Menschen auf der Flucht wegen dessen Gruppenzugehörigkeit zu den besonders hilfebedürftigen Empfängern von Asylbewerberleistungen sowie unter Ausnutzung seiner eingeschränkten Rechts- und Sprachkenntnisse gezielt unvollständige Auskünfte gemacht hatte über die ihn erwartende Asylbewerberleistungsgewährung, damit der durch den Antragsgegner fehlgeleitete mittellose Mann für den Antragsgegner vorteilhafte Vermögensdispositionen treffen würde, obschon er hierdurch Drittbetroffenen Vermögensnachteile zufügen und selbst in eine Schuldenfalle geraten würde.

Indes ist dem Antragsgegner zwar zuzugeben, dass der Wortlaut des Änderungsbescheides vom 03.02.2025  "Aufgrund Ihrer Erwerbstätigkeit empfehlen wir Ihnen dringend bei der Krankenkasse die obligatorische/freiwillige Anschlussversicherung zu beantragen. Bitte legen Sie uns zu gegebener Zeit den Beitragsbescheid Ihrer Krankenkasse in Kopie vor." nicht als Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X auszulegen ist. Vielmehr ist darin nur eine unverbindliche Auskunft im Sinne des § 15 SGB I zu sehen. Der zitierten Formulierung ist gerade kein Regelungswille des Antragsgegners dahingehend zu entnehmen, dass er schon rechtsverbindlich hätte zusagen wollen, dass er die leistungserhöhende Berücksichtigung im Rahmen eines Änderungsbescheides jedenfalls vornehmen werde.

Indes muss sich der Antragsgegner im vorliegenden Einzelfall wegen der Unvollständigkeit seiner eigeninitiativ erteilten unverbindlichen Auskunft wohl so behandeln lassen, als wenn er dem Antragsteller 03.02.2025 bereits rechtsverbindlich zugesichert hätte, er werde die Beiträge für die obligatorische Anschlussversicherung gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG leistungserhöhend berücksichtigen. Das Fehlen des diesbezüglichen Zusicherungswillens des Antragsgegners ist im vorliegenden Einzelfall wohl unschädlich. Sich zulasten des Antragstellers und der Versicherungsgemeinschaft der DAK auf den Erfolg der behördlichen Irreführung vom 03.02.2025 zu berufen, verstieße wohl gegen die oben zitierten Betrugsverbote aus § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 3 und 4, Abs. 5 StGB und den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB analog.

Die in § 242 BGB dem Gesetzeswortlaut nach nur für bestehende Schuldverhältnisse erfolgte Verankerung des Gebots von Treu und Glauben wird nicht im Sinne einer abschließenden Regelung seines Anwendungsbereichs, sondern als Ausdruck eines die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatzes verstanden. Über das Schuldrecht hinaus gilt dieser Grundsatz allgemein und damit auch im öffentlichen Recht. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben muss jeder Beteiligte im Rechtsverkehr, den erkennbaren Interessen der anderen Seite Rechnung tragen und mit diesem zusammenarbeiten, soweit ihm das ohne Verletzung eigener Interessen zugemutet werden kann. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben sich deshalb Auskunftsansprüche, wenn ein Beteiligter eines Rechtsverhältnisses nach den Umständen selbst nicht imstande ist, sich von dem Inhalt seiner Rechte ein Bild zu machen, sondern auf die Hilfe des Gegenübers angewiesen ist. Eine Informationspflicht entsteht danach regelmäßig, wenn ein Beteiligter über einen Informationsvorsprung gegenüber der anderen Seite verfügt und außerdem für die besser informierte Seite ersichtlich ist, dass der anderen die fragliche Information nicht zur Verfügung steht, obschon sie für deren Entschließung von erkennbar ausschlaggebender Bedeutung ist. Wenn ein Beteiligter die Aufklärung eines anderen unter bestimmten Aspekten übernimmt, muss die Aufklärung nach Treu und Glauben vollständig erfolgen. Der Betreffende darf nicht bestimmte Aspekte weglassen, sondern ist auch ohne weitere Nachfrage grundsätzlich zur vollständigen Information über den in Rede stehenden Komplex verpflichtet. Bereits im Römischen Recht besagte der Grundsatz von Treu und Glauben deshalb, dass sich jemand an sein bestimmtes Vorverhalten festhalten lassen müsse, wenn sein Vorverhalten geeignet war, die Erwartung zu begründen, der Betreffende werde sich auch in Zukunft in Übereinstimmung hiermit verhalten. Ein solches "venire contra factum proprium" ist grundsätzlich unbeachtlich, sofern für die andere Seite ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder der Widerspruch aus anderen Gründen als treuwidrig anzusehen ist [...]. An zwar nicht rechtsverbindlich erklärte, aber im Wege unvollständiger Initiativ-Auskünfte gleichwohl insinuierte Zusagen ist eine Behörde nach Treu und Glauben gebunden, wenn sie sich durch ihre betrügerische Vorgehensweise gezielt von Amts wegen bereichern, das Vermögen Dritter schädigen und den Getäuschten in wirtschaftliche Not bringen will.

Eine derart widerrechtliche Vorgehensweise erscheint im vorliegenden Fall des behördlichen Antragsgegners glaubhaft gemacht. Er verhielt sich am 04.03.2025 wohl treuwidrig. Denn er hatte am 03.02.2025 beim Antragsteller wohl absichtlich einen Vertrauenstatbestand geschaffen, an den er sich am 04.03.2025 – wie geplant – nicht mehr festhalten ließ.

Der Antragsgegner schuf wohl den Vertrauenstatbestand, dass er dem Antragsteller die streitbefangenen Mehrbedarfsleistungen gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG bewilligen werde wegen der am 24.02.2025 festgesetzten Beitragsforderungen der DAK. Eben diesen Vertrauenstatbestand schuf der Antragsgegner wohl durch die Gestaltung seines Änderungsbescheides vom 03.02.2025. Durch seinen irreführenden "Wichtigen Hinweis" erweckte der Antragsgegner wohl den trügerischen Anschein, er werde künftigen Mehrbedarfen des Antragstellers Rechnung tragen durch den Erlass eines entsprechenden Änderungsbescheides. Zugleich erweckte der Antragsteller wohl auch den trügerischen Anschein, er werde einen solchen berücksichtigungsfähigen Mehrbedarf anerkennen, sobald der Antragsteller die ihm "dringend" empfohlene Anschlussversicherung bei der DAK beantragte, deren Beitragsforderungen ausgesetzt sein und dies durch die Vorlage des entsprechenden Beitragsbescheides belegen werde.

An den wohl dergestalt am 03.02.2025 von Amts wegen geschaffenen Vertrauenstatbestand hätte sich der Antragsgegner am 04.03.2025 wohl nach Treu und Glauben festhalten lassen müssen. Dies gilt wohl, obschon der Antragsteller am 03.02.2025 nicht rechtsverbindlich erklärt hatte, künftig die streitbefangenen Mehrbedarfsleistungen gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG zu bewilligen. Die Behörde war wohl an den von ihr geschaffenen Vertrauenstatbestand gebunden, weil sie eine derartige Zusage am 03.02.2025 wohl absichtlich insinuiert hatte, um sich wie eine gewerbsmäßige Bande in betrügerischer Weise auf Kosten des Antragstellers und der DAK zu bereichern.

Es ist glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner am 03.02.2025 in der betrügerischen Absicht eine Fehlvorstellung über das insinuierte künftige Verwaltungshandeln hervorrief, um einerseits sich selbst (um den Wegfall der eigenen behördlichen Leistungspflicht bei Krankheit nach § 4 AsylbLG) zu bereichern und andererseits das Vermögen des Antragstellers (um seinerseits nicht erfüllbare Beitragspflichten gegenüber der DAK) und der Versichertengemeinschaft der DAK (im Hinblick auf deren im Krankheitsfall eintretenden gesetzlichen Leistungspflichten nach dem SGB V gegenüber dem mittellosen Antragsteller, denen keine vollstreckbaren Beitragsforderungen gegenüberstanden) zu schädigen.

Dass der Antragsgegner sich dieser betrügerischen Vorgehensweise wohl absichtlich bedient haben dürfte, ist nach richterlichem Ermessen glaubhaft wegen der in Bezug genommenen "Sicht des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg" und der behördlichen Kenntnisnahme des in ihren Verwaltungsakten aktenkundigen Rundschreibens vom 28.08.2024. Fünf Monate nach dessen Erlass hatte sich der Antragsgegner wohl bereits vor dem 03.02.2025 fest entschlossen, die im Rahmen einer obligatorischen Anschlussversicherung anfallenden Versicherungsbeitragspflichten des Antragstellers gegenüber der DAK nicht nach § 6 AsylbLG anspruchserhöhend zu berücksichtigen. Vielmehr hatte der Antragsgegner ausweislich des Wortlauts des Rundschreibens vom 28.08.2024 wohl am 03.02.2025 bereits wissentlich in Kauf genommen, dass aufgrund einer obligatorischen Anschlussversicherung beim Antragsteller Zahlungsrückstände auflaufen würden, weil die nach §§ 3, 3a AsylbLG (und nicht auch nach § 6 Abs. 1 AsylbLG) gewährten Geldleistungen unmöglich ausreichen würden, um die Beitragspflichten gegenüber der DAK zu erfüllen. Die vom Antragsgegner wohl vorhergesehene Überschuldung des Antragstellers nahm er bei der Aussprache seiner "dringenden Empfehlung" vom 03.02.2025 wohl ebenso billigend in Kauf wie die mit ihr unweigerlich verbundene Belastung der übrigen Versichertengemeinschaft der gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Mitglieder der DAK durch einen nicht zahlungsfähigen, aber nach dem SGB V und nach dem SGB XI leistungsberechtigten Asylbewerberleistungsempfänger. Die hierdurch vom Antragsgegner am 03.02.2025 wohl beabsichtigte täuschungsbedingte eigene Vermögensbereicherung bestand darin, behördlich nicht länger verpflichtet zu sein, dem Antragsteller Leistungen bei Krankheit nach § 4 AsylbLG erbringen zu müssen, weil er im Krankheitsfall Leistungen von der DAK nach dem SGB V beanspruchen können würde, falls er der "dringenden" Empfehlung im "Wichtigen Hinweis" vom 03.02.2025 nachkommen sollte.

Aufgrund des hierbei mutmaßlich behördlicherseits vollendeten Betrugs in einem besonders schweren Fall im Sinne des § 263 Abs. 1, 3 und 5 StGB kann wohl gemäß § 242 BGB analog dahinstehen, dass der Antragsgegner dem betrogenen Menschen die streitbefangene Gewährung von Mehrbedarfsleistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG am 03.02.2025 nicht rechtsverbindlich im Sinne des § 34 SGB X zugesichert hatte. Ungeachtet dessen kann der Antragsteller vom Antragsgegner wohl zusätzliche Geldleistungen in gesetzlicher Höhe (von derzeit 254,66 €) gemäß § 34 Abs.1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 242 BGB analog i.V.m. § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 1 bis 4, Abs. 5 StGB beanspruchen.

b) Überdies kann der nach §§ 3, 3a AsylbLG unstrittig und unzweifelhaft leistungsberechtigte Antragsteller vom Antragsgegner die streitbefangene Gewährung von Mehrbedarfsleistungen (ungeachtet dessen im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise zusätzlichen deliktischen Mehrbedarfsgewährleistungspflicht, s. o. unter Ziff. II. 2. a) ohnehin auch kraft Gesetzes gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG beanspruchen aus nachfolgenden Gründen: [...]

Dass der besondere finanzielle Mehrbedarf für den Sozialversicherungsschutz im Sonderfall des Entstehens von Beitragspflichten für eine obligatorische Anschlussversicherung ergänzend über § 6 AsylbLG zu decken ist, hat der Bundesgesetzesgeber auch in seiner Gesetzesbegründung zu § 6 AsylbLG (Bundestagsdrucksache 18/2592) wörtlich ausgeführt [...]:

"Im Gegensatz zu dem von den Ländern in der Übergangsregelung anerkannten Bedarf muss ein Teil der nach dem SGB XII regelbedarfsrelevanten Ausgaben der Abteilung 6 (Gesundheitspflege) unberücksichtigt bleiben, weil dieser Bedarf anderweitig gedeckt wird. Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG haben aufgrund ihres Status keinen Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung. Stattdessen regeln die §§ 4 und 6, in welchem Umfang Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und den zur Behandlung erforderlichen Medikamenten, therapeutischen Mitteln und sonstigen erforderlichen Erzeugnissen und Gegenständen haben. Daher können die in Abteilung 6 enthaltenen Ausgaben, die lediglich von in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personen zu zahlen sind (Rezeptgebühren, Eigenanteile) bei Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG nicht anfallen. Diese regelbedarfsrelevanten Verbrauchspositionen der Abteilung 6 [...] stellen damit keine notwendigen Bedarfe im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes dar. Für die Leistungsberechtigten nach § 3, die gleichwohl gesetzlich krankenversichert sind, erfolgt eine ergänzende Bedarfsdeckung über den § 6.". [...]