BlueSky

VGH Bayern

Merkliste
Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 31.03.2025 - 10 B 24.1124 - asyl.net: M33249
https://www.asyl.net/rsdb/m33249
Leitsatz:

Angedrohte Selbstverbrennung kann Ausweisungsinteresse begründen: 

1. Ein Ausnahmefall zu § 104c AufenthG, der der Erteilung eines Chancenaufenthaltsrechts entgegensteht, liegt u.a. dann vor, wenn die mit dem Gesetzeszweck verfolgte Integration nicht erreicht werden kann, also absehbar ist, dass die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a oder § 25b AufenthG in 18 Monaten nicht vorliegen werden. 

2. Gefahrenabwehrrechtliche Gründe rechtfertigen nicht die Annahme eines Ausnahmefalles im Sinne des § 104c AufenthG, denn die Ausschlussgründe des § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (strafrechtliche Verurteilungen)  sind abschließend formuliert. 

3. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Ausweisungsinteresse) ist auf § 104c AufenthG anwendbar. 

4. Eine angedrohte öffentliche Selbstverbrennung stellt eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, insbesondere für die Gesundheit Dritter in körperlicher (z.B. bei Rettungsversuchen) und psychischer (durch Miterleben des Geschehens) Hinsicht und kann ein Ausweisungsinteresse aus spezial- und generalpräventiven Gründen begründen. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Chancen-Aufenthaltsrecht, Ausweisungsinteresse,
Normen: AufenthG § 104c, AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2, AufenthG § 53, AufenthG § 54
Auszüge:

[...]

21 2. Es liegt - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch kein Ausnahmefall vor, der die Beklagte berechtigten würde, von der regelmäßigen Rechtsfolge, wonach die Aufenthaltserlaubnis bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden "soll", abzuweichen und nach Ermessen über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden. [...]

23 b) Das Regel-/Ausnahmeverhältnis im Sinne von § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist daher in allererster Linie anhand der Integrationsperspektive zu beurteilen. Aufgrund des Normzwecks, geduldeten Ausländern eine Integration zu ermöglichen, ist ein Ausnahmefall grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn dieser Gesetzeszweck nach den Umständen des Einzelfalls nicht erreicht werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn schon zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG sicher absehbar ist, dass die Voraussetzungen für eine anschließende, allein in Betracht kommende (vgl. § 104c Abs. 3 Satz 4 AufenthG) Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG oder § 25b AufenthG nicht erfüllt sein werden, weil Integrationsdefizite vorliegen, die auch im Laufe der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG von 18 Monaten (vgl. § 104c Abs. 3 Satz 3 AufenthG) offensichtlich nicht beseitigt werden können [...]. Weiter dürfte ein Ausnahmefall vorliegen, wenn bereits eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erteilt worden war, die nicht zur Erteilung einer anschließenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG oder § 25b AufenthG geführt hat. Ein Ausnahmefall liegt demnach vor, wenn eine echte "Chance" zur im Sinne des Gesetzes ausreichenden Integration in absehbarer Zeit gar nicht besteht oder in der Vergangenheit nicht genutzt wurde. 

24 c) Aus systematischen Gründen dürfen bei der Prüfung eines Ausnahmefalls nur Umstände berücksichtigt werden, die nicht bereits in den Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG geregelt sind [...]. Insbesondere auch gefahrenabwehrrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen nicht die Annahme eines Ausnahmefalles im Sinne von § 104c AufenthG, denn der Gesetzgeber hat im Hinblick auf strafbares oder auch nur sicherheitsgefährdendes Verhalten ein differenziertes und insofern abschließendes Regelungskonzept normiert, das einen Rückgriff auf das integrationsbezogene Regel-/ Ausnahmeverhältnis grundsätzlich ausschließt.

25 Bereits mit der negativ formulierten Erteilungsvoraussetzung des § 104 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG aufgrund bestimmter strafrechtlicher Verurteilungen ausgeschlossen. Daneben findet auch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsinteresses (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG Anwendung. Dies folgt schon daraus, dass die Aufenthaltserlaubnis nach dem Wortlaut des § 104c AufenthG nur "abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1, 1a und 4 sowie § 5 Absatz 2" AufenthG, nicht aber abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erteilt werden soll. Gestützt wird dieser Schluss auch durch die Gesetzbegründung [...], wonach die Vorgabe des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch für die Beurteilung eines möglichen Ausweisungsinteresses im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG heranzuziehen sei und im Übrigen den Rahmen der ausländerbehördlichen Ermessensausübung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgebe. Dies setzt notwendig voraus, dass die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG Anwendung findet [...]. 

26 Mit der in § 104 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG enthaltenen Wertung, dass strafrechtliche Verurteilungen unterhalb einer differenzierenden Bagatellschwelle nicht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstehen und der nach dem Willen des Gesetzgebers damit einhergehenden Modifikation der allgemeinen Grundsätze über das Erteilungshindernis eines bestehenden Ausweisungsinteresses zugunsten des Ausländers hat der Gesetzgeber ein Regelungskonzept geschaffen, das nicht dadurch unterlaufen werden darf, dass sicherheitsrechtliche Belange zur Begründung eines Ausnahmefalles im Sinne von § 104c Abs. 1 AufenthG herangezogen werden. Auch besteht deshalb kein Raum für die Annahme eines Ausnahmefalls bei "verstörendem" [...] oder "eklatant rechtswidrigem" [...] Verhalten, das weder strafbar ist, noch ein aktuelles Ausweisungsinteresse begründet [...].

27 d) Dies zugrunde gelegt, liegt im Falle des Klägers kein Ausnahmefall im Sinne des § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG vor. Die gefahrenabwehrrechtlich, relevanten Verhaltensweisen des Klägers sind im Rahmen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu würdigen (dazu sogleich). Dass darüber hinaus jetzt schon hinreichend sicher prognostizierbar wäre, dass der Kläger die Erteilungsvoraussetzungen für die in seinem Fall allein in Betracht kommende Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG auch in den kommenden 18 Monaten nicht erfüllen werden kann, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst zum Ausdruck gebracht, dass aus ihrer Sicht in einem Jahr die Erteilungsvoraussetzungen nach § 25b AufenthG vorliegen werden.

28 3. Der Kläger erfüllt jedoch zum vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, denn in seinem Fall besteht zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein noch aktuelles und hinreichend gewichtiges Ausweisungsinteresse. 

29 a) Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsinteresses (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) findet auch auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG Anwendung (s.o.). Dabei ist allerdings die Wertung des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu berücksichtigen [...], der das regelmäßig bestehende Ausweisungsinteresse für bestimmte Straftaten für unbeachtlich erklärt, und zwar ohne, dass es insofern auf die Aktualität eines Ausweisungsinteresses ankäme. Verurteilungen zu Bagatellstraftaten im Sinne des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG stellen daher in Bezug auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG regelmäßig auch kein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dar. 

30 Allgemein kann ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG auch dann angenommen werden, wenn keines der vertypten Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG vorliegt, der Aufenthalt des Ausländers aber gleichwohl eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt [...]. Für die Erteilungsvoraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG gilt im Ausgangspunkt nichts Anderes. Insbesondere, wenn eine Strafverfolgung aus Erwägungen unterblieben ist, die dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG fremd sind (z.B. Schuldunfähigkeit des Täters), kann trotz unterbliebener strafrechtlicher Sanktion ein bestehendes Ausweisungsinteresse der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstehen; dies widerspricht nicht der Wertung des § 104c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG [...]. Gleiches gilt - wie auch sonst -, wenn Verhaltensweisen in Frage stehen, die zwar nicht strafbar sind, die aber dennoch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG begründen.

31 Bei Annahme eines unvertypten Ausweisungsinteresses aufgrund einer im Einzelfall nicht bestraften oder generell schon nicht strafbaren Handlung muss allerdings die in § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG normierte Erheblichkeitsschwelle beachtet werden. Es bedarf deshalb in diesen Fällen einer gesonderten Bewertung des Gewichts des Ausweisungsinteresses. Nur, wenn das entsprechende Verhalten das Gewicht der nach § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG grundsätzlich unbeachtlichen Straftaten übersteigt, kann ein solches Ausweisungsinteresse der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstehen. In Ermangelung einer gerichtlich festgesetzten Strafe erfordert dies eine umfassende Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Für die Feststellung eines Ausweisungsinteresses gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG sowie mit Blick auf die in § 54 AufenthG  vorgenommene Typisierung und Gewichtung kann dabei von Bedeutung sein, ob das jeweilige Verhalten des Ausländers im Einzelfall einem der Tatbestände des § 54 AufenthG nahekommt [...].

32 b) Gemessen daran liegt beim Kläger ein aktuelles und im Hinblick auf § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG hinreichend gewichtiges Ausweisungsinteresse vor.

33 aa) Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet ergibt sich sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen.

34 (1) Die Tatbestandsmerkmale der "öffentlichen Sicherheit und Ordnung" im ausweisungsrechtlichen Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG sind nach der Begründung des Gesetzgebers [...] im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts zu verstehen [...]. Auch die Gefährdung dieser Schutzgüter bemisst sich nach den im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht entwickelten Grundsätzen. Erforderlich ist die Prognose, dass mit hinreichenden Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der aufgeführten Schutzgüter eintreten wird. Die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG umfasst dabei u.a. die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen [...].

35 Die früher vom Kläger gezeigten Verhaltensweisen stellen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Der Kläger hat in einem relativ kurzen Zeitraum fortgesetzt öffentlich mit einer Selbstverbrennung gedroht. Zwischen August 2021 und Oktober 2022 kam es zu insgesamt fünf Vorfällen, bei denen der Kläger drohte oder jedenfalls andeutete, sich selbst anzuzünden. Dabei führte er jeweils Behältnisse mit Benzin bei sich. Bei zwei Gelegenheiten hatte er sich bereits mit Benzin übergossen und ein Feuerzeug in der Hand, in einem Fall hatte er bereits das brennende Feuerzeug an seine benzingetränkte Jacke gehalten, bevor herbeigerufene Polizeibeamte eingreifen konnten. Jedenfalls in den letztgenannten Fällen, in denen eine Entzündung nur noch vom Zufall abhing, verursachte der Kläger eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere für die Gesundheit Dritter in körperlicher (z.B. bei Rettungsversuchen) und psychischer (durch Miterleben des Geschehens) Hinsicht. 

36 Für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses ist dabei unerheblich, ob der Kläger die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schuldhaft verursacht hat, denn auf ein Verschulden kommt es insofern nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen nicht an. Auch ist für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unerheblich, ob der Kläger rechtmäßig ausgewiesen werden könnte. Vielmehr reicht es aus, dass ein Ausweisungsinteresse gleichsam abstrakt - d. h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen - vorliegt. Eine Abwägung mit den privaten Bleibeinteressen erfolgt erst im Rahmen der Frage, ob eine Abweichung
vom Regelfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorliegt [...]. 

37 (2) In spezialpräventiver Hinsicht geht vom Kläger nach der Überzeugung des Senats derzeit noch eine Wiederholungsgefahr aus. [...]

40 [...] Der Kläger hat über einen längeren Zeitraum von etwa anderthalb Jahren in mindestens fünf Fällen öffentlich mit einer Selbstverbrennung gedroht. In zwei Fällen kam es dabei zu Situationen, in denen eine  Selbstverbrennung mehr oder weniger nur noch vom Zufall abhing. Die Vorkommnisse ereigneten sich allesamt vor dem Hintergrund der persönlichen Umstände des Klägers, die dieser offensichtlich als beängstigend und/oder frustrierend empfand. Dies lässt auf ein bestimmtes Verhaltensmuster schließen. Das Vorgehen des Klägers war dabei planvoll, was sich daraus ergibt, dass er stets ein Behältnis mit Benzin bei sich führte. Das dabei gefährdete Rechtsgut der körperlichen und geistigen Gesundheit Dritter genießt als besonderes gewichtiges Schutzgut Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 2 GG), sodass an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind. Für den Kläger spricht zwar, dass seit der letzten Androhung einer Selbsttötung im Oktober 2022 nunmehr zweieinhalb Jahre verstrichen sind, in denen er nicht mehr auffällig wurde. Dieser Zeitablauf allein vermag jedoch nicht hinreichend sicher ausschließen, dass der Kläger nicht in alte Verhaltensmuster verfallen und erneut sicherheitsgefährdend in Erscheinung treten wird. [...]

43 (3) Unabhängig davon begründet das Verhalten des Klägers auch ein noch aktuelles generalpräventives Ausweisungsinteresse.

44 Ein Ausweisungsinteresse kann sich auch aus generalpräventive Gründe ergeben, denn vom weiteren Aufenthalt eines Ausländers kann auch dann eine Gefahr für die  öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wenn von ihm selbst keine (Wiederholungs-) Gefahr mehr ausgeht, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, sich vergleichbar zu verhalten [...].

45 Gemessen daran besteht im Falle des Klägers ein generalpräventives Ausweisungsinteresse. Die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis ist geeignet, andere Ausländer von der Gefährdung Dritter im Zusammenhang mit der Androhung einer Selbstverbrennung abzuhalten. (Angedrohte) Selbstverbrennungen - etwa um auf das eigene Anliegen oder die eigene Lage aufmerksam zu machen sind zwar kein häufiges, aber dennoch wiederkehrendes Phänomen, das die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere die Gesundheit von Rettungskräften und Umstehenden erheblich gefährdet. Es besteht daher ein erhebliches öffentliches Interesse, (auch) Ausländer hiervon abzuschrecken. [...]

53 bb) Das Ausweisungsinteresse ist auch mit Blick auf die Wertung des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG hinreichend gewichtig.

54 Das beim Kläger bestehende Ausweisungsinteresse erreicht sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht das Gewicht der nach § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG regelmäßig anspruchsausschließenden Straftaten. Die Häufigkeit der Selbstverbrennungsdrohungen und der in diesem Zusammenhang hervorgerufenen konkreten Gefahren, der besonders hohe Rang des gefährdeten Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit und der Eindruck, den das Verhalten auf eine Vielzahl von Außenstehenden gemacht hat, verleihen dem Verhalten des Klägers erhebliches Gewicht. Selbst unter der Annahme, dass es sich bei dem Verhalten nicht um strafbare Nötigungen gehandelt hat, übersteigt das Gewicht des Ausweisungsinteresses deutlich dasjenige, das regelmäßig mit den in § 104 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG geregelten Bagatellstraftaten einhergeht. [...]