Die Nichtvorlage des Passes erlaubt nicht, auf Verschleierung der Identität zu schließen:
Nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn ein Identitäts- oder Reisedokument mutwillig vernichtet wurde, um die Feststellung der Identität zu verhindern. Es gibt keinen normativen Anknüpfungspunkt dafür, dass unter § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG auch Fälle zu fassen sind, in denen mit dem Zurückhalten des Passes das Ziel verfolgt wurde, die Rückführung in das Herkunftsland zu erschweren.
(Leitsätze der Redaktion)
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Nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer ein Identitäts- oder Reisedokument, das die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet oder beseitigt hat oder die Umstände offensichtlich diese Annahme rechtfertigen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegt der erkennenden Kammer der inzwischen abgelaufene Reisepass des Antragstellers vor, der von einer am Verfahren nicht beteiligten Dritten dem Bundesamt zugeleitet worden ist. Von einer tatsächlichen Vernichtung oder immer noch zu konstatierenden Beseitigung des Reisepasses kann daher jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ausgegangen werden.
Mit der unterlassenen Vorlage des Reisepasses und dem wahrheitswidrigen Vorbringen, dass sich dieser nicht mehr im Besitz des Antragstellers befinde, war aber darüber hinaus auch nicht erkennbar dessen Absicht verbunden, die Feststellung seiner Identität zu verhindern. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass durch das Zurückhalten des Reisepasses eine mögliche Rückführung des Antragstellers erschwert oder verhindert werden sollte, kann dies zwar gegebenenfalls ein handlungsleitendes Motiv gewesen sein. Allerdings findet sich in § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG kein normativer Anhaltspunkt dafür, dass die mutwillige Vernichtung oder Beseitigung eines Identitäts- oder Reisedokuments mit dem Ziel erfasst sein sollte, eine Rückführung des Ausländers zu erschweren. Der Formulierung des § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vorwurf, der eine Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet rechtfertigen soll, in der Erschwerung der Identifizierung eines Ausländers zu sehen ist [...]
Da der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt seinen richtigen Namen und sein korrektes Geburtsdatum angegeben hatte, wie sich aus dem nunmehr aufgetauchten Reisepass ergibt, kann weder davon ausgegangen werden, dass er seine Identifizierung erschweren bzw. über seine Identität täuschen wollte, noch hat sich die zunächst unterbliebene Vorlage seines Reisepasses letztlich auf die Feststellung seiner Identität ausgewirkt. [...]