Ein Verweis auf griechische "Schattenwirtschaft" ist nicht zumutbar:
1. Für anerkannt Schutzberechtigte besteht keine Möglichkeit, auf dem illegalen Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeitsstelle zu finden, die geeignet wäre, das Existenzminimum zu sichern. Der Verweis auf die Schattenwirtschaft steht den europäischen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit (Art. 2 lit d der VO (EU) 2019/1149) entgegen.
2. Die auf dem informellen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze sind nicht zumutbar. Die Arbeitsverhältnisse bieten keinerlei soziale Absicherung, die Bezahlung ist sehr niedrig, es bestehen häufig schlechte und ausbeuterische Arbeitsbedingungen wie überlange Arbeitszeiten, Vorenthaltung von Löhnen für Überstunden oder bei Krankheit und Arbeitsunfällen, sowie die Gefahr von sexueller Ausbeutung und Gewaltanwendung.
3. Anerkannt Schutzberechtigten droht in Griechenland Obdachlosigkeit. Zudem sind illegal auf Plantagen Beschäftigte gezwungen, in Hütten aus Wellblech, Kartons und unter Gewächshaus-Plastikfolien ohne Strom, Wasser, Heizung oder Kanalisation zu leben. Solche Bedingungen erfüllen nicht die vom EuGH vorausgesetzten Mindestanforderungen an "Bett, Brot, Seife".
(Leitsätze der Redaktion; Ausdrücklich entgegen: BVerwG: Urteil vom 16.04.2025 – 1 C 18.24, 1 C 19.24 – asyl.net: M33243
[...]
12 Das Gericht geht auf der Grundlage aktueller Erkenntnismittel davon aus, dass für anerkannt Schutzberechtigte in Griechenland die beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie obdachlos werden und der Verelendung ausgesetzt sind.
13 Die anerkannt Schutzberechtigten erfüllen nach wie vor in aller Regel weder die strengen gesetzlichen Voraussetzungen für staatliche Unterstützungsleistungen (grds. lange Aufenthaltszeiten in Griechenland), noch sind sie in der Lage die Voraussetzungen zu erfüllen, die sie befähigen würden, auf dem legalen Arbeitsmarkt eine Arbeitsstelle zu finden und anzunehmen (grds. lange Wartezeiten für die Bearbeitung der Anträge auf Erhalt der benötigten Dokumente wie insbesondere der Aufenthaltserlaubnis, der Sozialversicherungs- und der Steueridentifikationsnummer), die es ihnen erlauben würde, existenzsichernde Leistungen zu erwirtschaften und eine zumutbare Unterkunft zu finden und zu finanzieren [...]. Wegen begrenzter Mittel können Hilfsorganisationen die Vielzahl der in Not geratenen Statusinhaber nicht entsprechend auffangen; viele Hilfsangebote sind Projekte mit kurzer Laufzeit und unregelmäßig gefördert [...].
14 Das Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - hat mit Urteil vom 16. April 2025 (- 1 C 18/24 -, juris) entschieden, dass für männliche nicht vulnerable Inhaber internationalen Schutzes in Griechenland keine Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCH) bestehe und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Hessische Verwaltungsgerichtshof, der in seinem Urteil vom 6. August 2024 (- 2 A 489/23.A -, juris) die Tatsachenrevision zugelassen habe, habe auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage zutreffend festgestellt, dass zurückkehrende, arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende junge männliche Schutzberechtigte in Griechenland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in eine extreme Notlage geraten würden. Bürokratische Hürden und lange Verfahrensdauern führten zwar dazu, dass sie in den ersten Wochen bis Monaten nach der Rückkehr keinen Zugang zu staatlichen wie teilweise nicht staatlichen Unterstützungsangeboten hätten; auch seien bestehende staatliche Unterstützungs- und Integrationsprogramme für anerkannt Schutzberechtigte nur für einen beschränkten Personenkreis zugänglich und ebenfalls an bürokratische Hürden geknüpft. Die Erlangung der für einen legalen Aufenthalt in Griechenland und den Zugang zu existenzsichernden Leistungen und zum legalen Arbeitsmarkt erforderlichen Dokumente begegne erheblichen Herausforderungen, so dass Schutzberechtigte deshalb über einen längeren Zeitraum von staatlichen Leistungen, aber auch vom (legalen) Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien. Die Schutzberechtigten könnten aber voraussichtlich in temporären Unterkünften oder Notschlafstellen mit grundlegenden sanitären Einrichtungen unterkommen und ihre weiteren Grundbedürfnisse einschließlich Ernährung durch eigenes Erwerbseinkommen, anfänglich jedenfalls in der sogenannten Schattenwirtschaft, decken, zu dem ggfls. Unterstützungsleistungen nichtstaatlicher Hilfsorganisationen hinzuträten.
15 Dem vermag sich das erkennende Gericht im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht anzuschließen. Es bewertet die Situation gegenwärtig - wie in weiten Teilen der bisherigen Rechtsprechung - nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln nach wie vor so, dass für anerkannt Schutzberechtigte insbesondere auch keine Möglichkeit besteht, auf dem illegalen Arbeitsmarkt (Schattenwirtschaft) eine zumutbare Arbeitsstelle zu finden, die geeignet wäre das Existenzminimum zu sichern [...]. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
16 Vor dem Hintergrund der oben dargestellten grundlegenden Prämissen des Unionsrechts erscheint es bereits fraglich, ob ein Verweis der Statusinhaber auf den informellen Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates und damit auf eine illegale Tätigkeit zur Beschaffung seines Existenzminimums grundsätzlich mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist [...]. Zweifel bestehen aufgrund des Prinzips der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 S. 1 EU-Vertrag), welches die rechtliche oder tatsächliche Hintertreibung des Unionsrechts und der zu ihrem Vollzug ergangenen Rechtsvorschriften verbietet (EuGH, Urteil vom 27. November 2012 - C-370/12 -, Rn 148, juris). Durch die VO (EU) 2019/1149 (des EU-Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019, OJ L 186 vom 11. Juli 2019 S. 21ff) wurde eine Europäische Arbeitsbehörde eingerichtet, die u.a. die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit stärken soll (Art. 2 lit d der VO (EU) 2019/1149). Zudem hat die EU 2021 – 2022 ein Programm zur Bekämpfung unregistrierter Arbeit aufgelegt. Griechenland hat zu erkennen gegeben, Schwarzarbeit weiterhin bekämpfen zu wollen (Handelsblatt vom 3. Januar 2024: Griechenlands Finanzminister greift gegen Steuerhinterziehung durch) Insoweit bestehen gegenüber Griechenland Kooperations- und Rücksichtnahmepflichten. Verweist Deutschland Rückkehrende auf eine illegale Tätigkeit, würde das genannte Unionsziel hintergangen und das Rechtsstaatsprinzip des Art. 2 EUV als fundamentaler Wert der Rechtsgemeinschaft in Frage gestellt [...]. Eine die Auffassung des BVerwG bestätigte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sieht das erkennende Gericht nicht. Der vom BVerwG insoweit in Bezug genommenen Entscheidung des EuGH (Urteil vom 2. Oktober 2019 - C-93/19 -, juris) zur Frage "ausreichender Existenzmittel" im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit b der Richtlinie 2004/38 lag der Fall zugrunde, in dem eine Person Einkünfte zwar ohne Aufenthalts- und ohne Arbeitserlaubnis und insoweit illegal, aber im Rahmen eines über 10 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnisses, für das Steuern und Sozialversicherungsabgaben entrichtet wurden, erzielt hatte. Diese Form eines illegalen Arbeitsverhältnisses ist nicht vergleichbar mit derjenigen, die unter den Begriff der Schattenwirtschaft fällt, für die kennzeichnend ist, dass Arbeitsverhältnisse ohne vertragliche Absicherung zur Vermeidung der Kosten für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und oft mit ausbeuterischem Charakter bestehen [...]. Die Schattenwirtschaft Griechenlands gehört nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln - wie noch auszuführen sein wird - zu dem zuletzt genannten Bereich. Das Gericht hat daher erhebliche Bedenken zurückkehrende Statusinhaber, die wegen systemischer Mängel im gesetzlichen und administrativen System Griechenlands für einen mitunter längeren Zeitraum keine Möglichkeit haben, sich auf legalem Wege ein Existenzminimum zu erarbeiten, auf einen illegalen Weg zu verweisen. Allein die diesbezügliche Duldung der griechischen Behörden - wenn eine solche tatsächlich mit ausreichender Gewissheit anzunehmen sein sollte (dazu siehe unten) - erfüllt nach Auffassung des Gerichts nicht die sich aus dem oben dargelegten System des (Asyl- und) Aufnahmesystems der Dublin III-Verordnung ergebende gesteigerte Schutzpflicht der Mitgliedstaaten gegenüber den vom griechischen Staat anerkannten Schutzberechtigten.
17 Offen ist auch, ob insoweit verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Zweifel bestehen auch hier hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips. Es dürfte als widersprüchlich anzusehen sein, wenn Deutschland dem eigenen im nationalen Recht kodifizierten (§ 1 Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) und auch dem unionsrechtlich verpflichteten Ziel (Erwägungsgrund 22 VO (EU) 2019/1149) zuwider Schutzberechtigte für den Fall ihrer Rückkehr in den Überstellungsstaat auf eine illegale Tätigkeit verweist und damit von ihnen verlangt, einen Rechtsbruch zu begehen [...]. Der Hinweis des BVerwG in seinem Urteil vom 16. April 2025 [...] schließt die Bedenken nicht aus. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde eines Asylsuchenden aufgeworfenen Frage, inwieweit zu den zur Erwerbssicherung eines Schutzberechtigten zumutbaren Arbeiten auch Tätigkeiten im Bereich der sogenannten "Schatten- oder Nischenwirtschaft" zählen, solange sich der Betreffende damit nicht der ernstlichen Gefahr einer Strafverfolgung aussetzt, nicht inhaltlich auseinandergesetzt, sondern die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie den Darlegungs- und Substantiierungsanforderungen nicht genüge. Es hat für die gestellte Frage (außerdem) auf die Rechtsprechung des BVerwG [...] verwiesen.
18 Hält man die dargelegten rechtlichen Bedenken nicht für grundsätzlich durchgreifend, ist (zunächst) zu bewerten, ob der Verweis auf die Schattenwirtschaft für die Betroffenen im konkreten Mitgliedstaat die tatsächliche Möglichkeit beinhaltet, sich ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Nach Auffassung des Gerichts unterliegt es erheblichen Zweifeln, dass für Statusinhaber mit ausreichender Wahrscheinlichkeit Arbeitsplätze auf dem informellen Arbeitsmarkt (Schattenwirtschaft) Griechenlands faktisch auch erreichbar sind. Das BVerwG hat die Möglichkeit der Erlangung eines Existenzminimums durch Erwerbstätigkeit im Bereich der Schattenwirtschaft ausführlich in seiner Entscheidung zu den Verhältnissen im Überstellungsland Italien erörtert [...]. Dabei hat es maßgeblich auf die dortige Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage und die Erkenntnisse zu den Möglichkeiten und Angeboten für Schutzstatusinhaber abgestellt und vor diesem Hintergrund die Erreichbarkeit 7 bejaht. Sowohl die Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage als auch die Situation bei den Hilfsangeboten stellt sich nach den erreichbaren Erkenntnismitteln für Griechenland aber anders und im Ergebnis sehr viel schlechter dar. Während die Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage in Italien in den letzten Jahren und derzeit relativ stabil war und ist, muss sich Griechenland nach wie vor von einer tiefen Wirtschaftskrise erholen. Dies hat Auswirkungen insbesondere auf die Verhältnisse auf dem legalen und illegalen Arbeitsmarkt. [...] Die Arbeitslosenquote betrug im Januar 2024 immer noch 9% (Italien September 2024: 6,1%).
19 Bei Migranten, davon 30% international Schutzberechtigte, liegt die Arbeitslosenquote in Griechenland höher; sie sind nur zu etwa 30% legal beschäftigt [...]. Die im Urteil des BVerwG erwähnten Anwerbeprogramme für ausländische Mitarbeiter betreffen - wie noch auszuführen sein wird - nicht Schutzberechtigte, sondern in erster Linie Ausländer aus Bangladesch, Südostasien und Afrika - unabhängig von Asylverfahren. Zudem erscheint die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt in Italien erwünscht zu sein [...]. Davon kann für Griechenland nicht (ohne weiteres) ausgegangen werden [...].
20 Das erkennende Gericht vermag darüber hinaus im Ergebnis der Wertung des BVerwG, dass für Schutzberechtigte auch in Griechenland eine ausreichende Möglichkeit zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in der Schattenwirtschaft besteht, der eine Existenzsicherung ermöglicht, nicht zu folgen, weil entgegen stehende Erkenntnisse vorliegen. Zwar gibt es zahlreiche Berichte über den großen Bedarf an Arbeitskräften insbesondere in den Branchen Tourismus, Bauwirtschaft und Landwirtschaft [...]. Es fehlen aber greifbare Anhaltspunkte dafür, dass Arbeitgeber auch Statusinhaber in nennenswertem Umfang einstellen [...]. Durchgreifende Zweifel daran bestehen, weil die entsprechenden Erkenntnismittel ganz überwiegend darüber berichten, dass wegen der hohen Arbeitslosenquote in Griechenland und des hohen Bedarfs in großem Umfang Arbeitskräfte aus Ägypten, Südostasien (Bangladesch, Vietnam) und Afrika angeworben werden bzw. angeworben werden sollen [...]. Anhaltspunkte dafür, dass auch Statusinhaber in diesen Bereichen Fuß fassen können, ergeben sich eher für Einzelfälle oder kleinere Gruppen in Berichten mit anderem Themenschwerpunkt [...]. Außerdem besteht wegen der hohen Arbeitslosenquote, die auch griechische Staatsangehörige betrifft, ein hoher Konkurrenzdruck für die Schutzberechtigten, die in der Regel der griechischen Sprache nicht oder schlechter mächtig sind und in der Regel nur einen zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus haben und damit Arbeitgebern eine weniger verlässliche Basis anbieten können. Zudem häufen sich Äußerungen, wonach die griechische Regierung nicht an der Rückführung von Statusinhabern nach Griechenland interessiert ist [...] und deren Integration in keiner Weise fördert - wie die obigen Feststellungen zeigen. Zudem verschiebt sich – was erschwerend hinzukommt - derzeit in der öffentlichen Diskussion und dem medialen Diskurs, befördert durch die Aussagen einflussreicher Politiker, politischer Parteien und öffentlicher Autoritätspersonen, die Haltung in der Migrations- und Asylpolitik Griechenlands spürbar in Richtung Fremdenfeindlichkeit, rassistischer Rhetorik und einer Abnahme der Achtung grundlegender Rechtsstaatsprinzipien [...]. Damit kann nicht - anders als bei der dargestellten Anwerbung von Arbeitskräften - ohne weiteres von einer generellen Duldung dieser Personengruppe auf dem informellen Arbeitsmarkt durch den griechischen Staat ausgegangen werden kann.
21 Darüber hinaus hält das Gericht die auf dem informellen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze aller Voraussicht nach auch nicht für zumutbar [...].
22 Das BVerwG hat ausgeführt, dass Schutzberechtigte nicht ohne Einschränkung auf eine Tätigkeit in der Schattenwirtschaft verwiesen werden könnten. Eine Tätigkeit, bei der die Schutzberechtigten selbst einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfolgung ausgesetzt wären, sei ihnen nicht zuzumuten [...]. Insbesondere seien Tätigkeiten, die in der fortgesetzten Begehung von oder der Teilnahme an Verbrechen bestünden, nicht zumutbar [...]. Anders verhalte es sich bei einer Erwerbstätigkeit, die im Prinzip auch legal ausgeübt werden könne, die jedoch den öffentlichen Stellen zur Vermeidung von Steuern und Sozialbeiträgen nicht gemeldet werde, sofern dies für den Schutzberechtigten als Arbeitnehmer nicht sanktionsbewehrt sei oder Sanktionen gegen ihn jedenfalls nicht verhängt würden; unter diesen Umständen sei Schutzberechtigten daher - zumindest für eine Übergangszeit - auch Schwarzarbeit zumutbar [...]. Für Italien hat das BVerwG die Zumutbarkeit einer Tätigkeit in der Schattenwirtschaft mit der Begründung bejaht, Schwarzarbeit gelte in Italien als "Kavaliersdelikt"; Sanktionen im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit 9 richteten sich erkennbar allein gegen kriminelle Arbeitgeber; betroffenen Arbeitnehmern werde dagegen Hilfe als Opfer von Ausbeutung und Unterstützung zur Umwandlung in angemeldete Arbeitsverhältnisse angeboten [...]. Soweit für die Frage der Zumutbarkeit der Tätigkeiten in der Schattenwirtschaft für Griechenland darauf verwiesen wird, die zuständige Behörde, das durch das Gesetz 4808/21 gebildete griechische Arbeitsinspektorat (SEPE), welches im Juli 2022 seine Arbeit aufgenommen habe, gehe nur gegen die Arbeitgeber vor und verhänge nur gegen diese Strafen, Arbeitnehmer dagegen würden nicht verfolgt, vermag das Gericht dieser Wertung nicht zu folgen. Auch und gerade in Bezug auf die Zumutbarkeit von Tätigkeiten in der Schattenwirtschaft stellt sich nämlich die Situation in Griechenland nach den vorliegenden Erkenntnismitteln erheblich anders dar als in Italien. Die Arbeitsverhältnisse in der Schattenwirtschaft Griechenlands bieten keinerlei soziale Absicherung, die Bezahlung ist sehr bis extrem niedrig (zum Teil werden Löhne vollständig verwehrt) und reicht oft nicht zur Sicherung eines Existenzminimums aus [...]. Zudem bestehen häufig schlechte und ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Gestalt von überlangen Arbeitszeiten, Vorenthaltung von Löhnen für Überstunden oder bei Krankheit und Arbeitsunfällen [...], die Gefahr von sexueller Ausbeutung und Gewaltanwendung [...]. Sie können auch nicht ohne weiteres als Übergangslösung betrachtet werden, denn die administrativen Hürden zur Erlangung der Voraussetzungen für eine Arbeitsstelle auf dem legalen Arbeitsmarkt bestehen gerade auch in der erheblichen Dauer der Bearbeitung entsprechender Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, einer Steueridentifikationsnummer, einer Sozialversicherungsnummer usw. Auch das BVerwG hält eine Monate andauernde Verzögerung durchaus für möglich [...]. Zudem bestehen für Arbeitnehmer auf dem informellen Arbeitsmarkt nicht unerhebliche rechtliche Risiken. Zwar gibt es Berichte darüber, dass bei behördlichen Überprüfungen nur Arbeitgeber mit (Geld)Strafen belegt werden, nicht aber die Arbeitnehmer [...]. Die durchaus stattfindenden behördlichen Überprüfungen [...]. Das SEPE ist rechtlich verpflichtet, beim Antreffen von nicht angemeldeten drittstaatenangehörigen Arbeitnehmern die zu informieren; nach Angaben der griechischen Behörden bestehe diese Pflicht allerdings nicht [...]. Ob in Fällen der Überprüfung bzw. der Razzien Statusinhaber, die noch auf ihre Papiere warten, ihren legalen Aufenthalt beweisen und damit weitere (ausländerrechtliche) Folgen, die für sie von erheblicher Schwere sein können, abwenden können, unterliegt daher erheblichen Zweifeln. Angesichts der oben erwähnten sich mehrenden eher abwehrenden aktuellen Äußerungen von Politikern Griechenlands gegenüber den Schutzberechtigten und mangels entsprechender Hinweise in den vorliegenden Erkenntnismitteln, kann auch - anders als offenbar in Italien - nicht davon ausgegangen werden, dass den illegal Beschäftigten im Anschluss an Überprüfungen bzw. Razzien eine Hilfestellung zum Übergang in legale Beschäftigungsverhältnisse angeboten wird. Dies ergibt sich auch aus den nach wie vor besorgniserregenden Umständen mangelnder funktionierender behördlicher Verfahrensabläufe, d.h. aus zentralen Punkten im Hinblick auf die Integration und die damit verbundenen Herausforderungen [...]. Damit stellt sich der Charakter der Schattenwirtschaft in Griechenland und die daraus für die Schutzberechtigten erwachsenen Folgen als deutlich unwägbarer und negativer als in Italien dar. Allein der Umstand, dass ihnen keine (Geld)Strafe wegen der illegalen Beschäftigung droht, führt nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, dass ihnen eine Tätigkeit in der Schattenwirtschaft Griechenlands nach den vom BVerwG entwickelten Kriterien zumutbar ist, denn ihnen drohen andere diesen Sanktionen mindestens gleich schwere Benachteiligungen von erheblichem Ausmaß und erheblicher Härte wie z.B. schlechte und ausbeuterische Arbeitsbedingungen.
23 Dem Gericht liegen weiterhin durchgreifende Anhaltspunkte dafür vor, dass Statusinhaber - selbst wenn sie auf dem informellen Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz finden konnten - in absehbarer Zeit keine zumutbare Unterbringung erlangen können [...].
24 Soweit das BVerwG [...] bzgl. der Möglichkeit Schutzberechtigter, zumindest übergangsweise in Obdachlosen- und anderen Notunterkünften staatlicher und nicht staatlicher Organisationen einerseits und in informellen Wohnformen andererseits unterzukommen, eine andere Bewertung vornimmt, vermag ihm das erkennende Gericht nicht zu folgen. Das BVerwG betrachtet eine Vielzahl solcher Angebote in Athen einschließlich Piräus, Nikaia und Thessaloniki und die wenigen Berichte über Wohnungen ausländischer "Communities", also nur die verfügbaren Berichte dieser Stadtzentren. Zudem relativiert es diese (theoretischen) Möglichkeiten auch wieder, in dem es die Bedenken von Nichtregierungsorganisationen - NGOs - hinsichtlich der Zugangsmöglichkeiten (s.u.), vor allem aber hinsichtlich mangelnder Kapazitäten, referiert. Aus der Tatsache, dass weder von staatlicher Seite noch von Seiten der NGOs verlässliche Zahlen über die Zahl Obdachloser vorliegen, - die im Übrigen angesichts der beschriebenen Situation auch nicht zu erwarten sind - kommt es dann aber zu dem Ergebnis, dass die nur sehr begrenzt vorliegenden Daten nicht den Schluss zuließen, dass Obdachlosigkeit insgesamt ein weit verbreitetes Problem darstelle. Angesichts der Mehrzahl der (Not)Unterkunftsangebote geht es vielmehr davon aus, dass zumindest für männliche, nicht vulnerable Schutzberechtigte, denen ein höheres Maß an Durchsetzungsvermögen und Eigeninitiative abzuverlangen sei, keine ernsthafte Gefahr bestehe, bei einer Rückkehr nach Griechenland obdachlos zu werden. Auch dem vermag das erkennende Gericht nicht zu folgen.
25 Die Berichte der verfügbaren Erkenntnismittel über informelle Unterkünfte schildern im Wesentlichen Einzelfälle - wenn auch zum Teil größeren Umfangs -, die aber gleichwohl angesichts der Vielzahl der Schutzberechtigten [...] keine Prognosen über derartige Möglichkeiten in ausreichendem Maß zulassen [...]. Zudem legen die genannten Erkenntnismittel nahe, dass entsprechende "Vermieter" die Lage der Schutzberechtigten ausnutzen, und ihnen Schlaf- bzw. Unterbringungsplätze mit völlig unzureichenden hygienischen und sonstigen Bedingungen anbieten. So existieren zum Beispiel in Athen mutmaßlich gut 20 Masafarhanas afghanischer Flüchtlinge, völlig überbesetzte Wohnungen, in denen die "Mieter" im einzigen Wohnzimmer auf dem Boden schlafen und dies - wegen der niedrigen Bezahlung ihrer Arbeitsplätze und der langen Bearbeitungszeit ihrer Anträge auf entsprechende Dokumente - oft über Jahre [...]. Noch schlechter trifft es die auf den großen Plantagen beschäftigten Arbeitnehmer, die in Hütten aus Wellblech, Kartons und unter Gewächshaus-Plastikfolien (Polytunneln) ohne Strom, Wasser, Heizung oder Kanalisation zu leben gezwungen sind [...]. Solche Bedingungen erfüllen nicht mehr die vom EuGH vorausgesetzten Mindestanforderungen an "Bett, Brot, Seife". Sie können - angesichts der begrenzten Mittel der Hilfsorganisationen - auch nicht in ausreichendem Maße (vor Ort) von NGOs ausgeglichen werden [...]. Insbesondere die Kapazitäten der vom BVerwG im Urteil vom 16. April 2025 aufgezählten Obdachlosen- und Notunterkünfte stehen in keinem Verhältnis zu der Vielzahl derjenigen Personen, denen Griechenland in den letzten Jahren internationalen Schutz gewährt hat [...] Dem steht auch nicht entgegen, dass - wie in einzelnen Berichten [...] ausgeführt - in Berichten über Obdachlosigkeit diese nicht als "augenscheinliches Massenphänomen" dargestellt wird. Denn zum einen bezieht sich die Aussage allein auf die Hauptstadt Athen. Hinreichende Erkenntnisse über die Verbreitung in anderen Bereichen - z.B. in ländlichen Gebieten, für die angenommen wird, dass Arbeitsplätze, insbesondere in der Landwirtschaft, vermehrt bestehen - liegen nicht vor. Zum anderen kann - angesichts der Vielzahl der Schutzberechtigten [...] - hieraus nicht - quasi im Umkehrschluss - geschlossen werden, dass die Gefahr von Obdachlosigkeit angesichts fehlender Möglichkeiten nicht weit verbreitet und geeignet ist, nahezu jeden Rückkehrer zu treffen. Die illegal Beschäftigten werden - um behördlichen Zugriffen zu entgehen - auch 12 mutmaßlich daran interessiert sein, unentdeckt zu bleiben. [...]