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VG Freiburg

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Zitieren als:
VG Freiburg, Beschluss vom 21.07.2025 - 3 K 3534/25 - asyl.net: M33533
https://www.asyl.net/rsdb/m33533
Leitsatz:

Aufnahme einer Ausbildungsduldung als Asylbewerber*in: 

Der Erteilung einer Ausbildungsduldung als Asylbewerber*in gemäß § 60c Abs. 1 Nr. 1 AufenthG steht es entgegen, wenn eine Abschiebungsandrohung des BAMF bereits vollziehbar geworden ist. Antragstellende sind dann nicht mehr als Asylbewerber*innen zu qualifizieren. 

(Leitsatz der Redaktion) 

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, internationaler Schutz in EU-Staat, Asylbewerber, asylsuchend, vollziehbar ausreisepflichtig, Aufenthaltsgestattung, Erlöschen,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 1 Nr. 1, AsylG § 67 Abs. 1 Nr. 4, AsylG § 36 Abs. 3
Auszüge:

[...]

10 1. Der Antragsteller begehrt bei sachdienlicher Auslegung seines Antragsbegehrens (§ 86 Abs. 3, § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO), den durch das Regierungspräsidium vertretenen Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, ihn vorläufig nicht abzuschieben, weil er einen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung habe. [...]

13 b) Der zulässige Antrag erweist sich jedoch als unbegründet. [...]

15 Der Antragsteller hat im Rahmen der hier allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zwar mit Blick auf die von dem Antragsgegner beabsichtigte Abschiebung nach Griechenland einen Anordnungsgrund, nicht aber einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er dürfte aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 60c AufenthG haben.

16 aa) Es liegt kein Fall einer privilegierten "Asylbewerber-Ausbildungsduldung" nach § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor, weil der Antragsteller nicht schon als "Asylbewerber" die qualifizierte Ausbildung aufgenommen hat.

17 Unschädlich ist insoweit zwar, dass die tatsächliche Aufnahme der Ausbildung erst in etwa zwei Wochen erfolgen soll, da der Antragsteller einen Ausbildungsvertrag vorgelegt hat [...].

18 Allerdings ist der vollziehbar ausreisepflichtige Antragsteller nach Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig auf Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kein "Asylbewerber" mehr im Sinne des § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG [...]. Denn seine Aufenthaltsgestattung ist mit der Vollziehbarkeit der wirksamen Abschiebungsandrohung erloschen (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG i. V. m. § 36 Abs. 3 Satz 11 AsylG). Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes steht dem Vollzug der Abschiebungsandrohung ebenfalls nicht mehr entgegen [...].

19 Zwar trifft es zu, dass der wenig trennscharfe Begriff des "Asylbewerbers" weitergehend dahin verstanden werden könnte, dass auch im Fall der Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung und vor endgültigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens noch eine "Bewerbung um das Asylrecht" vorliegt [...]. Allerdings ist dies nicht zwingend. Vielmehr ergibt sich aus der Systematik der Vorschrift, dass der Gesetzgeber erkennbar zwischen Asylbewerbern, die eine Ausbildung "aufgenommen [haben]" und nach Ablehnung des Asylantrags diese Berufsausbildung fortsetzen möchten, und Ausländern, die - wie der Antragsteller - im Besitz einer Duldung sind und eine Ausbildung "aufnehmen", unterscheidet [...]. Eine Duldungserteilung - als Aussetzung des Vollzugs der Abschiebung - kommt grundsätzlich erst ab der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht in Betracht, sodass solche Fälle von § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erfasst werden sollen. Dies dürfte im Übrigen auch der Systematik des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AsylG entsprechen, der an die qualifizierte Ablehnung eines Asylantrags grundsätzlich ein pauschales Erwerbstätigkeitsverbot knüpft, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet [...]. Damit beabsichtigt der Gesetzgeber, den Arbeitsmarkt (nur) für Personen zu öffnen, deren asylrechtliches Schicksal sich trotz ablehnender Bundesamtsentscheidung noch nicht endgültig in absehbarer Zeit vollziehbar entscheidet [...]. Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift gegen eine Anwendung des Nr. 1 auf vollziehbar Ausreisepflichtige, die erst nach Eintritt der Vollziehbarkeit eine qualifizierte Berufsausbildung aufnehmen möchten. Vornehmlich soll mit der Ausbildungsduldung dem Ausbildungsbetrieb und dem Auszubildenden die Gewähr geboten werden, eine begonnene Berufsausbildung auch abzuschließen [...]. Wenn zudem in den Fällen, in denen die Abschiebung absehbar ist, der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden soll (BT-Drucks. 18/9090, S. 25), dann wäre es nicht mehr vom Zweck der Vorschrift gedeckt, dem vollziehbar ausreisepflichtigen Antragsteller die Aufnahme einer Ausbildung in diesem Verfahrensstadium noch zu ermöglichen. [...]