Die Dauer eines Asylfolgeverfahrens ist nicht in die Dauer der Abschiebungshaft einzurechnen:
Die vom BAMF voraussichtlich für die Prüfung eines zum Zeitpunkt des Haftantrags noch rein hypothetischen Asylfolgeantrags genötigte Zeit ist nicht bei der Bemessung der Haftdauer zu berücksichtigen. Die Sicherungshaft des § 62 AufenthG würde sonst zu einer Vorratshaft werden, die gesetzlich nicht vorgesehen ist.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Des Weiteren war die anfangs bis zum 04.10.2022, mithin für einen Zeitraum von acht Wochen erfolgte Haftanordnung materiell fehlerhaft, weil die Haftdauer zum Zeitpunkt der Haftanordnung zu lang bemessen war. Die Antragstellerin hatte diese antragsgemäß am 09.08.2022 angeordnete Dauer der Haft im Wesentlichen mit der geschätzten Verfahrensdauer eines von ihr erwarteten Asylfolgeantrags des Betroffenen begründet. Bei Antragstellung und im Zeitpunkt der Haftanordnung war jedoch noch nicht bekannt, ob der Betroffene seinen anfangs unwirksam gestellten Asylfolgeantrag nochmals in zulässiger Weise wiederholen und beim zuständigen BAMF anhängig machen würde. Die Antragstellerin hat zutreffend darauf verwiesen, dass gemäß § 71 Abs. 8 AsylG ein Folgeantrag der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegensteht. Hieraus folgt aber nicht, dass die vom BAMF nach Schätzungen benötigte Prüfdauer eines im Zeitpunkt des Haftantrags und Entscheidungszeitpunkt noch rein hypothetischen Folgeantrags schon bei der Bemessung der Haftdauer herangezogen werden kann. Denn dadurch würde die Sicherungshaft nach § 62 AufenthG zu einer Vorratshaft, die das Gesetz nicht zulässt. Maßgebliches Kriterium für die Bemessung der Haftdauer im Anordnungszeitpunkt hätte für das Amtsgericht Leverkusen allein die Mitteilung der Antragstellerin zur absehbaren Dauer der Organisation der mit der Haft zu sichernden Abschiebung sein dürfen – im konkreten Fall die Mitteilung, dass eine Abschiebung nach Guinea nach den Erfahrungen der Antragstellerin und Rücksprache mit der Zentralstelle für Flugabschiebungen innerhalb von zwei Wochen möglich sei [...]. Unter Berücksichtigung eines anerkannten zeitlichen Puffers für allfällige Verzögerungen von circa sechs Tagen [...] hätte die Haftanordnung mithin nur bis zum 30.08.2022 erfolgen dürfen. Dass der Asylfolgeantrag wie von der Antragstellerin vermutet dann tatsächlich zeitnah nach ihrem Haftantrag [...] noch gestellt wurde, ändert an dieser Situation nichts. Die Antragstellerin hatte auch den Abschiebungsflug zunächst ohne Berücksichtigung der zeitlichen Erfordernisse eines etwaigen Asylfolgeantrags geplant und für den 24.08.2022 (mithin innerhalb des von der ihr zuvor als erfahrungsgemäß zu erwartenden Organisationszeitraums von zwei Wochen) reserviert sowie sodann erwogen, bei einer längeren Prüfdauer des Asylfolgeantrags den Flug zu stornieren und umzuplanen. Dies geschah – folgerichtig – dann auch erst am Tag vor dem zunächst geplanten Abflug am 24.08.2022, als sich abzeichnete, dass bis dahin trotz Hinweises der Antragstellerin auf eine Eilbedürftigkeit der Bescheidung des Asylfolgeantrags noch keine Entscheidung des BAMF hierüber vorliegen würde. Entsprechend wäre auch bei der Haftplanung vorzugehen gewesen, d.h. es wäre zunächst eine am Datum des erst geplanten Abschiebungsflugs orientierte Dauer der Haft, mit dem bereits angesprochenen zulässigen Puffer für allfällige Verzögerungen, anzuordnen gewesen, um dem Erfordernis des § 62 Abs. 1 S. 2 AufenthG Rechnung zu tragen, die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Bei dem Umstand, dass eine Entscheidung des BAMF über den dann doch noch wirksam gestellten Asylfolgeantrag des Betroffenen kurz vor dem zunächst geplanten Flugdatum des 24.08.2022 noch ausstand, hätte es sich um eine solche allfällige Verzögerung gehandelt. Es wäre der Antragstellerin dann unbenommen und möglich gewesen, innerhalb des für allfällige Verzögerungen anerkannten zeitlichen Puffers von nahezu einer Woche einen Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft bei Gericht anzubringen. Was die zügige zeitliche Umplanung ab dem 12.09.2022 anbelangt, als die abschlägige Entscheidung des BAMF über den Asylfolgeantrag schließlich vorlag, verweist die Antragstellerin zwar zu Recht darauf, dem Beschleunigungsgrundsatz nachgekommen zu sein. Diese nachträgliche Entwicklung verhilft aber nicht der ursprünglich angeordneten Haftdauer zur Rechtmäßigkeit, soweit sie anfangs, als diese Entwicklung noch nicht bekannt war, über den 30.08.2022 hinaus angeordnet war. [...]