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VG Gießen

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Zitieren als:
VG Gießen, Beschluss vom 10.09.2025 - 2 L 3487/25.GI.A - asyl.net: M33608
https://www.asyl.net/rsdb/m33608
Leitsatz:

Keine Versorgungsprobleme mit HIV-Medikamenten in Nigeria: 

Die Einstellung der USAID - Hilfen in Nigeria führt nicht zu Versorgungsproblemen mit HIV - Medikamenten. Die nigerianische Regierung versichert die weitere Versorgung mit Medikamenten und habe Maßnahmen ergriffen, einem potenziellen Engpass entgegenzuwirken. Die Behandlung mit Medikamenten bleibe weiterhin kostenlos, sofern sie in staatlichen Gesundheitseinrichtungen erfolgen. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Nigeria, HIV/AIDS, Asylfolgeantrag, Rückführungsverbesserungsgesetz, medizinische Versorgung,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, AsylG § 71 Abs. 5, VwGO § 80
Auszüge:

[...]

(2) In der Sache führt der Eilantrag nicht zum Erfolg, denn es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylfolgeantrags der Antragstellerin als unzulässig. [...]

Vorliegend bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids, in dem der Asylfolgeantrag der Antragstellerin als unzulässig abgelehnt wird.

Zwar beruft sich die Antragstellerin mit ihrem Verweis auf die Einstellung der USAID-Hilfen in Nigeria, die auf eine Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump im Januar diesen Jahres zurückgehen, auf eine veränderte Sachlage, die sie im vorherigen Verfahren noch nicht geltend machen konnte. Vor allem geht die Antragstellerin davon aus, dass infolge dieser politischen Entwicklungen nunmehr keine medikamentöse Behandlung ihrer HIV-Erkrankung in Nigeria mehr zumutbar zu erlangen sein wird.

Diese Einschätzung teilt das Gericht indes nicht.

Richtig ist zunächst, dass die Weltgesundheitsorganisation im März 2025 davor warnte, Nigeria sei kurz davor, knapp bei der Versorgung mit HIV-Medikamenten zu werden. Hintergrund sei ein über 80 %-iger Einbruch von USAID-Finanzierungen von Gesundheitsprogrammen („USAID cut: Nigeria, 7 other countries running out of HIV treatment – WHO“ vom 18.03.2025, https://www.vanguardngr.com).

Von Nigerias Bundesrat wurden indes als Gegenmaßnahme ca. 12 Millionen US-Dollar für die Versorgung der Bevölkerung mit HIV-Medikamenten bereitgestellt. Zusätzlich wur-den 1 Milliarde US-Dollar für Reformen im Gesundheitswesen im Rahmen des HOPE-Programms bereitgestellt sowie weitere 3,2 Millionen US-Dollar speziell für die HIV-Behandlung. Es wurden Maßnahmen ergriffen, die sicherstellen sollen, dass betroffene Patienten keine Rückschläge erleiden sollen („Nigeria announces measures to soften impact of USAID Programs Suspension“ vom 04.02.2025, www.allafrica.com).

Die „National Agency fort he Control of AIDS“ – NACA – teilte mit, dass die Einstellung der USAID-Hilfen die Versorgung der HIV-Patienten nicht beeinträchtigen werde. Temitope Ilori, Generaldirektor von NACA, versicherte den Nigerianern, insbesondere denen, die mit HIV leben, dass das Land "ein stetiges Angebot" an antiretroviralen Medikamenten habe. Die Bundesregierung habe proaktive Maßnahmen ergriffen, um den potenziellen Mangel an HIV-Medikamenten im Land zu beheben. "Der Federal Executive Council (FEC) genehmigte 1,07 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung der Reformen des Gesundheitssektors im Rahmen des Programms Human Capital Opportunities for Prosperity and Equity (HOPE) und genehmigte auch 4,8 Milliarden N für die HIV-Behandlung, während der nigerianische Senat kürzlich zusätzliche 300 Milliarden N für den Gesundheitssektor im Haushalt 2025 bereitgestellt hat", heißt es in der Erklärung („NACA says USAID halt won’t affect HIV care in Nigeria“ vom 19.03.2025, www.thecable.ng). .

In der Folge stellte NACA mehrfach klar, dass HIV-Behandlungen in Nigeria nach wie vor kostenlos bleiben, sofern sie in staatlich genehmigten Gesundheitseinrichtungen erfolgen. Behauptungen, wonach Patienten für ARV-Medikamente bezahlen müssten, wurden ausdrücklich als „komplett falsch und irreführend“ bezeichnet („NACA debunks fake news on HIV drug pricing in Nigeria“ vom 27.02.2025, www.naca.gov.ng).

Trotz Unsicherheiten im Zusammenhang der Finanzierungskürzungen durch USAID hat die nigerianische Regierung Mittel bereitgestellt und die Versorgung durch internationale Partner wie PEPFAR (US-Presidents’s Emergency Plan for AIDS Relief) – dieses Programm ist von dem Hilfestopp ausgenommen (vgl. „Posts falsely claim HIV treatments are no longer free in Nigeria“ vom 26.03.2025, www.factcheck.afp.com) – und den Global Fund gesichert, sodass keine Kosten auf Patientinnen und Patienten verschoben wurden („Nigeria reaffirms free HIV treatment despite reduces U.S. Support“ vom 28.03.2025, www.allafrica.com).

Lokale Gesundheitszentren und NGOs bestätigen ebenfalls, dass der Zugang zu kostenlosen HIV-Medikamenten weiterhin gewährleistet sei („Posts falsely claim HIV treatments are no longer free in Nigeria“ vom 26.03.2025, www.factcheck.afp.com).

Vor dem Hintergrund dieser Informationen geht das Gericht davon aus, dass die Sorge, infolge der Einstellung von USAID werde eine medikamentöse Behandlung der HIV-Infektion in Nigeria für die Antragstellerin nicht mehr zumutbar und bezahlbar sicherzustellen sein, unbegründet ist. [...]