Dialyse-Behandlung in Somalia ist möglich:
1. Ob die Voraussetzungen für eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Vortrag ist ohne Belang) vorliegen, wenn der Verfolgungshandlung die erforderliche Intensität fehlt, kein asylrelevanter Verfolgungsgrund, kein geeigneter Verfolgungsakteur oder keine Gefahr eines ernsthaften Schadens vorliegt und offenkundig interne Schutzmöglichkeiten bestehen, ist umstritten.
2. Die Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegt offensichtlich nicht vor, wenn in der Heimatregion von Antragstellenden kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht.
3. In Somalia finden Kampfhandlungen zwischen internationalen Schutztruppen bzw. somalischen Sicherheitskräften und al-Shabaab vor allem in Zentral- und Südsomalia statt.
4. Konnten die Kosten für eine Dialyse-Behandlung in der Vergangenheit getragen werden, so ist davon auszugehen, dass das auch in der Zukunft möglich sein wird.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Die Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet begegnet keinen ernstlichen Rechtmäßigkeitszweifeln.
Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer im Asylverfahren nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung des Asylantrags nicht von Belang sind. [...]
Wann Umstände für die Prüfung des Asylantrags ohne Belang sind, ist im Einzelnen umstritten. Einigkeit dürfte dahingehend bestehen, dass für die Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG nicht allein der Umstand genügen kann, dass ein Vorbringen nicht zur Asylanerkennung führt (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 16. Juli 2024 – 2 V 713/24 –, juris Rn. 19, m.w.N.).
Auch ist der Asylantrag insgesamt nicht offensichtlich unbegründet, wenn auch nur hinsichtlich eines von mehreren Gründen das Vorbringen nicht als belanglos angesehen werden kann (vgl. Heusch, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1. Oktober 2024, § 30 AsylG Rn. 17).
Unbestritten ist ferner ein Vorbringen ohne Belang im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, das von vornherein keinen Bezug zu den die Schutzgewährung auslösenden Gefahren für den Schutzsuchenden beinhaltet. Das ist der Fall, wenn sämtliche vorgebrachten Gründe per se asylfremd sind (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2025 – 30 L 2588/25. A –, juris Rn. 71, m.w.N.; VG Bremen, Beschluss vom 16. Juli 2024 – 2 V 713/24 –, juris Rn. 18, m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12.Juli 2024 – 7 L1798/24.A – juris, Rn. 24; Waldvogel, Offensichtlich unbegründete Asylanträge nach dem Rückführungsverbesserungsgesetz, NVwZ 2024, 871, 872). [...]
Streitig ist demgegenüber, ob darüber hinausgehend ein Vorbringen für die Prüfung des Asylantrags auch dann ohne Belang ist, wenn offenkundig nicht die für eine Verfolgungshandlung erforderliche Intensität, kein asylrelevanter Verfolgungsgrund, kein geeigneter Verfolgungsakteur oder keine Gefahr eines ernsthaften Schadens erkennbar ist oder offenkundig Möglichkeiten des landesinternen Schutzes oder einer inländischen Fluchtalternative bestehen und der Antragsteller sich darauf verweisen lassen muss (so: VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2025 – 30 L 2588/25. A –, juris Rn. 73, m.w.N.).
Bei dieser Auslegung sind auch die vorgebrachten Umstände für die Prüfung des Asylantrags nicht von Belang, die im Ergebnis, d. h. bei der materiellen Prüfung nicht zu einer Schutzanerkennung führten (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2025 – 30 L 2588/25. A –, juris Rn. 77). [...]
Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe sein Heimatland wegen der erforderlichen medizinischen Behandlung verlassen, handelt es sich um einen evident asylfremden Umstand. Gesundheitliche Gründe, etwa die Hoffnung auf eine (bessere) Behandlung in Deutschland, sind für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG relevant, nicht aber für den Asylantrag im engeren Sinne (vgl. Waldvogel, Offensichtlich unbegründete Asylanträge nach dem Rückführungsverbesserungsgesetz, NVwZ 2024,87 1,872, m.w.N.).
Auch die geltend gemachten Konflikte zwischen verschiedenen Clans in seinem Heimatort stellen Umstände dar, die für die Prüfung der Frage, ob der Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen oder ihm internationaler Schutz in Form der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes zu gewähren ist, nicht von Belang sind.
Der Antragsteller macht keine an Verfolgungsgründe anknüpfende Verfolgungshandlungen geltend. Er trägt weder vor, Mitglied der betroffenen Clans zu sein, noch behauptet er, von diesen Konflikten in irgendeiner Weise betroffen gewesen zu sein. Für die Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 AsylG ist der Vortrag daher ohne jede Bedeutung.
Für die Prüfung der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG ist das Vorbringen ebenfalls nicht relevant. Zu den die Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG auslösenden Gefahren – die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe bzw. die Gefahr der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung – haben die behaupteten Clan-Streitigkeiten von vornherein keinen Bezug.
Das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers ist aber auch für die Prüfung einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ohne Belang. Zwar kann nicht angenommen werden, dass in Somalia Konflikte zwischen verschiedenen Clans von vornherein asylfremdes Vorbringen darstellen. Das Vorbringen des Antragstellers ist aber deswegen auch in Bezug auf den Tatbestand in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG irrelevant, weil in ..., woher der Antragsteller stammt, anders als im Rest des Landes kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegt. [...]
In einer solchen außergewöhnlichen Situation setzt die Feststellung einer "ernsthaften individuellen Bedrohung" im Sinne von Art. 15 Buchst. c RL 2011/95/EU nicht voraus, dass der Antragsteller beweist, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 9. November 2023 – C-125/22 –, NVwZ 2024, 230 Rn. 41).
Daraus dürfte folgen, dass in den Fällen, in denen im Herkunftsland ein bewaffneter Konflikt vorliegt, der das oben genannte Niveau willkürlicher Gewalt erreicht, eine Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet auf der Grundlage von § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG von vornherein ausscheidet. Immer von Belang dürfte in dieser Konstellation der Umstand sein, dass der Antragsteller (unabhängig von den vorgebrachten Umständen im Übrigen) aus dem betreffenden Land oder der betreffenden Region stammt.
Dies kann jedoch dahinstehen. Denn jedenfalls ist im umgekehrten Fall das Vorbringen eines Asylantragstellers dann ohne Belang für die Prüfung des Asylantrags im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wenn bereits die objektiven Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorliegen, es in dem betreffenden Land oder der betreffenden Region also keinen bewaffneten Konflikt gibt. Dem Vorbringen muss mit anderen Worten nicht weiter nachgegangen werden, weil der individuelle Vortrag nichts an der allgemeinen Lage im Land ändert. Einer materiellen Prüfung der vorgebrachten Umstände bedarf es nicht.
Dies zugrunde gelegt, ist der Vortrag des Antragstellers als belanglos anzusehen. In ..., woher der Antragsteller stammt, herrscht kein bewaffneter Konflikt. Regelmäßige örtlich begrenzte Kampfhandlungen zwischen internationalen Schutztruppen bzw. somalischen Sicherheitskräften und al-Shabaab finden vor allem in Zentral- und Südsomalia statt, wo große, vor allem ländliche Gebiete unter der Kontrolle von al-Shabaab stehen. Dies beschränkt sich jedoch auf die Regionen Somalias südlich von Puntland (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Somalia vom 25. April 2025, Stand: 20. Januar 2025, S. 15), insbesondere die Bundesstaaten Galmudug, Hirshabelle, South West und Jubaland. Das sich im Nordwesten Somalias befindliche ... ist relativ stabil (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Somalia vom 25. April 2025, Stand: 20. Januar 2025, S. 4). [...]
Zu Recht weist das Bundesamt darauf hin, dass der Antragsteller, dessen Erkrankung seit ca. fünf Jahren besteht, und der dreimal in der Woche zur Dialyse muss, offensichtlich in der Vergangenheit in seinem Heimatland medizinisch versorgt werden konnte. Die von ihm angegebenen Kosten von 150 $ in der Woche konnten von der Familie getragen werden. Es ist davon auszugehen, dass die Familie über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, denn sie war auch in der Lage, die Kosten der Ausreise des Antragstellers zu bezahlen. Der Antragsteller hat nichts dazu vorgetragen, warum die weitere Finanzierung seiner Behandlung nunmehr – im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren – nicht mehr möglich sein soll. [...]