VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 23.03.2006 - 24 B 05.2889 - asyl.net: M8129
https://www.asyl.net/rsdb/M8129
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ausreisehindernis, Verschulden, Mitwirkungspflichten, Ausländerbehörde, Hinweispflicht, Beweislast, Passlosigkeit, Passbeschaffung, Rechtsmittel, Auslandsvertretung, Erwerbstätigkeit, Duldung
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5; AufenthG § 82 Abs. 1; AufenthG § 82 Abs. 3; BeschVerfV § 10 BeschVerfV § 11
Auszüge:

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu. Grundlage eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann beim Kläger allein § 25 Abs. 5 AufenthG sein.

Er hat zumutbare Anforderungen, die zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses (Fehlen von Heimreisepapieren) hätten beitragen können, nicht erfüllt.

a) Bei der Prüfung, wem objektiv bestehende Ausreisehindernisse angelastet werden, wenn es um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, kommt der Frage entscheidende Bedeutung zu, was das Gesetz unter dem Begriff des "Verschuldens" versteht bzw. was "zumutbar" im Sinne dieser Vorschrift ist. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung.

(5) Der Senat geht vom Ansatz her - ausgehend vom Gesetzestext und den hierzu vorliegenden Materialien - davon aus, dass es nicht möglich ist, die Verantwortung für die Beseitigung von Ausreisehindernissen entweder der Ausländerbehörde oder dem Ausländer allein und ausschließlich aufzuerlegen. Keine Seite kann von der anderen verlangen, dass diese allein sich um die Beseitigung bestehender Ausreisehindernisse bemüht. Dies ist weder mit der Stellung der Ausländerbehörde noch mit den dem Ausländer obliegenden Pflichten vereinbar. Der Begriff der "Beweislast" erscheint in diesem Zusammenhang deshalb auch nicht zielführend. Er stellt zu absolut auf eine nur der einen oder der anderen Seite obliegende Verantwortung für die Nichterweislichkeit von Tatsachen ab. Eine Beweislastregelung würde zudem vielfach - gerade bei Nichterweislichkeit einer Tatsache - zu unbilligen Ergebnissen führen. So kann etwa, wenn die Frage der Mitwirkungsbereitschaft einer Auslandsvertretung nicht geklärt werden kann, dies nicht generell zulasten eines ansonsten mitwirkungsbereiten Ausländers gehen. Sachgerecht erscheint es vielmehr festzuhalten, dass auf beiden Seiten Pflichten bestehen, deren Erfüllung nachgewiesen werden muss. Letztlich müssen sich Ausländer und Behörde gemeinsam darum kümmern, dass eine Ausreise in das Heimatland des Ausländers ermöglicht wird. Dies macht nicht zuletzt die Regelung des § 82 AufenthG deutlich, die einerseits dem Ausländer Pflichten auferlegt, andererseits die Ausländerbehörde aber dazu anhält, den Ausländer auf seine Obliegenheiten hinzuweisen. Auch von der Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen her erscheint es sinnvoll und angebracht davon auszugehen, dass die Beseitigung des Ausreisehindernisses im Interesse sowohl des Ausländers, wie auch der Ausländerbehörde liegen muss. Für die Ausländerbehörde ergibt sich dies schon aus ihrem gesetzlichen Auftrag, den Aufenthalt von Ausländern, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, zu beenden. Auf Seiten des Ausländers folgt dies - mag im Einzelfall faktisch auch eine andere Interessenlage festzustellen sein - aus seiner Pflicht, das Bundesgebiet zu verlassen, wenn er sich hier unberechtigt aufhält.

Wem welche konkreten Pflichten dann im Einzelfall obliegen, kann sachgerecht nur anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts abschließend geklärt und festgelegt werden. Möglich ist es aber, die den Beteiligten grundsätzlich obliegenden Verpflichtungen vom Ansatz her wie folgt festzulegen:

(a) Zunächst trifft, wie aus § 82 Satz 1 AufenthG und dem subjektiven Begriff des "Verschuldens" folgt, den Ausländer eine Mitwirkungspflicht sowie eine Initiativpflicht.

Dies bedeutet einerseits, dass er an allen (zumutbaren) Handlungen mitwirken muss, die die Behörden von ihm verlangen. Hierzu gehört es, dass er Anträge ausfüllt, Bilder beibringt, bei der Vertretung seines Heimatlandes vorspricht und etwa Dokumente im Heimatland beschafft, welche für den weiteren Verfahrensfortgang relevant sind. In all diesen Fällen weiß der Ausländer auch, was von ihm verlangt wird. Vorbehaltlich der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit einer Handlung hat der Ausländer von der Ausländerbehörde vorgegebene Handlungen zeitnah und zuverlässig zu erfüllen. Er ist gehalten, die von ihm konkret geforderten Schritte zu unternehmen (Mitwirkungspflicht). Daneben steht ihm jedoch nicht die Möglichkeit offen, ansonsten völlig untätig und passiv zu bleiben und nur darauf zu warten, welche weiteren Handlungen die Behörde von ihm verlangt. Er kann sich mithin nicht allein auf die Erfüllung derjenigen Pflichten stützen, die ihm konkret vorgegeben werden. Vielmehr ist auch der ausreisepflichtige Ausländer gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, das bestehende Ausreisehindernis zu beseitigen. Dies gilt umso mehr, als oft nur er selbst in der Lage ist, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. Zu den hier denkbaren Pflichten gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über Dritte (insbesondere Verwandte), die Benennung von Zeugen oder die Angabe des Arbeitgebers, der Militärdienstzeiten usw. Der Ausländer hat sich zumindest Gedanken darüber zu machen (und diese dann auch in die Tat umzusetzen), welche Möglichkeiten für ihn bestehen, noch offene Punkte aufzuklären und zu belegen. Ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer, dem bekannt ist, dass seiner Ausreise Hindernisse entgegenstehen, die er gegebenenfalls beseitigen kann, hat die Pflicht, nach Möglichkeiten zu suchen, wie diese Hindernisse aus der Welt geschaffen werden können. Er ist gehalten, ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege zu leiten, auch wenn die Ausländerbehörde ihm dies nicht konkret vorgibt (Initiativpflicht).

Eine Grenze ergibt sich dabei aus der Frage, welche Möglichkeiten ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Nur insoweit kann ihm nämlich eine subjektive Verantwortlichkeit und ein Verschulden angelastet werden. Handlungen, die unmöglich, unzumutbar oder unverhältnismäßig sind, können auch im Rahmen der Prüfung des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht verlangt werden. Je nach Herkunftsland und persönlicher Situation des Betroffenen kann diese Frage naturgemäß unterschiedlich zu beantworten sein. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass die Einschaltung eines Anwalts im Heimatland von einem Ausländer nicht gefordert werden kann, weil ihm dieser Weg unbekannt ist oder entsprechende Kontakte gänzlich fehlen. Auch können keine Unterlagen aus der Heimat nachgefordert werden, wenn der Ausländer dort über keinerlei Bezugspersonen mehr verfügt. Allerdings gilt, dass dann, wenn bestimmte Dokumente nicht mehr vorhanden sind, sich der Ausländer durchaus Gedanken darüber zu machen hat, mit welchen anderen Unterlagen oder Schriftstücken er seine Herkunft und Identität beweisen kann. Eine zweite Grenze der zu fordernden Initiativen bilden daneben die Fälle, in welchen weitere Handlungen nicht zugemutet werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Ausländer durch Nachfragen in seiner Heimat Familienangehörige in akute Lebensgefahr bringt, wenn mit weiteren Ermittlungen so erhebliche Kosten verbunden wären, dass sie von ihm nicht aufgebracht werden können oder wenn er gesundheitlich etwa nicht in der Lage ist, erforderliche Handlungen durchzuführen.

Die Erfüllung der dem Ausländer obliegenden Pflichten (Mitwirkungspflicht und Initiativpflicht) hat dieser zu belegen und nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht, spricht vieles für die Annahme, er habe die Ausreisehindernisse verschuldet bzw. zumutbare Anforderungen nicht erfüllt.

(b) Auf der anderen Seite bestehen auch Pflichten der Ausländerbehörde, Ausreisehindernisse zu beseitigen.

Die zuständige Behörde hat, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Ausländer auf seine Pflichten hinzuweisen. Sie hat ihm also grundsätzlich mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung von Handlungen verpflichtet ist. Diese Hinweise müssen so gehalten sein, dass es für den Ausländer hinreichend klar erkennbar ist, welche Schritte er zu unternehmen hat. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf bestehende Mitwirkungspflichten oder die Wiedergabe des Gesetzestextes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn nur durch konkrete und für den Ausländer nachvollziehbare Hinweise ist es diesem möglich, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen und die Beseitigung des Ausreisehindernisses zielführend in die Wege zu leiten. Die Ausländerbehörde kann einem Ausländer die Nichterfüllung bestimmter Handlungen im Grundsatz damit nur vorwerfen, wenn sie diesen hierauf hingewiesen hat (Hinweispflicht).

Daneben ist die Behörde auch gehalten, von sich aus das Verfahren weiterzubetreiben und auf weitere, dem Antragsteller gegebenenfalls nicht bekannte Möglichkeiten aufmerksam zu machen und diese Möglichkeiten mit dem Ausländer bei Bedarf zu erörtern (Anstoßpflicht). Eine Ausländerbehörde kann es - vor allem im Falle der Untätigkeit der Vertretung des Heimatlandes oder bei nur schwer zu beschaffenden Unterlagen - nicht allein dem Ausländer überlassen, den weiteren Gang des Verfahrens zu beeinflussen. Grund hierfür ist, dass sie in aller Regel über weit bessere Kontakte und Kenntnisse hinsichtlich der noch bestehenden Möglichkeiten zur Beschaffung von Heimreisepapieren verfügt. Sie ist angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und sachlichen Nähe zu öffentlichen Stellen meist viel besser in der Lage, die bestehenden Alternativen zu erkennen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten. So wie der einzelne Ausländer allein Kenntnis über seine persönlichen Beziehungen im Heimatstaat hat, verfügt die Ausländerbehörde in aller Regel über das Wissen, welche Stellen in Deutschland bzw. im Ausland welche "Leistungen" erbringen können. Diese "Überlegenheit" führt nach Auffassung des Senats dazu, dass in erster Linie die Ausländerbehörde nach Möglichkeiten zu suchen hat, Hindernisse zu beseitigen, wenn sich etwa die Beschaffung von Heimreisedokumenten als problematisch darstellt. So kann sie den Ausländer auf die Möglichkeit der Einschaltung eines Vertrauensanwalts hinweisen, dessen Name und Kontaktadresse diesem selbst in aller Regel nicht bekannt sind. Auch kann sie den Ausländer zum Beispiel auf nichtstaatliche Organisationen und Informationsquellen hinweisen, wie etwa den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes oder eine kirchliche Organisation. Auch diese Stellen dürften in aller Regel einem in Deutschland lebenden Ausländer nicht geläufig oder bekannt sein. Es ist ihm nur dann möglich, diese Schritte zu ergreifen, wenn er von der Ausländerbehörde hierzu angehalten (angestoßen) wird. Daraus folgt, dass die Ausländerbehörde gehalten ist, diese Pflicht (Anstoßpflicht) zu erfüllen

Auch der Behörde obliegt es nachzuweisen bzw. zu belegen, dass sie ihren Pflichten (Hinweispflicht und Anstoßpflicht) nachgekommen ist. Gelingt dies nicht, so spricht vieles dafür, dass das Bestehen eines Ausreisehindernisses nicht vom Ausländer zu vertreten ist.

(c) Die den am Verfahren Beteiligten obliegenden Pflichten stehen schließlich in einem Verhältnis der Wechselseitigkeit. Je eher der eine Teil seine Obliegenheiten erfüllt, desto weniger kann sich der andere Teil darauf berufen, das Bestehen eines Abschiebehindernisses werde nicht von ihm verschuldet, sondern sei von der anderen Seite zu vertreten oder zu verantworten. In der praktischen Anwendung bedeutet dies, dass die Behörde von einem Verschulden des Ausländers ausgehen kann, wenn dieser Pflichten nicht erfüllt, die ihm konkret abverlangt wurden. In diesem Fall hätte sie nämlich ihre Hinweispflicht erfüllt, der Ausländer seine Mitwirkungspflicht hingegen nicht. Dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn der Ausländer sämtliche Anforderungen erfüllt hat und einerseits keine nahe liegenden Möglichkeiten mehr bestehen, Ausreisehindemisse zu beseitigen, andererseits eine Aufforderung zu weiteren Mitwirkungshandlungen der Behörde unterblieben ist. Der Ausländer wäre dann gegebenenfalls auch seiner Initiativpflicht nachgekommen, die Behörde ihrer Anstoßpflicht hingegen nicht. Der Ausländer muss nicht alles Menschenmögliche unternehmen, sondern nur sämtlichen Anforderungen der Behörde nachkommen, soweit diese für ihn zumutbar sind. Daneben hat er diejenigen Schritte zu ergreifen, die ihm bei objektiver Sichtweise geeignet und möglich erscheinen mussten, das Verfahren zielführend weiter zu betreiben. Zusätzliche Obliegenheiten werden ihm nur dann auferlegt, wenn die Behörde einen entsprechenden Anstoß in Richtung einer bestimmten Maßnahme oder Tätigkeit gegeben hat.

Schließlich gilt dann, wenn beide Seiten ihre Obliegenheiten erfüllt haben und das Ausreisehindernis gleichwohl nicht beseitigt werden konnte, dass dies nicht zulasten des Ausländers gehen kann. Ein Verschulden im Sinne einer subjektiven Vorwerfbarkeit liegt dann nämlich nicht vor. Dies ist etwa der Fall, wenn Dritte, zum Beispiel die Vertretung des Heimatstaates, sich trotz entsprechender Aufforderungen weigern, Heimreisedokumente auszustellen (vgl. hierzu Marx, Verfestigung des Aufenthaltsrechts im Übergangsprozess zwischen Ausländerrecht 1990 und Aufenthaltsgesetz 2004, ZAR 2004, 403/408).

b) Legt man dies im vorliegenden Fall zugrunde, so ist festzustellen, dass der Kläger nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert ist.

(1) Die Beklagte hat unstreitig ihre Hinweispflicht erfüllt. Sie hat den Kläger mehrfach aufgefordert und angehalten, Heimreisedokumente zu beantragen und bei der Vertretung seines Heimatlandes vorzusprechen.

(2) Der Kläger hat seine Mitwirkungspflichten ebenso erfüllt.

Er hat sämtliche Aufforderungen der Beklagten, an der Beschaffung von Dokumenten mitzuwirken, erfüllt. Er hat bereits bei seiner Asylantragstellung einen Pass (Passersatz) beantragt. Auch in der Folgezeit hat er mehrfach entsprechende Anträge ausgefüllt und sämtliche Vorsprachetermine wahrgenommen.

Er hat auch nichts unternommen, was darauf hinweisen könnte, dass er Passbeschaffungsmaßnahmen boykottiert hätte. Letztlich hat er auch zu keinem Zeitpunkt nachweisbar im ausländerrechtlichen Verfahren über seine Identität getäuscht.

Nicht zu folgen vermag der Senat in diesem Zusammenhang der im Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2005 geäußerten Auffassung, es wäre dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, rechtliche Schritte gegen die pakistanische Botschaft zu ergreifen. Es bestehen bereits gravierende Zweifel daran, ob eine entsprechende Möglichkeit für den Kläger überhaupt bestanden hätte. Daneben geht der Senat davon aus, dass es dem Kläger auch nicht zumutbar ist, rechtliche Schritte gegen sein Heimatland bzw. dessen Vertretung in der Bundesrepublik in die Wege zu leiten. Selbst wenn man hierzu eine andere Auffassung vertreten sollte, so wäre es doch notwendig gewesen, dem Kläger die bestehenden Rechtsbehelfsmöglichkeiten konkret aufzuzeigen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte jedoch nicht nachgekommen.

(3) Der Kläger hat jedoch die ihm obliegende Initiativpflicht nicht in dem gebotenen Maß erfüllt. Er hat sich - auch in vorwerfbarer Weise - aus eigenem Antrieb letztlich kaum bemüht, das seit vielen Jahren bestehende und ihm bekannte Ausreisehindernis zu beheben.

(4) Die Beklagte ist der ihr obliegenden Anstoßpflicht nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Sie hat sich darauf beschränkt, den Kläger zur Vorsprache bei der Botschaft seines Heimatlandes sowie zum Ausfüllen von Passbeschaffungsanträgen zu verpflichten. Zu weiteren Handlungen im eben geschilderten Sinne hat sie den Kläger nicht angehalten. Selbst im angefochtenen Bescheid bleibt offen, was der Kläger konkret hätte noch unternehmen sollen, um die bestehende Passlosigkeit erfolgreich zu beenden. Die Beklagte hat somit keine weiteren Schritte angestoßen, die vom Kläger hätten erbracht werden sollen. Sie hat insbesondere in keiner Weise darauf hingewirkt, dass der Kläger sich Dokumente oder sonstige Unterlagen aus seiner Heimat besorgt.

(5) Das Bestehen des Ausreisehindernisses ist im Ergebnis vorliegend gleichwohl dem Kläger anzulasten.

Der Kläger hat seine Initiativpflicht in gravierender und vorwerfbarer Weise verletzt und kann sich damit nicht mit Erfolg darauf berufen, dass auch die Beklagte ihrer Anstoßpflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen ist. Entscheidend hierfür ist, dass die vom Kläger unterlassenen Handlungen letztlich offenkundig waren, ohne dass es hier besonderer Hinweise seitens der Beklagten bedurfte. Der Kläger konnte auch ohne weiteren Anstoß erkennen, was notwendig und sinnvoll ist, um das Ausreisehindernis zu beseitigen. Er war anwaltlich vertreten, spätestens im Beschluss vom Dezember 2005 war ihm mitgeteilt worden, welche Handlungen von ihm erwartet werden. Damit kommt der vorliegend vergleichsweise geringfügigen "Pflichtverletzung" der Beklagten keine entscheidungserhebliche Relevanz zu.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erlaubnis einer Beschäftigung zu.

Grundlage eines solchen Anspruchs könnte vorliegend allein § 10 BeschVerfV sein.

Der Erteilung der Erlaubnis steht jedoch § 11 Satz 1 BeschVerfV entgegen.

Hiervon ist im Fall des Klägers auszugehen. Bei ihm können aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, da keine Heimreisedokumente vorliegen. Dies hat, wie oben ausgeführt, der Kläger zu vertreten, weil er seinen Initiativpflichten, die auch hier gelten, nicht nachgekommen ist.

Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Festlegung, ob im Rahmen des § 11 BeschVerfV ein zugunsten des Ausländers anderer Maßstab anzulegen ist, als dies bei der Verschuldensfrage nach § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG der Fall ist (siehe hierzu Zühlke, Die Zulassung von geduldeten Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung nach dem neuen Zuwanderungsrecht, ZAR 2005, 317). Einigkeit besteht nämlich im Wesentlichen, dass die mangelnde Mitwirkung eines Ausländers bei der Passbeschaffung auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 11 Satz 2 BeschVerfV einen Versagungsgrund im Sinne des § 11 Satz 1 BeschVerfV darstellen kann (OVG NRW Beschluss vom 18.1.2006 Az. 18 B 1772/05, <juris> RdNr. 43 f m.w.N.). Auch der Senat geht davon aus, dass sich die mangelnde Mitwirkung bei der Passbeschaffung unter den Wortlaut des § 11 Satz 1 BeschVerfV subsumieren lässt. Dadurch, dass der Ausländer an der Beschaffung der Papiere nicht genügend mitwirkt, verhindert er, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen vollzogen werden können. Er hat dies dann zu vertreten, wenn die Gründe, die der Vollziehung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entgegenstehen, in seinen Verantwortungsbereich fallen. Der Vergleich mit § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG ergibt nicht, dass die fehlende Mitwirkung an der Passbeschaffung als Versagungsgrund im Sinne des § 11 Satz 1 BeschVerfV ausscheidet (OVG NRW a.a.O., RdNr. 54). Damit steht fest, dass auch durch die fehlende Mitwirkung an Passbeschaffungsmaßnahmen ein Versagungsgrund im Sinne des § 11 Satz 1 BeschVerfV entstehen kann. Bei der Auslegung des Begriffs des Verschuldens können die Kriterien herangezogen werden, die auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG maßgeblich sind.