Aufgrund einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hat das BAMF das Rundschreiben zum Ende seines Entscheidungsstopps herausgegeben, es wurde am 3. Juli 2025 auf dem Portal FragdenStaat veröffentlicht. Das BAMF beruft sich in dem Rundschreiben, welches das Datum 25. April 2025 trägt, auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 16. April 2025. Demnach drohten alleinstehenden, erwerbsfähigen und nichtvulnerablen Personen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland keine unmenschlichen oder erniedrigenden Lebensbedingungen (siehe dazu die Meldung vom 24.4.2025, der Volltext der Entscheidungen wurde noch nicht veröffentlicht). Laut dem BVerwG sei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Griechenland zurückkehrende, arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende junge männliche Schutzberechtigte dort in eine extreme materielle Notlage geraten würden, die es ihnen nicht erlaube, ihre elementarsten Grundbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Ernährung und Hygiene zu befriedigen. Daher drohe diesen Personen im Fall einer Abschiebung nach Griechenland keine Verletzung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder von Art. 4 der Grundrechte-Charta der EU (GR-Charta). Diese beiden Bestimmungen enthalten das Verbot der Folter und der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung. Auch in einem MItgliedstaat der EU kann nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine Verletzung dieser Normen drohen, wenn Menschen dort Lebensverhältnisse vorfinden würden, die sie der ernsthaften Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung aussetzen würden. Ob dies auch auf Personen zutrifft, denen in Griechenland ein Schutzstatus gewährt wurde, wurde von der Rechtsprechung in den letzten Jahren unterschiedlich beurteilt.
Mit der Entscheidung des BVerwG ist laut BAMF eine grundsätzliche Klärung dieser umstrittenen Frage erfolgt. Asylanträge dieser Personengruppe könnten daher nun wieder gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wegen der erfolgten Schutzgewährung in einem anderen EU-Staat als "unzulässig" abgelehnt werden. Aus diesem Grund sei der Entscheidungsstopp für diese Personengruppe, der mit einem Rundschreiben vom Mai 2024 verhängt worden war, aufzuheben.
Bei den Asylverfahren von Personen, denen in Griechenland Schutz gewährt wurde, sei künftig danach zu differenzieren, ob aufgrund individueller Umstände eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta drohe oder ob keine derartigen individuellen Besonderheiten vorlägen. Daraus leitet das BAMF folgende Leitlinien ab:
- "Insbesondere" bei nichtvulnerablen Personen komme eine Ablehnung von Asylanträgen als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG infrage. "Denn jedenfalls bei hinreichend gesunden, arbeitsfähigen, körperlich belastbaren Personen, insbesondere Männern" sei davon auszugehen, dass ihnen in Griechenland keine Gefahr der Verelendung drohe.
- In der Anhörung zur Zulässigkeit sei umfassend aufzuklären, ob Antragstellende zu diesem Personenkreis gehörten. Ein längerer Voraufenthalt in Griechenland, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung sowie die familiäre und soziale Situation könnten zusätzlich zur Begründung der Entscheidung des BAMF herangezogen werden.
- Im Ergebnis seien Asylanträge von alleinstehenden, nicht-vulnerablen, jungen und gesunden Männern grundsätzlich als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abzulehnen.
Durch die Verwendung von Begriffen wie "insbesondere" und "jedenfalls" wird in dem Rundschreiben zugleich deutlich gemacht, dass die Aufhebung des Entscheidungsstopps nicht auf den zuletzt genannten Personenkreis beschränkt ist. Offenbar soll auch bei weiteren Personen eine Ablehnung als unzulässig in Betracht kommen, wenn die Gefahr einer existenziellen Notlage bei Rückkehr nach Griechenland als nicht wahrscheinlich angesehen wird.
Wenn das BAMF zu dem Ergebnis komme, dass wegen der anhaltenden Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK keine Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG getroffen werden könne, solle die weitere Bearbeitung der Verfahren gestoppt werden. Die Betroffenen erhalten in diesen Fällen also weiterhin keinen Bescheid bzw. wird ihr Asylantrag nicht inhaltlich geprüft. Über den weiteren Umgang mit diesen Verfahren werde entschieden, sobald die schriftliche Begründung der Urteile des BVerwG vorlägen.
Ausgenommen von dem anhaltenden Entscheidungsstopp in den genannten Fällen sind unter anderem Verfahren, in denen das BAMF von einem Verwaltungsgericht zur Entscheidung über den Asylantrag verpflichtet wird.