Rechtsprechungsänderung: Vorläufige Ausbildungsbeihilfe für Asylsuchende mit angeblich "geringer Bleibeperspektive"

Mehrere Gerichtsentscheidungen befassen sich mit der Frage, ob Asylsuchende, denen auf Grundlage der Anerkennungsquote ihres Herkunftslands eine "geringe Bleibeperspektive" prognostiziert wird, Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) geltend machen können. Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, dass zumindest im Eilrechtsschutzverfahren die Beihilfe zu gewähren ist.

So hatte etwa der 14. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in einem mittlerweile revidierten Beschluss vom 3.5.2017 (asyl.net: M25176) entschieden, dass einem Asylsuchenden aus Kamerun keine Berufsausbildungsbeihilfe nach § 132 Abs. 1 S. 1 SGB III zustehe, da "kein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt" zu erwarten sei. Das Gericht nahm dabei Bezug auf eine Entscheidung des VGH Bayern vom 21.2.2017 (asyl.net: M24910). Dabei wandte das Sozialgericht auf die Gewährung der Beihilfe die Auslegung des Verwaltungsgerichts zum Zugang zu Integrationskursen an, wonach eine "hohe Bleibeperspektive" erforderlich sei. Zu deren Bestimmung sei auf die halbjährliche Einstufung des BAMF abzustellen, die allein auf der Gesamtschutzquote des Herkunftslandes basiert (Ausführlich zur "Bleibeperspektive" siehe Beitrag von Claudius Voigt im Asylmagazin 8/2016).

Gegen eine Entscheidung, die das LSG Berlin-Brandenburg in einem ähnlich gelagerten Fall mit gleicher Begründung traf, wurde Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben. Dieses gab der Beschwerde statt (Beschluss vom 28.9.2017, asyl.net: M25979) - unter anderem, da die Rechtslage zur sozialrechtlichen Frage, wann ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt i.S.d. § 132 SGB III zu erwarten ist, ungeklärt sei. Das LSG Berlin-Brandenburg müsse prüfen, ob die Entscheidung bezüglich des Zugangs zu Integrationskursen auf die Gewährung existenzmitsichernder Berufsausbildungsbeihilfe übertragbar sei.

Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sprach der 18. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in wiederum einem anderen Fall einem Asylsuchenden vorläufig Ausbildungsbeihilfe zu (Beschluss vom 16.11.2017, asyl.net: M25672). Aufgrund der ungeklärten Rechtslage müsse die Folgenabwägung im Eilrechtsschutzverfahren zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die Nachteile einer Ablehnung der existenzsichernden Beihilfe im Falle der Begründetheit der Klage würden schwerer wiegen als die Nachteile einer Stattgabe des Eilrechtsschutzantrags im Falle einer Unbegründetheit der Hauptsache.

Aufgrund dieser Rechtsprechung revidierte der 14. Senat des LSG Berlin-Brandenburg seine Auffassung und sprach dem von seiner ursprünglichen Entscheidung betroffenen Asylsuchenden aus Kamerun in einem erneuten Eilrechtsverfahren vorläufig Berufsausbildung zu (Beschluss vom 24.1.2018, asyl.net: M25961). Damit hält das LSG die Entscheidung des SG Potsdam aufrecht, welches unter Bezugnahme auf die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung und entsprechend seiner eigenen ursprünglichen Auffassung entschied, dass die Beihilfe zu gewähren ist (Beschluss vom 20.12.2017, asyl.net: M25962). Laut SG lasse sich allein aufgrund der BAMF-Einschätzung zur "Bleibeperspektive", bei der allein auf die Gesamtschutzquote des Herkunftslandes abgestellt werde, nicht beurteilen, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt i.S.d. § 132 Abs. 1 SGB III zu erwarten sei. Vielmehr sei die Frage im Einzelfall zu klären.


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