LG Bielefeld

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Zitieren als:
LG Bielefeld, Beschluss vom 13.06.2001 - 25 T 273/01 - asyl.net: M0762
https://www.asyl.net/rsdb/M0762
Leitsatz:

Zu § 57 Abs. 2 S. 4 AuslG: Drei-Monatsfrist beginnt mit Erlass des Abschiebehaftbeschlusses und nicht erst mit Beginn des Vollzuges der Abschiebehaft; auch dann, wenn die Abschiebungshaft als Überhaft zu einer Untersuchungshaft angeordnet worden ist.(Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: D (A), Tunesier, Algerier, Identitätstäuschung, Abgelehnte Asylbewerber, Abschiebungshaft, Straftäter, Drogendelikte, Untersuchungshaft, Überhaft, Ermittlungsverfahren, Zustimmung, Staatsanwaltschaft, Haftgründe, Untertauchen, Abschiebung, Fristen
Normen: AuslG § 57 Abs. 2 S. 1; AuslG § 57 Abs. 2 S. 4; AuslG § 64 Abs. 3
Auszüge:

 

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Unrecht gegen den Beteiligten zu 1) die Abschiebehaft als Überhaft zu derzeit vollstreckten Untersuchungshaft angeordnet. Es kann dahinstehen, ob ein Haftgrund nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 AuslG vorliegt. Selbst wenn ein entsprechender Haftgrund vorliegen würde, wäre die Anordnung der Abschiebehaft unzulässig. Denn nach § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG ist die Sicherungshaft unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann.

Dies ist hier der Fall. Gegen den Beteiligten zu 1) wird zur Zeit ein umfangreiches Ermittlungsverfahren wegen Verdachtes erheblicher Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt. In diesem Verfahren hat das Amtsgericht auf Antrag der StA am 16. März 2001 einen Haftbefehl erlassen, der zur Zeit vollzogen wird. Nach der schriftlichen Auskunft der StA ist erst nach Ablauf von weiteren 4 Wochen mit einer Anklageerhebung zu rechnen. Die StA hat auch nicht gemäß § 64 Abs. 3 AuslG ihr Einvernehmen mit einer Abschiebung des Beteiligten zu 1) vor Abschluss des Strafverfahrens erteilt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung des Beteiligten zu 1) innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann. Die 3-Monats-Frist des § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG beginnt nämlich auch dann, wenn Abschiebehaft als Überhaft zu einer Untersuchungshaft angeordnet worden ist, nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem der Vollzug der Abschiebehaft beginnt, sondern mit dem Erlass des die Abschiebehaft anordnenden Beschlusses (OLG Hamm, Beschl. v. 24.08.1992, 15 W 219/92).

Da der Beteiligte zu 1) nicht innerhalb dieser Frist abgeschoben werden kann, war der Antrag des Beteiligten zu 2) vom 21. März 2001 auf Anordnung der Sicherungshaft als Überhaft unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen. Der Beteiligte zu 2) hatte in seinem Schreiben vom 21.05.2001 Gelegenheit, zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt Stellung zu nehmen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) handelt es sich vorliegend um eine unzulässige Abschiebehaft "auf Vorrat".