Unerlaubte Ausreise aus Angola, Asylantragstellung und langjähriger Auslandsaufenthalt; Mitgliedschaft in FLEC/FAC; keine extreme Gefährdungslage.(Leitsatz der Redaktion)
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger wegen seiner Herkunft aus Cabinda und wegen der Tätigkeit seines Vaters für die FDC eine politische Verfolgung droht.
Auch wegen Verstoßes gegen die Ausreisebestimmungen, der Ausreise mit gefälschten Papieren, dem Stellen eines Asylantrages oder des langjährigen Auslandsaufenthaltes droht dem Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung. Dem Auswärtigen Amt ist keine politisch motivierte Verfolgung aus Deutschland zurückkehrender Angolaner bekannt.
Auch UNHCR nennt Probleme bei der Einreise nicht (UNHCR-Position zur zwangsweisen Rückführung abgelehnter Asylsuchender nach Angola, September 1999).
Schließlich führt auch der Umstand, dass der Kläger über einen Ausweis der Republica de Cabinda bzw. der FLEC verfügt, den er in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer politischen Verfolgung und zwar selbst dann nicht, wenn der Ausweis den Sicherheitsorganen des Staates Angola bekannt wird. Dieser Ausweis, als dessen Aussteller der Präsident der Republik von Cabinda bzw. die FLEC genannt werden, ist als cartao resistente, also als Widerstandskämpferausweis bezeichnet. Abgesehen davon, dass der Kläger selbst nicht vorgetragen hat, Widerstandskämpfer zu sein oder sich in einer Widerstandsbewegung zu betätigen, kann aus dem Ausweis allenfalls auf die Mitgliedschaft in einer separatistischen Bewegung geschlossen werden, die aber eine politische Verfolgung nicht nahelegt.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erkenntnisquellen: ...
Der Senat hält in Würdigung dieser Auskünfte eine politische Verfolgung des Klägers nicht für beachtlich wahrscheinlich. Die Beurteilung des Instituts für Afrika-Kunde und die von amnesty international beruhen nur auf Vermutungen, nicht auf Erkenntnissen zur Verfolgung nicht militanter FLEC/FAC-Anhänger. Beispiele für Verfolgungsfälle werden nicht genannt. Eine militärische Tätigkeit des Klägers lässt sich dem Ausweis jedoch nicht entnehmen. Dazu reicht die bloße Bezeichnung als Widerstandskämpfer nicht aus. Selbst wenn in Cabinda Personen alleine wegen des Verdachts getötet wurden, die FLEC zu unterstützen, muss der Kläger deshalb nicht mit einer Gefährdung rechnen, denn er ist nicht gezwungen, sich nach Cabinda zu begeben, zumal seine Einreise ohnehin über Luanda erfolgen muss.
Von einer Abschiebung des Klägers kann auch nicht nach § 53 Abs. 6 AuslG abgesehen werden. Die Vorschrift des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG gilt nur für individuelle Gefahren; ihre Anwendung auf einen einzelnen Ausländer ist gesperrt, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebungsgebiet droht. Für diesen Fall verweist § 53 Abs. 6 Satz 2 auf § 54 AuslG.
Der Umstand, dass eine solche allgemeine Regelung bisher nicht erfolgt ist, führt auch nicht ausnahmsweise dazu, dass von der Abschiebung des Klägers aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG abgesehen werden muss, weil angesichts der allgemeinen Gefahr seine Abschiebung unter Würdigung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes nicht verantwortet werden kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Abschiebung ihn einer extremen Gefahrenlage aussetzen würde.
Die Situation in Angola und in der Hauptstadt Luanda, nach der eine Abschiebung allein in Betracht kommt, wird derzeit wie folgt beschrieben: ...
Aus dieser Darstellung der Situation für Rückkehrer in Angola lässt sich zwar ein beträchtliches Risiko für das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Klägers bei seiner Rückkehr nach Angola herleiten. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass er der von der Rechtsprechung geforderten extremen Gefahrenlage ausgesetzt sein wird, wonach bei der Rückkehr der sichere Tod oder schwerste Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit drohen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1998, a.a.O. sowie BayVGH, Urteil vom 30. März 1999 - 25 B 96.35630 - und Beschluss vom 10. Oktober 2000 - 25 B 00.30751 -, OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. September 2000 - 1 A 5615/96.A, OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Juni 2000 - 4 L 40.00-). Der Kläger wird in Luanda, wohin er abgeschoben würde, auf im Verhältnis zum Landesdurchschnitt günstigere Lebensbedingungen treffen. Er kann mit der zum Überleben nötigen Lebensmittelversorgung rechnen. Auch wenn es ihm nicht gelingen sollte, Arbeit zu finden, kann er doch in Luanda im Notfall auch die Unterstützung von Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen. In Luanda muss er auch nicht damit rechnen, von den unmittelbaren Auswirkungen des Bürgerkriegs in Form von Kampfhandlungen und Minen betroffen zu werden. Luanda galt in der Vergangenheit als sichere Stadt. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass auch Luanda von Kriegshandlungen getroffen wird, die Wahrscheinlichkeit ist jedoch angesichts der Schwäche der UNITA derzeit nicht sehr hoch.