OVG Nordrhein-Westfalen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.07.2007 - 17 B 1109/07 - asyl.net: M10831
https://www.asyl.net/rsdb/M10831
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Passverfügung, Auslandsvertretung, Delegation, Guinea, Guineer, Ausländerbehörde, Richtervorbehalt, Haftbefehl, unmittelbarer Zwang, Zwangsvollstreckung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 82 Abs. 4 S. 1; AufenthG § 82 Abs. 4 S. 3; BPolG § 40 Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen zutreffend zugrunde gelegt, dass die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 29. Juni 2007 rechtmäßig ist.

Die unter Nummer 1 des Verfügungstenors getroffene Anordnung des persönlichen Erscheinens findet ihre rechtliche Grundlage in § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Hiernach kann, soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz oder nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, unter anderem angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint. Hierauf gestützt hat der Antragsgegner das "persönliche (...) Erscheinen (des Antragstellers) zur Vorführung bei Vertretern der guineischen Einreisebehörde in den Räumlichkeiten der ZAAB Braunschweig (angeordnet)" und verfügt, dass er sich "hierzu (...) am 18.07.2007 um 08:00 Uhr im Kreishaus Unna, Friedrich-Ebert-Str. 17, Zimmer C 102, einzufinden" habe.

Die Ausländerbehörde des Antragsgegners, in deren Räumlichkeiten der Antragsteller sich einzufinden hat, ist die für ihn aufenthaltsrechtlich zuständige Behörde im Sinne von § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Die Anordnung seines persönlichen Erscheinens dient der Vorbereitung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz, nämlich der Vorsprache bei Vertretern der guineischen Einreisebehörde zwecks Erlangung von Ausweispapieren, die eine Beendigung des Aufenthalts ermöglichen sollen. Unerheblich ist insoweit, dass die Vorsprache in den Räumlichkeiten der ZAAB Braunschweig erfolgen soll. Denn "ausländische Vertretung" im Sinne des § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG sind nicht Diensträume eines ausländischen Staats, sondern vertretungsberechtigte Personen dieses Staates, auch wenn sich diese Personen in anderen Räumen aufhalten (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2008 - 19 B 1789/06 -).

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die dem Antragsteller durch Nr. 1 der Ordnungsverfügung auferlegte Erscheinenspflicht sich nur auf die dort näher bezeichneten Räumlichkeiten der Ausländerbehörde bezieht. Die Regelung begründet hingegen nicht zugleich auch eine Pflicht zum Erscheinen in den Räumlichkeiten der ZAAB Braunschweig. Einer dahingehenden Auslegung der Ordnungsverfügung steht bereits entgegen, dass es an näheren Angaben zu Ort und Zeitpunkt der beabsichtigten "Vorführung" des Antragstellers bei den Vertretern der guineischen Einreisebehörde fehlt. Sollte somit der Antragsteller zwar in der Ausländerbehörde erscheinen, jedoch nicht bereit sein, die Mitarbeiter des Antragsgegners nach Braunschweig zu begleiten, böte die Ordnungsverfügung keine Grundlage, dies zu erzwingen. Der Antragsgegner wäre vielmehr gehalten, das persönliche Erscheinen des Antragstellers in Braunschweig unter präziser Angabe von Ort und Zeit selbständig anzuordnen und eine diesbezügliche Zwangsmittelandrohung zu erlassen.

Eine - wie hier - auf die Räumlichkeiten der Ausländerbehörde beschränkte Erscheinensanordnung ist zur Erreichung des vom Antragsgegner verfolgten Zwecks - Vorstellung des Antragstellers bei den in Braunschweig weilenden Vertretern der guineischen Einreisebehörde - gleichwohl nicht von vornherein ungeeignet. Denn der Antragsteller hat sich in der Vergangenheit wiederholt bereit gefunden, sich von Mitarbeitern des Antragsgegners zu vergleichbaren Veranstaltungen transportieren zu lassen. Seine nunmehr bekundete ablehnende Haltung beruht maßgeblich auf der Vorstellung, eine neuerliche Vorstellung bei Vertretern der Republik Guineas könne keine neuen Erkenntnisse bringen. Hierbei berücksichtigt er indes nicht, dass es sich bei der in Braunschweig erwarteten Delegation um eine eigens vom guineischen Innenministerium mandatierte, am 16. Juli 2007 einreisende Expertenkommission handelt. Es im nicht vor vornherein auszuschließen, dass der Antragsteller in Erwägung dieses Umstands seine Vorbehalte gegen die Terminswahrnehmung aufgibt und die Mitarbeiter des Antragsgegners freiwillig begleiten wird.

Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung setzte der Erlass der angefochtenen Verfügung nicht die vorherige Einholung eines richterlichen Beschlusses nach § 82 Abs. 4 Satz 3 AufenthG, § 40 Abs. 1 BPolG voraus. Eines derartigen Beschlusses bedarf es nicht schon bei der Androhung, sondern erst bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges, soweit dieser mit einem Festhalten des Betroffenen einhergeht.