VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Beschluss vom 11.06.2007 - A 7 K 11310/05 - asyl.net: M10846
https://www.asyl.net/rsdb/M10846
Leitsatz:

Die Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren ist im Rahmen der Kostenfestsezung nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Kostenrecht, Kosten, Gerichtskosten, Vorverfahren, Anrechnung, Verfahrensgebühr, Geschäftsgebühr
Normen: VwGO § 162 Abs. 1; VwGO § 162 Abs. 2 S. 2; AsylVfG § 11
Auszüge:

Die Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren ist im Rahmen der Kostenfestsezung nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Erinnerung der Beklagten vom 28.04.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 21.04.2006 ist zulässig (vgl. §§ 164, 165, 151 VwGO), aber nicht begründet. Von der Beklagten ist insbesondere auch die 1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG in der bis 30.06.2006 geltenden Fassung, vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren zu erstatten.

Maßgeblich für die Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO sind die Kostengrundentscheidung nach § 161 Abs. 1 VwGO und die nach § 162 VwGO erstattungsfähigen Kosten. Nach § 162 Abs. 1 VwGO sind Kosten die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind die Gebühren und Auslagen ein Vorverfahrens nur erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Vorverfahren im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO meint allein das Widerspruchsverfahren, dass hier gem. § 11 AsylVfG gerade ausgeschlossen ist. Danach kann sich der Kostenfestsetzungsbeschluss nur auf die Kosten eines Widerspruchsverfahrens und nicht auf die Kosten eines sonstigen allgemeinen Verwaltungsverfahrens beziehen. Eine von der Beklagten gewünschte Anrechnung der Kosten für das Verwaltungsverfahren hätte aber zur Folge, dass diese Kosten mit der Anrechnung - gleichsam negativ - zum Gegenstand der gerichtlichen Kostenfestsetzung würden und damit den durch § 162 VwGO gesetzten Rahmen überschritten.

Nach der hier maßgeblichen Kostengrundentscheidung hat die Beklagte die im Gerichtsverfahren entstandenen Gebühren des klägerischen Anwalts zu tragen, nicht aber haben dies (anteilig) die Kläger. Aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergibt sich nichts anderes. Das RVG regelt nicht, ob und in welchem Umfang Gebühren von der Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts umfasst sind.

Auch aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG ergibt sich nicht, dass nur eine anteilige Verfahrensgebühr festgesetzt werden dürfte. Zwar wird danach die Geschäftsgebühr (soweit diese wegen desselben Gegenstandes nach den Nummern 2400 bis 2403 entstanden ist) zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnungsregelung hat den Sinn, das Gebührenaufkommen zu beschränken, dass der Rechtsanwalt insgesamt geltend machen kann, und zwar im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber. Sie bezweckt nicht, den Auftraggeber des Rechtsanwalts dadurch zu belasten, dass er die im gerichtlichen Verfahren entstehenden Gebühren nicht in vollem Umfang gegenüber der kostenpflichtigen Gegenseite abrechnen kann. Ein solches Verständnis der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass die Gegenseite nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten hätte, weil der Rechtsanwalt vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben hat (vgl. hierzu im Einzelnen OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.04.2006, NJW 2006, 1991; VG Köln, Beschl. v. 16.03.2006 - 18 K 6475104.A -, Juris; VG Freiburg, Beschl. v. 10.08.2006 - A 3 K 11018/05 -. Juris:, VG Sigmaringen, Beschl. v. 12.06.2006 - A 1 K 10321105 -, Juris; a. A. Bayer.VGH, Beschl. v. 06.03.2006, NJW 2006, 1990 u. Beschl. v. 03.11.2005 - 10 O 05.1131 - vgl. auch die Nachweise bei VG Minden, Beschl. v. 31.05.2007 - 10 K 1944/06.A -, Juris).