OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Urteil vom 28.08.2001 - A 4 B 4388/99 - asyl.net: M1244
https://www.asyl.net/rsdb/M1244
Leitsatz:

1. Zu den Voraussetzungen an den Nachweis der Einreise auf dem Luftweg, wenn der Asylbewerber keine Reisedokumente vorlegt.

2. Macht der Asylbewerber einen Asylanspruch nach Art. 16a Abs. 1 GG geltend, so hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob der Asylbewerber das Herkunftsland verfolgungsbedingt verlassen hat oder sich - sofern er sich auf subjektive Nachfluchtgründe beruft - in latenter Gefahr politischer Verfolung befunden hat, auch dann zu prüfen, wenn durch Bescheid des Bundesamtes bestandskräftig festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes gem. § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

3. Ein irakischer Staatsangehöriger aus dem von der Zentralregierung beherrschten Gebiet muss bereits wegen der Asylantragstellung jedenfalls nach längerem Auslandsaufenthalt im Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungmaßnahmen rechnen.

4. Die nordirakischen Kurdenprovinzen stellen eine bedingte innerstaatliche Fluchtalternative dar.

5. Die nordirakischen Kurdenprovinzen scheiden als innerstaatliche Fluchtalternative für Personen aus, die das Interesse des irakischen Geheimdienstes geweckt haben. Personen, die vor ihrer Ausreise eine hervorgehobene politische oder militärische Funktion des irakischen Regimes bekleidet haben, sind in den nordirakischen Provinzen nicht vor politischer Verfolgung durch irakische Sicherheitsdienste sicher.

Schlagwörter: Irak, Kurden, Zentralirak, Militärangehörige, Baath, Nordirak, Besuchsreisen, Desertion, Latente Gefährdungslage, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Antragstellung als Asylgrund, Illegale Ausreise, Drittstaatenregelung, Einreise, Luftweg, Schlepper, Beweislast, Beweismittel, Glaubwürdigkeit, Mitwirkungspflichten, Richterliche Überzeugungsbildung, Sachaufklärungspflicht, Interne Fluchtalternative, Nordirak, Verfolgungssicherheit, Gebietsgewalt
Normen: GG Art. 16a Abs. 1 ; GG Art. 16a Abs. 2 S. 1; VwGO § 86 Abs. 1; VwGO § 108 Abs. 1 ; AsylVfG § 15 Abs. 1 ; AsylVfG § 15 Abs. 2 Nr. 4; AsylVfG § 15 Abs. 2 Nr. 5; AsylVfG § 15 Abs. 3 Nr. 3; AsylVfG § 1
Auszüge:

1. Zu den Voraussetzungen an den Nachweis der Einreise auf dem Luftweg, wenn der Asylbewerber keine Reisedokumente vorlegt.

2. Macht der Asylbewerber einen Asylanspruch nach Art. 16a Abs. 1 GG geltend, so hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob der Asylbewerber das Herkunftsland verfolgungsbedingt verlassen hat oder sich - sofern er sich auf subjektive Nachfluchtgründe beruft - in latenter Gefahr politischer Verfolung befunden hat, auch dann zu prüfen, wenn durch Bescheid des Bundesamtes bestandskräftig festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes gem. § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

3. Ein irakischer Staatsangehöriger aus dem von der Zentralregierung beherrschten Gebiet muss bereits wegen der Asylantragstellung jedenfalls nach längerem Auslandsaufenthalt im Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungmaßnahmen rechnen.

4. Die nordirakischen Kurdenprovinzen stellen eine bedingte innerstaatliche Fluchtalternative dar.

5. Die nordirakischen Kurdenprovinzen scheiden als innerstaatliche Fluchtalternative für Personen aus, die das Interesse des irakischen Geheimdienstes geweckt haben. Personen, die vor ihrer Ausreise eine hervorgehobene politische oder militärische Funktion des irakischen Regimes bekleidet haben, sind in den nordirakischen Provinzen nicht vor politischer Verfolgung durch irakische Sicherheitsdienste sicher.

(Amtliche Leitsätze)