VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Urteil vom 19.11.2007 - W 7 K 06.30297 - asyl.net: M12997
https://www.asyl.net/rsdb/M12997
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Ausreisefrist, Abschiebungsandrohung, Verzicht, Asylverfahren, Antragsfiktion
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 3; AsylVfG § 38 Abs. 2; AsylVfG § 38 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage gegen Ziffer 3 des angegriffenen Bescheides ist zulässig und begründet, da dieser insoweit rechtswidrig ist und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn das Bundesamt hat zu Unrecht den Klägern eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt, diese beträgt vielmehr einen Monat.

Das Gericht hält dabei nicht an der im Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2007 und in den Beschlüssen W 8 S 06.30298 und W 7 S 07.30212 vertretenen Auffassung fest, § 38 Abs. 2 AsylVfG sei bei einem Verzicht nach § 14a Abs. 3 AsylVfG entsprechend anzuwenden und lässt sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

§ 38 AsylVfG regelt die Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags. Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 beträgt in den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländern nicht als Asylberechtigten anerkennt, die zu setzende Ausreisefrist ein Monat. Dies stellt dem Wortlaut ("sonstige") nach eine Regelung für alle Fälle dar, die im Gesetz nicht gesondert aufgeführt sind. Spezielle Regelungen sind in § 36 Abs. 1 AsylVfG und in den Absätzen 2 und 3 des § 38 AsylVfG enthalten. § 36 Abs. 1 AsylVfG bestimmt die einwöchige Ausreisefrist für die Fälle der Unbeachtlichkeit und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags, § 38 Abs. 2 AsylVfG bestimmt die Wochenfrist seinen Wortlaut nach nur für den Fall der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamts, § 38 Abs. 3 AsylVfG enthält eine Regelung der Ausreisefrist bei freiwilliger Ausreise nach Klage- oder Antragsrücknahme. Eine ausdrückliche Regelung der Ausreisefrist für den Fall des Verzichts nach § 14 a Abs. 3 AsylVfG wurde nicht getroffen. Es greift daher die allgemeine Regelung des § 38 Abs. 1 AsylVfG für die sonstigen Fälle. Aus diesem Grund besteht auch keine Regelungslücke, die Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 38 Abs. 2 AsylVfG wäre.

Im angegriffenen Bescheid wird § 38 Abs. 2 AsylVfG jedoch nicht einmal analog, sondern unmittelbar angewendet. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass der Verzicht mit der Rücknahme gleichzusetzen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Hierfür spricht einmal, dass § 32 Satz 1 AsylVfG bestimmt, wie das Bundesamt bei Rücknahme und Verzicht nach § 14 a Abs. 3 AsylVfG zu verfahren hat, der Verzicht also ausdrücklich benannt ist. Ferner ist zu beachten, dass der Asylantrag nach § 14 a AsylVfG nicht der Disposition der Antragsteller unterliegt, sondern als gestellt gilt, auch wenn der Ausländer für sein Kind einen Asylantrag überhaupt nicht (also auch nicht später zur Verfahrensverzögerung) stellen wollte. Der Gesetzgeber hat bewusst den Begriff des Verzichts in § 14 a Abs. 3 AsylVfG gewählt und neu in das Asylverfahrensgesetz eingeführt, obwohl auch die Rücknahme des fingierten Asylantrags möglich wäre. Hätte er für diesen Fall die kurze einwöchige Ausreisefrist gewollt, ist davon auszugehen, dass § 38 Abs. 2 AsylVfG ebenfalls angepasst worden wäre, wie dies mit Einführung des § 14 a bei § 32 und auch bei § 71 Abs. 1 geschehen ist. Dies ist jedoch auch durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (2. ÄndG) nicht geschehen, obwohl in diesem Gesetz dem § 14a AsylVfG. ein Absatz 4 zur Klarstellung angefügt wurde.