VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 22.07.2008 - AN 3 E 08.30292 - asyl.net: M13818
https://www.asyl.net/rsdb/M13818
Leitsatz:

Aussetzung der Dublin-Überstellung nach Griechenland wegen Nichterfüllung europarechtlicher Mindeststandards trotz Erklärung des griechischen Innenministeriums, dass die Asylantragstellung möglich sei.

Schlagwörter: Verordnung Dublin II, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Griechenland (A), Abschiebungsanordnung, Verfassungsmäßigkeit, Drittstaatenregelung, Genfer Flüchtlingskonvention, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK, Verfahrensrichtlinie, Aufnahmebedingungen, Verfahrensrecht, Flüchtlingslager, Unterbringung, Inhaftierung, Registrierung, diplomatische Zusicherung, Innenministerium, Dublin II-VO, Dublinverfahren,
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AsylVfG § 34a Abs. 2; AsylVfG § 27a
Auszüge:

Der Antrag ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag ist gemäß § 88 VwGO als ein solcher nach § 80 Abs. 5 VwGO auszulegen, da gegen die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ebenso wie gegen die in Ziffer 1 enthaltene Feststellung, dass der Asylantrag unzulässig ist, die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft ist (vgl. hierzu Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Rnr. 64 zu § 34 a AsylVfG).

Dem Antrag steht auch nicht die Regelung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG entgegen, der bestimmt, dass die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat, der auf dem Wege des § 27a AsylVfG ermittelt worden ist, nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Drittstaatenregelung (Urteil vom 14.5.1996, BvR 1938/93, BVerfGE 94, 48 - 144) ist die Vorschrift des § 34a AsylVfG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie entgegen ihrem Wortlaut die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit geplanten Abschiebungen in den sicheren Drittstaat generell verbietet, sondern derartiger Rechtsschutz in Ausnahmefällen nach den allgemeinen Regeln möglich bleibt. Davon ausgehend, dass es sich bei den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union um sichere Drittstaaten i.S.d. Art. 16 a Abs. 2 GG bzw. § 26 a AsylVfG handelt, ist aufgrund des diesen Vorschriften zugrundeliegenden normativen Vergewisserungsprinzips davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist. Zudem beruht die Dublin II-VO auf der Prämisse, dass die zuverlässige Einhaltung der GFK sowie der EMRK in allen Mitgliedstaaten gesichert ist (vgl. Begründungserwägung Nr. 2 und 12 der Dublin II-VO und Art. 6 Abs. 2 sowie Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 lit. a EGV). Eine Prüfung, ob der Abschiebung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. Dabei sind an die Darlegung eines Sonderfalles strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 190). Das Bundesverfassungsgericht sieht in seiner Entscheidung einen Ausnahmefall, der eine Prüfung im Eilrechtsschutz ermöglicht, wenn der Ausländer individuelle konkrete Gefährdungstatbestände im Drittstaat darlegt, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können, wie etwa die drohende Todesstrafe im Drittstaat oder eine erhebliche Gefahr, dass der Ausländer in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens wird, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaats steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26 a AsylVfG hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung sind hiernach auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird oder - etwa aus politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - sich des Flüchtlings ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen könnte.

Der mit der Bestimmung zum sicheren Drittstaat gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG einhergehende Ausschluss des Eilrechtsschutzes erfordert nach Auffassung des Gerichts auch, dass dem Ausländer im Drittstaat ein Prüfungsverfahren offen steht, das insbesondere die Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß der europäischen Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1.12.2005 und die Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 einhält. Die feststellbare Verletzung insbesondere des vorgenannten europäischen Rechts, die mit Grundrechts- und Menschenrechtsverletzungen einhergeht, dürfte folglich nach Auffassung des Gerichts als weiterer, von dem Bundesverfassungsgericht zur Zeit des Ergehens seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigter Sonderfall hinzukommen (so auch VG Frankfurt/Main, B. vom 11.01.2008 - 7 G 3911/07 hinsichtlich der Richtlinie 2005/85/EG). Das Gericht erachtet diesen Fall von vergleichbarem Gewicht wie den vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Sonderfall, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26 a AsylVfG hierauf noch aussteht. Der Dublin II-VO liegt die gemeinschaftsrechtlich verankerte und gesicherte Erwägung zugrunde, dass Flüchtlingen in allen Mitgliedstaaten (jedenfalls normativ) ein gleichwertiges Asylverfahren offen steht. Entgegen dieser Erwägung ist dies Griechenland betreffend derzeit wohl nicht der Fall. Ausgehend von der Zielrichtung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, nämlich eine Lastenverteilung zwischen den an einem solchen System beteiligten Staaten zu erreichen, lässt sich feststellen, dass Griechenland als an der Außengrenze der EU liegendes Land aktuell ungleich stärker belastet und erheblich überfordert ist. Entsprechend wird kritisiert, mit der Dublin II-Verordnung werde die Bewältigung des Flüchtlingsansturms hauptsächlich auf die Länder mit Außengrenzen in Ost- und Südeuropa abgewälzt. Die Lage in der Ost-Ägäis hat sich in den letzten fünf Jahren verschärft. In diesem Zeitraum haben fast 400000 Personen versucht, illegal nach Griechenland einzureisen. Während sich in den letzten fünf Jahren die Zahl der Asylanträge EU-weit halbiert hat, gehört Griechenland zu den wenigen EU-Staaten, die einen erheblichen Anstieg zu verzeichnen haben. Nach Angaben des Ministry of Public Order registrierte Griechenland in 2005 9050 Asylanträge, doppelt so viel wie im Vorjahr. 2006 verzeichenten die griechischen Behörden einen Anstieg auf 12270 Asylgesuche. Von Januar bis Juli 2007 wurden 14584 Asylanträge registriert (Pro Asyl, Bericht vom Oktober 2007, "The truth may be bitter but it must be told"). Der UNHCR berichtet, Schätzungen der Regierung zufolge gebe es im Moment unbearbeitete, noch nicht registrierte Asylanträge. Diese Zahl sei genauso hoch wie die Zahl der im Zeitraum von Januar 2004 bis Ende Juni 2007 gestellten Asylanträge (Auskunft an VG Frankfurt/Main vom 10.01.2008). Das Gericht nimmt an, dass der Europäische Rat mit dem Erlass der Verordnung, welche die Grundsätze des Dubliner Übereinkommens beibehält, zwar davon ausgegangen ist und hingenommen hat, dass in der Praxis Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Aufnahme von Asylsuchenden und der Behandlung der Asylanträge bestehen, diese jedoch durch die erlassenen Richtlinien und die Instrumentarien ihrer Umsetzung in erforderlichen Rechtsvorschriften schrittweise durch harmonisierte Standards ausgeglichen werden. Demgegenüber haben sich die Ungleichheiten in Recht und Praxis bezüglich Griechenland nicht zuletzt aufgrund der aufgezeigten außergewöhnlichen Belastung erheblich verstärkt mit der Folge, dass Asylsuchende in Griechenland zumindest derzeit mit erheblichen Rechtsverletzungen und teils irreversiblen Nachteilen rechnen müssen. Damit liegt eine grundlegend veränderte Situation gegenüber derjenigen vor, die den Erwägungen des Rates zugrunde lag.

2. Der Antrag ist begründet, die die in diesem Rahmen zu treffende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Nach dem gegenwärtigen Sachstand geht das Gericht davon aus, dass aufgrund der derzeitigen Zustände in Griechenland zu befürchten ist, dass dem Antragsteller ein fairer und effektiver Zugang zum dortigen Asylsystem, welches im Einklang mit europäischem Recht steht, wohl nicht gewährleistet ist. Griechenland hat bislang die Asylrichtlinien nicht in nationales Recht umgesetzt, ein entsprechender Präsidialerlass steht nach wie vor aus. Der Europäische Gerichtshof hat bereits am 19. April 2007 Griechenland verurteilt, weil es die Aufnahmerichtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 nicht umgesetzt hat. Weitere Vertragsverletzungsverfahren sind im Februar 2006 und Januar 2008 eingeleitet worden, was zur Änderung der Praxis der griechischen Behörden bei der Handhabung des Abbruchs der Asylverfahren geführt hat (UNHCR-Bericht vom Juli 2007). Was die behördliche Praxis anbelangt, erreicht Griechenland nach Auffassung von UNHCR bisher die Standards für die Aufnahmebedingungen, die nach der vorgenannten Richtlinie vorgegeben werden, nicht (Auskunft an VG Frankfurt/Main vom 10.01.2008). Laut Pro Asyl (Bericht vom Oktober 2007 "The truth may be bitter, but it must be told") hat sich bereits im Juni 2007 eine Delegation des Europaparlaments über das Lager in Samos entsetzt gezeigt: "Generell lassen sich die Bedingungen als schmutzig, erbärmlich und unmenschlich beschreiben." Weiter führt Pro Asyl aus, die meisten im ganzen Land vorhandenen 740 Unterkunftsplätze verfügten laut UNHCR nicht einmal über minimale Standards, auch sei der Zugang zu medizinischer Versorgung und Schulbildung nicht ausreichend gewährleistet. Als Folge des Mangels an Unterkünften und sozialer Versorgung blieben in Griechenland Asylsuchende auch während des laufenden Verfahrens vielfach obdachlos und ohne jede soziale Unterstützung. Pro Asyl hat in seinem Bericht vom Oktober 2007, in dem es Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, darüber hinaus der griechischen Küstenwache schwere Misshandlungen von Flüchtlingen vorgeworfen. Bei Besuchen in drei Abschiebelagern in der Ägäis hätten zahlreiche Insassen von Schlägen berichtet, andere seien von der Küstenwache auf unbewohnten Inseln ausgesetzt oder auf offener See ihrem Schicksal überlassen worden. Ein Flüchtling habe von einer Scheinhinrichtung berichtet, zuvor sei er auf der Insel Chios gefoltert worden.

Ferner berichtet Pro Asyl von Regelinhaftierungen - auch Minderjähriger. In der Haft sei es für die Insassen in der Regel nicht möglich, ihre Rechte wahrzunehmen. Sie würden nicht einmal über ihre Rechte informiert. Professionelle Dolmetscher gebe es nicht. Häufig werde den Inhaftierten tagelang der Hofgang verweigert. Auch bei der Entlassung würde die versäumte Information und Rechtshilfe nicht nachgeholt. Den Betroffenen werde ein Dokument in griechischer Sprache ausgehändigt, worin sie aufgefordert würden, das Land innerhalb von dreißig Tagen zu verlassen. Nach der Weiterreise nach Athen drohe häufig Obdachlosigkeit, und zwar auch dann, wenn Asylantrag gestellt werde. Zwar sollten Asylsuchende eine sog. "pink card" ausgestellt bekommen, dies geschehe jedoch häufig mit einer erheblichen Zeitverzögerung von einem Monat.

Im übrigen deuten die vorliegenden Auskünfte darauf hin, dass die griechischen Verwaltungspraxis generell eine effektive Schutzgewährung häufig dadurch verhindert, dass sie den Zugang zu Asylverfahren erschwert bzw nicht ermöglicht (betr. Registrierung, Rechtsbeistand, Dolmetscher, Information, Inhaftierung) und nur extrem beschränkte Aufnahmemöglichkeiten für Asylsuchende bietet, die viele in menschenunwürdige Umstände treibt (überfüllte Unterkünfte, Obdachlosigkeit, mangelnde medizinische und soziale Versorgung). Hinsichtlich der Registrierung von Asylanträgen führt UNHCR (Auskunft an VG Frankfurt/Main vom 10.01.2008) aus, nach ihm vorliegenden Informationen gebe es hier häufig Probleme. Als besonders schwierig stelle sich die Situation in Athen dar. Jeden Tag erschienen hier ca. 200 - 250 Personen bei der Zentralen Abteilung zur Registrierung von Asylanträgen, um Asyl zu beantragen. Die Kapazität dieser Abteilung, die in 2006 und bis August 2007 95 % aller in Griechenland gestellten Asylanträge entgegengenommen habe, liege aber nur bei etwa 100 Personen täglich, so dass die effektive und zeitnahe Registrierung neu gestellter Asylanträge nicht immer garantiert sei. Generell könne gesagt werden, dass die griechischen Verwaltungsstrukturen für die Aufnahme Asylsuchender im letzten Jahr erheblich überlastet gewesen seien. Nach Schätzungen der Regierung gebe es im Moment 40000 unbearbeitete, noch nicht registrierte Asylanträge. Dies entspreche der Zahl der im Zeitraum von Januar 2004 bis Ende Juni 2007 gestellten Asylanträge. Im Hinblick auf das angeblich bestehende Risiko der Inhaftierung von Personen am Flughafen, die gemäß der Dublin II-Verordnung nach Griechenland überstellt worden seien, sei zu sagen, dass solche Praktiken keine rechtliche Basis im griechischen Recht hätten, da die Einreise der betreffenden Personen nicht illegal erfolgt sei. UNHCR sei kein Fall bekannt, in der es zu einer solchen Inhaftierung gekommen sei. Demgegenüber erklärte Karl Kopp, Europareferent bei Pro Asyl, in seinen dem Gericht vorliegenden Ausführungen vom 8.02.2006 gerade, dass die Festnahmen nicht illegal eingereister Flüchtlinge betreffen und erläutert dies anhand des iranischen Asylsuchenden P. (Antragsteller im vom VG Frankfurt/Main entschiedenen Verfahren 7 G 3911/07), der nach seiner Überstellung nach Griechenland neun Tage am Flughafen Athen ohne rechtliche Grundlage inhaftiert worden sei und dessen Erlebnisse ausführlich dargestellt werden. Der Fall P. zeigt zudem, dass die Überprüfung der Asylanträge von nach der Dublin II-VO überstellten Personen nicht in jedem Fall den Vorgaben des Presidential Degree 61/1999 (PD 61/99), der das Asylverfahren in Griechenland regelt, entspricht. Hiernach soll bei Asylanträgen von Inhaftierten in Häfen und Flughäfen die Überprüfung des Antrags am gleichen Tag erfolgen. Die Asylüberprüfung beinhaltet hiernach die Anhörung des Asylsuchenden in Anwesenheit eines Dolmetschers (siehe hierzu auch UNHCR, UNHCR-Positionspapier zur Überstellung von Asylsuchenden nach Griechenland nach der Dublin II-Verordnung vom 15.04.2008). Des weiteren ergibt sich aus der Schilderung des K. Kopp, dass Herr P. vom Flughafengewahrsam in die Obdachlosigkeit entlassen wurde und auch nach einer Registrierung als "wohnsitzlos" weiterhin obdach- und mittellos ist.

Der UNHCR (a.a.O.) verweist hinsichtlich der Praxis in anderen europäischen Staaten im Zusammenhang mit Rückführungen nach Griechenland auf (teils ober-) gerichtliche Entscheidungen in England, Belgien und den Niederlanden, in denen die Überstellung nach Griechenland untersagt wurde. Norwegen, das nicht der EU, aber dem Schengen-Abkommen angehört, entschied bereits im Februar diesen Jahres, keine Flüchtlinge mehr nach Griechenland zurückzuschicken. In Anbetracht der aktuell vorhandenen Mängel des griechischen Asylsystems empfiehlt UNHCR den EU-Mitgliedstaaten, im Rahmen von Rücküberstellungen nach Griechenland in Anwendung der Dublin II-Verordnung großzügig von dem ihnen gemäß Art. 3 Ab. 2 Dublin II-VO eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen und mit Rückführungen sehr vorsichtig umzugehen, es sei denn, vor der Überstellung der betreffenden Person nach Griechenland sei durch spezielle Garantien im Einzelfall sichergestellt, dass die Person Zugang zu einem fairen Verfahren und angemessenen Aufnahmebedingungen erhalten werde.

Aus alledem folgt, dass für den Antragsteller ein fairer und effektiv er Zugang zum Asylverfahren wohl nicht gewährleistet ist. Vielmehr muss er mit den beschriebenen rechtserheblichen und irreversiblen Nachteilen (von einer Inhaftierung bis hin zur Obdachlosigkeit) rechnen. Etwas anderes folgt nach Ansicht des Gerichts auch nicht aus der Tatsache, dass das Griechische Innenministerium im vorliegenden Fall gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge/DÜ-Abteilung mit Schreiben vom 2. Mai 2008 erklärt hat (Bl. 139 der Asylakte), dass es dem Antragsteller möglich sein werde, in Griechenland einen Asylantrag zu stellen. Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Gerichts lediglich um eine formularmäßige Äußerung dessen, wozu die Griechische Republik aufgrund Europarechts ohnehin verpflichtet ist. Die im Hinblick auf die oben geschilderte tatsächliche Handhabung durch die griechischen Behörden vorhandenen Zweifel daran, dass dem Antragsteller ein effektiver und fairer Zugang zum Asylverfahren möglich sein werde, vermag diese Erklärung aber nicht auszuräumen. Eine Garantie gegenüber der Antragsgegnerin, dass man für den Zugang des Antragstellers zum Asylsystem sorgen werde, kann darin nicht erblickt werden. Das Gericht ist sich ebenso bewusst, dass die Antragsgegnerin keinerlei Zusicherung über das Verhalten der griechischen Behörden abzugeben vermag. Anders wäre wohl die Situation zu beurteilen gewesen, wenn die Antragsgegnerin selbst gegenüber dem Gericht zugesichert hätte, dass man - etwa über die Deutsche Botschaft in Athen - für die Asylantragstellung des Antragstellers in Griechenland Sorge tragen und das weitere Verfahren beobachten werde. Dadurch wäre nach Ansicht des Gerichts sichergestellt, dass dem Antragsteller die Einleitung eines Asylverfahrens in Griechenland tatsächlich möglich ist (vgl. hierzu auch Beschluss des VG Frankfurt vom 11.1.2008, Az. 7 G 3911/07.A, Rdnr. 22 nach juris). Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht (a.a.O., Rnr. 191) festgestellt, dass es sogar außerhalb des Vorliegens eines Sonderfalls naheliegen kann, dass die deutschen Behörden vor Rückverbringung eines Ausländers in einen Drittstaat mit den dort zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen und Vorkehrungen zum Schutz des Ausländers treffen.