Maßgebliche Kriterien der Würdigung, ob wegen exilpolitischer Aktivitäten als Mitglied einer Musik-, Theater- oder Folkoregruppe politische Verfolgung droht, können die Größe der Gruppe, die Stellung des Betroffenen in ihr, der Programminhalt, der Bekanntheitsgrad der Mitwirkenden und die Öffentlichkeitswirksamkeit der künstlerischen Betätigung sein (im Anschluss an OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.01.2000 - 8 A 1292/96.A -, RdNr. 310).
(Amtlicher Leitsatz)
Dem Auswärtigen Amt liegen Erkenntnisse über die Strafverfolgung von Interpreten kurdischer Lieder oder Gedichte nicht vor (Auswärtiges Amt, 08.01.1999 an VG Stuttgart). Auch die übrigen dem Senat zugänglichen und in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen zum Fragenkreis der Rückkehrgefährdung von Musikern enthalten keine einschlägigen Referenzfälle; sie beantworten die Frage nach den allgemein für exilpolitische Aktivitäten üblichen Maßstäben, ohne aber das Fehlen entsprechender Vorkommnisse zu problematisieren (vgl. ai, 29.10.1996 an den Senat; Kaya, 16.06.1998 an VG Stuttgart; Rumpf, 22.10.1998 an VG Stuttgart). Alles das spricht für die Tendenz, dass politische Äußerungen mit künstlerischen Mitteln für den türkischen Staat als solche keine herausgehobene Bedeutung haben, sofern sie nicht in der Türkei prominenten Künstlern zuzurechnen sind und/oder von der türkischen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. Maßgebliche Kriterien der Würdigung einschlägiger Aktivitäten können nach alledem die Größe der Gruppe, die Stellung des Betroffenen in ihr, der Programminhalt, der Bekanntheitsgrad der Mitwirkenden und die Öffentlichkeitswirksamkeit der künstlerischen Betätigung sein (im Anschluss an OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.01.2000 - 8 A 1292/96.A -, RdNr. 310).
Sie gelten auch für die Mitwirkung in Theater- oder Folkoregruppen.
Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Gefahr politischer Verfolgung des Klägers bei seiner Rückkehr in die Türkei zwar nicht für ausgeschlossen, aber nach dem Prognosemaßstab, der bei ihm als unverfolgt aus seinem Herkunftsland Ausgereistem anzulegen ist, nicht für beachtlich wahrscheinlich (zu diesem Maßstab vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 15.03.1988, BVerwGE 79, 143 ff.).
Es kann zunächst nicht festgestellt werden, dass seine Mitwirkung in den Musikgruppen xxx eine exponierte exilpolitische Betätigung wäre und er daher als bedeutender Propagandist und Aktivist durchgehen würde. Wie bereits dargelegt, wurde die Nennung der Namen der Musiker stets vermieden. Auch der Name des Klägers kam in den bei der Beweisaufnahme in Augenschein genommenen Konzertaufnahmen und den von ihm vorgelegten Unterlagen über sein musikalisches Wirken nicht vor; solches ist von ihm auch nicht behauptet worden. Hierin liegt übrigens ein wesentlicher Unterschied zu der Sachlage, die dem beigezogenen Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.03.1999 - A 18 K 16888/95 - (xxx) zu Grunde lag und deren unmittelbarer Gegenstand die gutachterlichen Stellungnahmen von Kaya vom 16.06.1998, von Rumpf vom 22.10.1998 und des Auswärtigen Amtes vom 08.01.1999, waren. Dass gerade der Kläger bei der üblichen Begrüßung des Publikums und einleitenden Erläuterungen zum Inhalt der Musik, ggf. auch zum Anlass des Konzerts, in den Vordergrund getreten wäre, wird nicht behauptet und war auch nicht festzustellen. Ein wichtiger Aspekt gegen die Annahme, dass er innerhalb der Gruppen eine in exilpolitischer Hinsicht, also zumindest nach außen wahrnehmbare, bedeutende Rolle einnahm, ist die von ihm selbst vorgetragene und durch die Beweisaufnahme bestätigte Tatsache, dass er, nach eigener Einschätzung wegen seiner bescheidenen stimmlichen Mittel, mit Ausnahme eines etwas verunglückten Auftritts nicht als Solo- bzw. Vorsänger zum Einsatz gekommen ist. Er spielt unspektakulär als Instrumentalist vornehmlich auf dem Saz, einem Saiteninstrument, mit und beteiligte sich stimmlich lediglich am gemeinsamen Refrain- bzw. Hintergrundsingen. Seine Bedeutung für seine Gruppen lag nach den Aussagen der Zeugen und seinem eigenen Vorbringen in seinen Fähigkeiten als Instrumentalist und der Arbeit als Arrangeur und teilweise auch Texter. All dies zeigt, und es entspricht seiner in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Selbsteinschätzung, wonach ihm das Musizieren alles bedeutet, dass der Kläger in allererster Linie Künstler ist, der es indessen nicht darauf absah, als Person hervorzutreten und sich dem Publikum als Einzelner - und im Sinne einer bestimmten politischen Richtiung - zu präsentieren, sondern der seine Aufgabe darin fand, als Musiker gruppenintern und im Hintergrund zu wirken.