1. Eine einem türkischen Studenten genehmigte Erwerbstätigkeit von höchstens 90 vollen Tagen oder höchstens 180 halben Tagen im Jahr kann die erste Anspruchsstufe von Art. 6 Abs. 1 ARB nicht entstehen lassen.
2. Die Aufnahme einer nicht genehmigten Vollzeittätigkeit lässt Ansprüche nach dem ARB nicht entstehen.
1. Eine einem türkischen Studenten genehmigte Erwerbstätigkeit von höchstens 90 vollen Tagen oder höchstens 180 halben Tagen im Jahr kann die erste Anspruchsstufe von Art. 6 Abs. 1 ARB nicht entstehen lassen.
2. Die Aufnahme einer nicht genehmigten Vollzeittätigkeit lässt Ansprüche nach dem ARB nicht entstehen.
(Amtliche Leitsätze)
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet (§ 113 Abs. 5 VGO), denn dem Kläger steht keine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der uneingeschränkten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob er aufgrund seiner bisherigen Erwerbstätigkeit zumindest den Status nach Art. 6 Abs. 1 ARB - 1. Gedankenstrich - in der Auslegung, die der ARB durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) erfahren hat (vgl. insbes. Urt. v. 16.12.1992 - Rs C-237/91 [Kus] -, NVwZ 1993, 258 ff.), erworben hat, ist zu verneinen.
Um die erste Anspruchsstufe von Art. 6 Abs. 1 ARB zu erreichen, muss der türkische Arbeitnehmer grundsätzlich ein Jahr lang ohne Unterbrechungen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sein (EuGH, Urt. v. 10.01.2006 - Rs. C-230/03 [Sedef] -, NVwZ 2006, 315, Rdnr. 47). Hieran fehlt es im Falle des Klägers. Eine durchgehende einjährige Erwerbstätigkeit konnte in rechtmäßiger Weise schon deshalb zu keiner Zeit begründet werden, weil die dem Kläger erteilten Aufenthaltsbewilligungen und zuletzt die Aufenthaltserlaubnis vom 15.11.2005 nur eine Erwerbstätigkeit von höchstens 90 Tagen im Jahr und - zuletzt - alternativ höchstens 180 halben Tagen im Jahr zuließen. Eine hierüber hinausgehende Beschäftigung wäre rechtswidrig gewesen. Nach den insoweit glaubhaften Angaben des Klägers betrug die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit von April 2005 bis Ende 2006 auch nur 10 bis maximal 12 Stunden pro Woche. Unter Zugrundelegung voller Tage könnte der Kläger somit lediglich an 1-2 Arbeitstagen pro Woche voll gearbeitet haben, unter Zugrundelegung von halben Arbeitstagen kämen lediglich 2 bis 3 halbe Arbeitstage pro Woche in Betracht. Eine durchgehende Beschäftigung an fünf Tagen der Woche ist, selbst wenn sich der Kläger für die Halbtagesvariante entschieden haben sollte, bei dieser geringen Stundenzahl nicht möglich. Die behauptete Geringfügigkeit der zeitlichen Inanspruchnahme findet auch in den vorgelegten Gehaltsbescheinigungen für die Jahre 2005 und 2006 eine Bestätigung, nach denen der Kläger monatlich durchgehend lediglich 300,00 EUR brutto verdient hat.
Der Einwand des Klägers, wonach der Arbeitsvertrag seit 01.04.2005 ohne Unterbrechungen bestehe und erfüllt worden sei, geht ins Leere. Der EuGH hat mehrfach betont, dass die ununterbrochene Tätigkeit nicht nur "auf dem Papier" stehen dürfe, sondern tatsächlich ausgeübt worden sein müsse (EuGH, Urt. v. 24.01.2008 - Rs. C-294/06 [Payir, Akyüz und Öztürk], Rdnr. 45; Urt. v. 19.11.2002 - Rs. C-188/00 [Kurz] -, InfAuslR 2003, 41, Rdnr. 32; Urt. v. 26.11.1998 - Rs. C-1/97 [Birden] -, NVwZ 1999, 1099, Rdnr. 37; Urt. v. 30.09.1997 - Rs. C-36/96 [Günaydin] -, NVwZ 1999, 283, Rdnr. 31; Urt. v. 30.09.1997 - Rs. C-98/96 [Ertanir] -, NVwZ 1999, 286, Rdnr. 43). Dafür, dass Unterbrechungen von mehreren Tagen in der Woche typisch für den betreffenden Beruf seien und nicht vom Willen des Arbeitnehmers abhingen (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 10.01.2006 - Rs. C-230/03 [Sedef] -, NVwZ 2006, 315, Rdnr. 57), ist nichts ersichtlich. Dagegen spricht schon die Tatsache, dass der Kläger seit 02.01. 2007 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, ohne dass sich die ihm übertragenen Aufgaben seitdem geändert hätten. Es liegen auch keine Fehlzeiten i. S. von Art. 6 Abs. 2 ARB vor, die erworbene Anwartschaften unberührt ließen.
Auch aus der jüngsten Entscheidung des EuGH (Urt. v. 24.01.2008 - Rs. C-294/06 [Payir, Akyüz und Öztürk]) folgt nichts dem Kläger Günstiges. Die drei Kläger der dortigen Ausgangsverfahren waren in einem stärkeren zeitlichen Ausmaß als der Kläger dieses Verfahrens beschäftigt. Das Au-pair-Mädchen Payir arbeitete im Jahr durchgängig zwischen 15 und 25 Stunden pro Woche (vgl. Rdnr. 9). Die Studenten Akyüz und Öztürk durften außerhalb der Semesterferien während des gesamten Jahres durchgängig bis zu 20 Wochenstunden arbeiten und während der Semesterferien sogar unbeschränkt (vgl. Rdnr 13). Das zeitliche Engagement entspricht damit mindestens dem einer "halben" Stelle bei täglicher Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres. Die tägliche Beschäftigung war dem Kläger demgegenüber untersagt.
Für die Zeit nach dem 01.01.2007 spricht aufgrund der Angaben des Klägers einiges dafür, dass der zeitliche Umfang der Tätigkeit des Klägers auf eine volle Stelle und nicht nur auf durchschnittlich 15 Stunden pro Woche angestiegen ist.
Die zur Überzeugung des Gerichts seit 02.01.2007 ausgeübte Vollzeittätigkeit ist jedoch rechtswidrig, weil der Kläger hierfür nicht die erforderliche Aufenthaltserlaubnis besitzt. Illegale Tätigkeiten lassen nach der Rechtsprechung des EuGH - wie vorstehend dargelegt - Ansprüche nach dem ARB nicht entstehen.