OVG Niedersachsen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.09.2008 - 13 LA 166/07 - asyl.net: M14008
https://www.asyl.net/rsdb/M14008
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel, Überzeugungsgewissheit, Einbürgerung, Überzeugungsbildung
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Auszüge:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der von der Beklagten allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts liegt nicht vor bzw. wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, juris). Hat das Verwaltungsgericht den Streitfall fachgerecht entschieden, ist dem Erfordernis der Einzelfallgerechtigkeit, auf welches der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO abstellt, genügt. Die Möglichkeit, zu unterschiedlichen, gleichermaßen gut vertretbaren Ergebnissen zu gelangen, besteht in vielen Fällen. Die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann deshalb nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, wenn das Verwaltungsgericht bei der Sachverhaltsermittlung sachgerecht und prozessordnungsgemäß vorgegangen ist, die getroffenen Feststellungen das Entscheidungsergebnis tragen und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts nachvollziehbar, in sich stimmig und angesichts von Rechtsprechung und Literatur gut vertretbar sind (Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll: VwGO, 4. Aufl § 124 Rdnr. 19 f).

Das Verwaltungsgericht hat jedenfalls eine in diesem Sinne vertretbare und daher ernstlichen Zweifeln nicht ausgesetzte Entscheidung zu der Frage getroffen, ob der Einbürgerung des Klägers wegen seiner Aktivitäten für den Verein ... ein Ausschlussgrund nach § 11 StAG entgegensteht. Das Verwaltungsgericht hat (in voller Kammerbesetzung) aufgrund einer Würdigung des gesamten zur Verfügung stehenden Tatsachenmaterials und einer (ausführlichen) Beteiligtenvernehmung des Klägers im Rahmen der am 12. Juli 2007 durchgeführten mündlichen Verhandlung verneint, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese sich im Wesentlichen im Rahmen der freien Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts bewegende Würdigung der Person und des Verhaltens des Klägers hat die Beklagte nicht erfolgreich unter Berufung auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils angreifen können. Zwar ist eine von der Einschätzung des Verwaltungsgerichts abweichende Würdigung in tatsächlicher Hinsicht, wie sie etwa von der Beklagten im Zulassungsantrag vertreten wird, ebenfalls denkbar. Für diese denkbare Alternativwürdigung hat die Beklagte nach Auffassung des Senats aber keine hinreichend gewichtigen Umstände mit der Folge darlegen können, dass sich denkbare "Restzweifel" an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts bereits zu "ernstlichen Zweifeln" im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verdichtet hätten.