[...]
Die Aussetzungsentscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschlüssen vom 7. Februar 2008 in drei Verfahren (BVerwG 10 C 23.07, 10 C 31.07 und 10 C 33.07), in denen es um den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung von Irakern geht, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg angerufen und Fragen betreffend die Auslegung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union (Qualifikationsrichtlinie). Diese dient u.a. der Angleichung der rechtlichen Voraussetzungen von Entstehung und Verlust der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention innerhalb der Europäischen Union. In Deutschland wurde die Richtlinie mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union im August 2007 umgesetzt.
Die Kläger der Ausgangsverfahren in den beim BVerwG anhängigen Revisionsverfahren sind Flüchtlinge aus dem Irak, die zwar - anders als der Kläger - zunächst als Flüchtlinge anerkannt wurden, und sich nunmehr gegen den Widerruf ihrer Flüchtlingsanerkennung wenden. Das BVerwG hat jedoch dem EuGH u.a. (unter Nr. 3 lit. b) auch die Frage vorgelegt, ob in einer Situation, in der die bisherigen Umstände, aufgrund derer der Betreffende als Flüchtling anerkannt worden ist, entfallen sind, neue andersartige verfolgungsbegründende Umstände unter Berücksichtigung der Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie zu beurteilen sind. Nach der genannten Bestimmung ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder von einem solchen Schaden bedroht ist. Für das BVerwG bedarf es insoweit der Klärung, ob die für das Flüchtlingsanerkennungsverfahren geltende Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie - entsprechend seiner Rechtsprechung zum herabgestuften Prognosemaßstab bei Vorverfolgung (BVerwG, Urt. v. 31. März 1981 - 9 C 237/80 -, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27) - gleichfalls einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung und dem Sachverhalt voraussetzt, der bei einer Rückkehr zur Verfolgung führen könnte, womit die Vorschrift schon dann keine Anwendung fände, wenn die geltend gemachte Furcht vor Verfolgung keinerlei Verknüpfung zu einer früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung aufweist, sondern auf neuen andersartigen verfolgungsbegründenden Umständen beruht.
Diese Rechtsfrage ist auch in dem vorliegenden Verwaltungsrechtsstreit entscheidungserheblich. [...]
Nach alledem ist bezüglich der o.g. Vorlagebeschlüsse des BVerwG zwar keine Vorgreiflichkeit im engeren Sinne von § 94 VwGO gegeben. In der Rechtsprechung (BVerwG, Beschl. v. 10. November 2000 - 3 C 3.00 -, BVerwGE 112, 166 = NVwZ 2001, 319 = DÖV 2001, 380 = DVBl 2001, 915 = Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 14; Bayer. VGH, Beschl. v. 25. September 2007 - 24 B 07.304 -, <juris>; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19. September 2001 - 9 S 1464/01 -, DÖV 2002, 35; VG Augsburg, Beschl. v. 11. Mai 2006 - Au 3 K 06.00488 -, <juris>) und im Schrifttum (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 94 RdNr. 4a m.w.N.) ist jedoch anerkannt, dass bei einer solchen Sachlage ein Gericht ohne eigene Vorlage einen bei ihm anhängigen Rechtsstreit analog § 94 VwGO aussetzen kann, um die Beantwortung der vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Fragen durch den EuGH abzuwarten.
Das beschließende Gericht hält es für zweckmäßig und geboten, so zu verfahren. [...]