Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Ausweisung setzt die Darlegung eines besonderen öffentlichen Interesses voraus, das über das Interesse an der Ausweisung selbst hinausgeht; die Ausweisung gem. § 54 Nr. 5 AufenthG setzt voraus, dass positiv festgestellt ist, dass die betreffende Vereinigung den Terrorismus unterstützt, ein tatsachengestützter Verdacht genügt insoweit nicht; allein die Radikalisierung einiger Anhänger einer religiösen Massenbewegung rechtfertigt nicht den Schluss, dass diese den Terrorismus unterstützt (hier: Tablighi-Jamaat); eine Ausweisung gem. § 54 Nr. 5 a AufenthG setzt eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland voraus, ein auf Tatsachen gestützter Verdacht genügt insoweit nicht; die bloße Ablehnung der politischen und sozialen Verhältnisse ist nicht geeignet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden; die bloße Zugehörigkeit zu einer möglicherweise vereinsrechtlich verbietbaren Organisation rechtfertigt nicht die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung; eine Ausweisung gem. § 54 Nr. 6 AufenthG wegen falscher Angaben bei einer Befragung setzt voraus, dass der Ausländer positive Kenntnis vom wahren Sachverhalt hat, insoweit ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Begriffe, beispielsweise "Mitgliedschaft", unterschiedlicher Interpretation zugänglich sein können; ein geringfügig verspätet gestellter Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis löst die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG aus, wenn kein Fall des Missbrauchs vorliegt.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Ausweisung setzt die Darlegung eines besonderen öffentlichen Interesses voraus, das über das Interesse an der Ausweisung selbst hinausgeht; die Ausweisung gem. § 54 Nr. 5 AufenthG setzt voraus, dass positiv festgestellt ist, dass die betreffende Vereinigung den Terrorismus unterstützt, ein tatsachengestützter Verdacht genügt insoweit nicht; allein die Radikalisierung einiger Anhänger einer religiösen Massenbewegung rechtfertigt nicht den Schluss, dass diese den Terrorismus unterstützt (hier: Tablighi-Jamaat); eine Ausweisung gem. § 54 Nr. 5 a AufenthG setzt eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland voraus, ein auf Tatsachen gestützter Verdacht genügt insoweit nicht; die bloße Ablehnung der politischen und sozialen Verhältnisse ist nicht geeignet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden; die bloße Zugehörigkeit zu einer möglicherweise vereinsrechtlich verbietbaren Organisation rechtfertigt nicht die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung; eine Ausweisung gem. § 54 Nr. 6 AufenthG wegen falscher Angaben bei einer Befragung setzt voraus, dass der Ausländer positive Kenntnis vom wahren Sachverhalt hat, insoweit ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Begriffe, beispielsweise "Mitgliedschaft", unterschiedlicher Interpretation zugänglich sein können; ein geringfügig verspätet gestellter Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis löst die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG aus, wenn kein Fall des Missbrauchs vorliegt.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach dem Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) lässt sich gegenwärtig nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass sich die mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr bereits vor einer Entscheidung in der Hauptsache verwirklichen wird. Ein unabweisbarer und vor allem auch unverzüglicher Handlungsbedarf ist mangels einer konkreten vom Antragsteller ausgehenden Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik - jedenfalls derzeit - nicht erkennbar. Das Hinzutreten eines derartigen Dringlichkeitsgrundes wäre jedoch Voraussetzung, um vor dem Hintergrund der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung des Sofortvollzuges zu rechtfertigen, wie sich im Einzelnen aus Folgendem ergibt:
1.a) Die Ausweisung ist eine schwerwiegende Maßnahme, die tief in das Schicksal des Ausländers und seiner Angehörigen eingreift. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblich verschärft. Für die Verbindung der Ausweisung mit der Anordnung des Sofortvollzuges muss daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 35, 382 [402]; 38, 52 [58]; 69, 220 [228]) ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats vom 12.9.1995 - 2 BvR 1179/95 -, NVwZ 1996, 58 [59]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 =, NVwZ 2005, 1053 [1054]; VGH BW, B. v. 18.11.2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 [34] jeweils m.w.N.). Es muss deshalb die begründete Besorgnis bestehen, die von dem Ausländer ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren; der allgemeine Verdacht einer Beeinträchtigung erheblicher Belange der Bundesrepublik genügt nicht, um eine solche Anordnung zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 35, 382 [404]; 38, 52 [58]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227; BayVGH, B. v. 11.2.2004 - 10 CS 03.3009 -, InfAuslR 2004, 244). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es angesichts der schwerwiegenden Folgen der Ausweisung bereits im Eilverfahren hinreichend belastbarer Feststellungen bedarf und auf die Zuordnung von Fakten zu einzelnen Merkmalen der Befugnisnorm auch in einem summarischen Verfahren nicht verzichtet werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 -, NVwZ 2005, 1053 [1055]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227; OVG NW, B. v. 15.5.2007 - 18 B 2067/06 -, InfAusIR 2007, 349 [350]).
b) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Ausweisungsentscheidung nicht gerecht: sie lässt hinreichende, auf Tatsachen gestützte Feststellungen des Inhalts vermissen, es bestehe die begründete Besorgnis, die vom Antragsteller ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich bereits vor Abschluss des noch durchzuführenden Hauptsacheverfahrens verwirklichen. [...]
aa) Die Ausführungen des Antragsgegners im Bescheid vom 22. Dezember 2006 erschöpfen sich im Wesentlichen in einer bloßen Wiederholung des bereits erwähnten, vom Bundesverfassungsgericht für die Anordnung des Sofortvollzuges aufgestellten Maßstabes und bleiben im Übrigen substanzlos. Vor allem fehlt es an einer Benennung der vom Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens konkret ausgehenden Gefahr (vgl. OVG NW, B. v. 15.5.2007 - 18 B 2067/06 -, InfAuslR 2007, 3-49 [350]). [...]
Zwar hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361) die Schwelle für das Eingreifen der Ausweisungstatbestände deutlich niedriger angesetzt als bei früheren Regelungen, er hat jedoch keinen Sofortvollzug kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) angeordnet. Angesichts dessen muss es bei den eingangs genannten Kriterien verbleiben. Vermutungen allein können die sofortige Vollziehung einer Ausweisung nicht rechtfertigen. Sie wäre mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht vereinbar und würde die Möglichkeit eröffnen, Ausländer ohne jeden Nachweis einer Tathandlung des Landes zu verweisen und damit vollendete Tatsachen zu schaffen (vgl. BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306; B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227).
bb) Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass seit der Ausweisung des Antragstellers mittlerweile nahezu eineinhalb Jahre verstrichen sind, ohne dass sich die befürchtete Gefahrenlage auch nur in Ansätzen realisiert hätte. Dieser Gesichtspunkt wäre in die Abwägung einzustellen gewesen. [...]
c) Ein besonderes öffentliches Interesses an der sofortigen Vollziehung ist vorliegend nicht zuletzt auch deshalb unerlässlich, weil an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung - jedenfalls nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand - erhebliche Zweifel bestehen und es angesichts der aufgeworfenen schwierigen Sach- und Rechtsfragen der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bedarf, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 -, NVwZ 2007, 948 [949 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946 [947]; BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306 f.; OVG NW, B. v. 15.5.2007 - 18 B 2067/06 -, InfAuslR 2007, 349 [350]; siehe auch Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., 2006, § 80 RdNr. 76):
aa) Nach § 54 Nr. 5 AufenthG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Voraussetzung für die Anwendung dieses Regelausweisungstatbestandes ist demnach, dass die Vereinigung ihrerseits den Terrorismus unterstützt oder gar selbst terroristischen Charakter hat. Nur wenn feststeht, dass und zu welchem Zeitpunkt eine Vereinigung terroristische Bestrebungen unterstützt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung durch einzelne Personen in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [129]; BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306; BayVGH, B. v. 18.7.2006 - 19 C 06.1496 -, Juris; VGH Kassel, B. v. 10.1.2006 - 12 TG 1911/05 -, NVwZ-RR 2007, 131). In Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien ist als tatbestandserhebliches Unterstützen des Terrorismus jede Tätigkeit anzusehen, die auf die Förderung der Begehung terroristischer Akte durch andere gerichtet ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [124]; Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 465). Im Einzelnen können zwei Formen der Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung unterschieden werden: Zum einen kann die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigen, zum anderen kann sie terroristische Aktivitäten anderer unterstützen. Letzteres ist nach der Begründung des Fraktionsentwurfs zum Terrorismus-Bekämpfungsgesetz (BT-Drs. 14/7386, S. 54) dann anzunehmen, wenn eine solche Vereinigung die Begehung terroristischer Taten durch Dritte "veranlasst", "fördert" oder "befürwortet" (so auch BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [126]):
(1) Von einer "Veranlassung" der Begehung terroristischer Taten durch Dritte kann dann ausgegangen werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer Anstiftung, also die Bestimmung Dritter zu deren Tat (vgl. § 26 StGB) erfüllt sind, oder gar eine Beauftragung vorliegt (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 474).
(2) Eine "Förderung" der Begehung terroristischer Taten kann angenommen werden, wenn einem Dritten unmittelbar zu dessen Tat Beihilfe (vgl. § 27 Abs. 1 StGB) geleistet wird, beispielsweise indem Waffen besorgt, Informationen beschafft, Unterkunft gewährt, Aktivitäten finanziert, die Ausbildung im Umgang mit Waffen oder Sprengstoff gelehrt oder gefälschte Dokumente beschafft werden (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNrn. 476 f.). Insoweit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Förderung der Begehung terroristischer Taten nur durch ein "aktives Tun" erfolgen kann. Eine "Förderung durch Unterlassen" kommt nur bei Vorliegen einer Rechtspflicht zur Abwendung der Gefahr (vgl. § 13 StGB), beispielsweise aus vorangegangenem, gefahrschaffendem Tun (Ingerenz) oder aber der Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB) in Frage. Die bloße Inanspruchnahme der allen Mitgliedern oder sonstigen Interessierten gleichermaßen zur Verfügung stehenden Infrastruktur einer Organisation vermag deshalb ohne Vorliegen besonderer Umstände die Annahme einer Förderung der Begehung terroristischer Taten noch nicht zu rechtfertigen. Es entspricht vielmehr allgemeiner Rechtsauffassung, dass ein "Unterlassen" einem "aktiven Tun" nur dann gleichsteht, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht. Davon kann auch im Sicherheitsrecht nicht abgewichen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.9.1995 - 21 B 95.1527 -, BayVBl 1996, 437 [438]).
Von einer "Befürwortung" der Begehung terroristischer Taten kann gesprochen werden, wenn Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange öffentlich unterstützt, gebilligt oder hervorzurufen bezweckt wird (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 480). Die bloße Bekundung der politischen oder religiösen Überzeugung im Rahmen der geltenden Rechtsordnung, das Äußern von Sympathie, die einseitige Parteinahme, das Werben um Verständnis für die von politisch oder religiös Gleichgesinnten im Heimatland verfolgten Ziele oder vergleichbare, auf die Beeinflussung des "Meinungsklimas" gerichtete Verhaltensweisen können hingegen noch nicht als Unterstützungshandlungen gewertet werden (vgl. BVerfGE 81, 142 [153]; BVerwGE 109, 12 [19]). Gleiches gilt, wenn eine Vereinigung lediglich die von Terroristen verfolgten politischen oder religiösen Ziele teilt, ohne jedoch die zu ihrer Durchsetzung gewählten terroristischen Mittel zu befürworten (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 481).
(4) Inwieweit die "nicht öffentlichkeitswirksame Befürwortung" terroristischer Mittel eine Unterstützung des Terrorismus darstellen kann, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227 [2281]). Allerdings muss die Befürwortung nicht nur geeignet sein, sondern darüber hinaus auch bezwecken, Terrorakte hervorzurufen. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn die Befürwortung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer oder religiöser Interessen und Ziele als psychische Unterstützung gewertet werden kann, indem sie etwa die Bereitschaft von Terroristen zur Tatbegehung verstärkt (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 484 m.w.N.). Der Nachweis einer "psychischen Unterstützung" durch Förderung der Bereitschaft von Terroristen zur Tatbegehung, sei es durch Schaffung aufhetzender Begleitumstände oder durch das Predigen von Hass und Verachtung gegen Andersdenkende, muss sich regelmäßig auf entsprechende Tatsachen stützen. Dabei kommt es entscheidend auf die von der jeweiligen Vereinigung propagierte Ideologie, etwaige Schriften und sonstige Aussagen ihrer (führenden) Funktionäre an. Bei der Beurteilung ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Lehnt die Vereinigung Gewalt ab, so wird auch eine psychische Unterstützung regelmäßig nicht in Frage kommen.
Damit ist zugleich eine für jedermann nachvollziehbare Grenze zwischen der Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu bilden und sich zu diesen Überzeugungen zu bekennen, diese zu verbreiten, für sie zu werben und andere von ihrer Religion oder Weltanschauung abzuwerben (vgl. BVerfGE 12, 1 [4]; 24, 236 [245]; 105, 279 [294]), kurzum das gesamte Verhalten nach der eigenen Überzeugung auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln (vgl. BVerfGE 32, 98 [106 f.]; 69, 1 [33 f.]; 108, 282 [297]) einerseits und den verfassungsrechtlichen immanenten Schranken der Religions- und Weltanschauungsfreiheit andererseits, der Glaubensfreiheit anderer, der Würde des Menschen, dem verfassungsrechtlichen Gebot der Toleranz und nicht zuletzt dem staatlichen Gewaltmonopol andererseits gezogen (vgl. BVerfGE 32, 98 [108]; 52, 223 [246]; 93, 1 [21]). Diese verläuft regelmäßig dort, wo die Vorstellung eines islamischen Staates der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes unter Wahrung der Bereitschaft zu rechtskonformem Handeln nicht mehr nur kritisch und ablehnend gegenübergestellt, sondern unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols in aggressiv-kämpferischer Weise verfolgt oder gar in die Tat umgesetzt wird (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 -, NVwZ 2003, 986 [989]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]).
Maßgebend ist insoweit ausschließlich das tatsächliche, nach weltlichen Kriterien zu beurteilende Verhalten der Akteure, nicht aber deren religiöse oder weltanschauliche Überzeugung, die zu bewerten dem Staat aufgrund seiner Verpflichtung zu religiös-weltanschaulicher Neutralität verwehrt ist (vgl. BVerfGE 19, 206 [216]; 93, 1 [16 f.]; 102, 370 [394]). Die bloße Überzeugung, Gottes Gebote gingen dem staatlichen Gesetz vor, vermag daher - jedenfalls solange hieraus keine mit der Rechtsordnung in Konflikt tretende Folgerungen im Hinblick auf eine praktische Umsetzung gezogen werden - staatliche Eingriffsmaßnahmen nicht zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]).
bb) Hiervon ausgehend begegnet die auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützte Ausweisungsverfügung - jedenfalls nach gegenwärtiger Erkenntnislage - erheblichen Bedenken. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass angesichts der schwerwiegenden Folgen der Ausweisung unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes hinreichend belastbare Feststellungen bereits im Eilverfahren erforderlich sind und auch in einem summarischen Verfahren auf die Zuordnung von Fakten zu einzelnen Merkmalen der Befugnisnorm nicht verzichtet werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 -, NVwZ 2005, 1053 [1055]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227).
Sowohl die Ausweisungsverfügung als auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hierzu lassen eine hinreichende Aufbereitung der Ermächtigungsgrundlage und ihrer tatbestandlichen Einzelelemente vermissen. Insbesondere haben sie - unabhängig von der insoweit nachrangigen Frage der Mitgliedschaft des Antragstellers bei TJ - nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 (129) "feststehen" muss, dass und zu welchem Zeitpunkt eine Vereinigung terroristische Bestrebungen unterstützt. Diese Entscheidung ist zwar noch zu dem früheren § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG ergangen, der teilweise einen anderen Wortlaut hatte. Sie ist insoweit jedoch auch auf den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG anwendbar. An dem vorgenannten Kriterium ist deshalb entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes weiter festzuhalten (vgl. bereits BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306; VG Augsburg, B. v. 29.8.2005 - Au 1 S 05.326 -, juris; BayVGH, B. v. 18.7.2006 - 19 C 06.1496 -, juris; VGH Kassel, B. v. 10.1.2006 - 12 TG 1911/05 -, NVwZ-RR 2007, 131). Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 54 Nr. 5 AufenthG selbst. Der Begriff der "Schlussfolgerung" im 1. Halbsatz der Bestimmung kann sich schon dem sprachlichen und systematischen Zusammenhang nach nur auf die im 2. Halbsatz geregelte Zugehörigkeit zu der jeweiligen Vereinigung, nicht aber auch auf die erst im 3. Halbsatz angesprochene Frage beziehen, ob die Vereinigung den Terrorismus unterstützt. Wäre letzteres gewollt gewesen, so hätte es nahegelegen, wie folgt zu formulieren: "Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung angehört" ... Dies ist jedoch gerade nicht geschehen. Die statt dessen gewählte Formulierung, "Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört, die den Terrorismus unterstützt", kann daher nur in dem soeben dargelegten Sinne verstanden werden.
Bloße Indizien oder gar Mutmaßungen können mithin nicht genügen. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass eine gesetzliche Ermächtigung zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und für den Betroffenen in gewissem Ausmaß vorhersehbar und berechenbar bleibt (vgl. BVerfGE 56, 1 [12]; 108, 52 [75]; 110, 33 [53 f.]). Daran würde es fehlen, wenn ein Ausländer ausgewiesen werden könnte, ohne dass überhaupt feststeht, ob die Vereinigung, der er mutmaßlich angehört, den Terrorismus unterstützt und er sich in seinem Handeln, etwa durch Distanzierung und Abbruch des Kontakts, hierauf nicht rechtzeitig hat einstellen können (vgl. BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [125]).
Es mag zutreffen, dass eine Verringerung der Anforderungen an die Tatsachenfeststellung auch für die Frage, ob eine Vereinigung den Terrorismus unterstützt, wünschenswert wäre, weil lückenlose Beweise nur mit Schwierigkeiten zu erlangen sind (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 533). Allerdings ist dies in einem freiheitlichen Rechtsstaat nicht machbar. Gerade im Umgang mit ihren mutmaßlichen Feinden muss sich die Überlegenheit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beweisen. Dies kann nur gelingen, wenn sie ihre eigenen Werte und Grundsätze auch in der Zeit der Bedrohung nicht preisgibt.
Die Absenkung der Schwelle für das Eingreifen des Ausweisungstatbestandes gilt deshalb entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ausschließlich für die Frage der Mitgliedschaft oder des Eingebundenseins der betreffenden Person in eine entsprechende Vereinigung, nicht aber auch dafür, ob die Vereinigung selbst den Terrorismus unterstützt. Letzteres muss in jedem Fall feststehen (so auch bereits BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306; BayVGH, B. v. 18.7.2006 - 19 C 06.1496 -, Juris; siehe auch VGH Kassel, B. v. 10.1.2006 - 12 TG 1911/05 -, NVwZ-RR 2007, 131).
Angesichts dessen kann allein der vom Verwaltungsgericht ins Feld geführte Befund, letztlich bestünden keine ernsthaften Zweifel, dass zahlreiche Personen, die terroristische Anschläge in verschiedenen Ländern begangen hätten, aus den Reihen der TJ rekrutiert worden seien bzw. mit ihr in Verbindung gestanden hätten, die lediglich unter Inanspruchnahme der eigenen Überzeugung getroffene, nicht aber auf belastbare Fakten gegründete Annahme, TJ selbst unterstütze den Terrorismus, jedenfalls nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht tragen. Die vom Verwaltungsgericht angeführten 17 Beispielsfälle einer Radikalisierung einzelner Anhänger rechtfertigen für sich allein weder die Feststellung noch die Schlussfolgerung, eine Massenbewegung von weltweit mehreren Millionen Mitgliedern unterstütze den Terrorismus (vgl. bereits BayVGH, B. v. 18.7.2006 - 19 C 06.1496 - juris). Schon angesichts der bloßen Zahl fehlt es sowohl an der Häufigkeit der Vorkommnisse als auch an der Intensität der Erscheinungsformen, um eine Identität von Attentätern und einzelnen Mitgliedern oder zumindest einer hinreichend großen und damit aussagekräftigen Anzahl von Angehörigen dieser Organisation unterstellen zu dürfen. Dies aber wäre Voraussetzung, damit eine (pauschale) Zurechnung überhaupt in Frage kommt (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 18.7.2006 - 19 C 06.1496 - juris). Bei einer Organisation, die international tätig ist und über eine Vielzahl von Anhängern verfügt, kann aus dem Verhalten Einzelner nicht auf eine Grundeinstellung der Gesamtorganisation oder auch nur der Mehrheit ihrer Anhänger geschlossen werden. Insoweit bedarf es vielmehr stets einer situationsbezogenen, nach Sphären (Herkunftsland, westliche Welt, Europa und Bundesrepublik Deutschland) getrennten Betrachtung.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass TJ in der Liste der von der Europäischen Union als terroristisch eingestuften Personen, Vereinigungen und Körperschaften nicht aufgeführt ist (vgl. Anhang zu Art. 1 Gemeinsamer Standpunkt 2009/67/GASP des Europäischen Rates vom 26. Januar 2009, ABI. L 23 v. 27.01.2009, S. 37 ff.). Daraus ist zu schließen, dass insoweit "ernsthafte und schlüssige Beweise oder Indizien" (vgl. zu diesem Maßstab Art. 1 Abs. 4 Satz 1 Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP des Europäischen Rates vom 27. Dezember 2001, ABl. L 344 v. 28.12.2001, S. 93 f.) - jedenfalls - bislang - nicht vorliegen. [...]
Selbst wenn man also entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs für die Beurteilung der Frage, ob TJ den Terrorismus unterstützt, bloße Schlussfolgerungen genügen ließe, käme man vorliegend, bezogen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, zu keinem anderen Ergebnis. Ob TJ den Terrorismus unterstützt, muss vielmehr in Anwendung der oben näher beschriebenen Kriterien - "veranlassen", "fördern" oder "befürworten" - positiv festgestellt werden.
Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht weder hinreichend dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass TJ Dritte zur Begehung terroristischer Taten angestiftet oder solche gar in Auftrag gegeben (veranlasst) hat. Ebenso wenig hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass TJ Beihilfe zu terroristischen Taten geleistet hätte (Förderung). Es hat insoweit lediglich ausgeführt, dass Dritte bei ihren terroristischen Aktivitäten TJ zur Erleichterung ihrer Reise, für Kontakte oder als Anlaufstelle benutzt hätten. Das Verwaltungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass insoweit besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, von einer "Förderung durch Unterlassen" auszugehen. Weder hat es dargelegt, dass TJ Kenntnis von der Nutzung seiner Infrastruktur für terroristische Aktivitäten hatte noch hat es eine entsprechende Rechtspflicht - etwa aus Ingerenz - zum Einschreiten und Unterbinden derartiger Aktivitäten entwickelt. Gleiches gilt insoweit, als das Verwaltungsgericht annimmt, TJ habe die Rekrutierung von "Glaubensbrüdern" durch terroristische Vereinigungen ermöglicht oder jedenfalls nicht verhindert, dass Terroristen das TJ-Netzwerk für ihre Zwecke logistisch oder als Tarnung nutzten.
Auch soweit das Verwaltungsgericht die Behauptung aufstellt, TJ wolle Muslime mit einer entsprechenden Einstellung erreichen und zum Dschihad bewegen, fehlen hinreichend belastbare Feststellungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 -, NVwZ 2005, 1053 [1055]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227). [...]
Soweit im Verfassungsschutzbericht Bayern, 1. Halbjahr 2008, Stand: August, S. 7, unter der Überschrift "Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen gegen Anhänger der TJ" nunmehr erstmals festgestellt wird, TJ unterstütze den Terrorismus, indem sie es terroristischen Organisationen "ermögliche", aus ihren Reihen ideologisierte "Kämpfer" zu rekrutieren, bezieht sich dies offensichtlich auf das vorliegende, im Berichtszeitraum noch anhängige Verfahren und die insoweit vom Antragsgegner vertretene Rechtsauffassung. Erkenntnisse, die eine solche Einschätzung bestätigen könnten, sind dem Senat nicht übermittelt worden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es mangels eigener Erkenntnisquellen der Ausländerbehörden und Gerichte in erster Linie Aufgabe der Sicherheitsbehörden ist, die Tatsachengrundlage für eine Ausweisungsverfügung zu schaffen (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716 u.a., NVwZ 2006, 227 m.w.N.). [...]
In einer derartigen Lage drängt sich die Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob TJ tatsächlich eine Vereinigung ist, die den Terrorismus unterstützt, geradezu auf. [...]
Im Hauptsacheverfahren besteht - nach entsprechender Ergänzung des zugrunde liegenden Bescheides (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 -, DVBl 2008, 392 [394]) und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein "Unterlassen" einem "aktiven Tun" nur dann gleichsteht, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht - zugleich auch Gelegenheit, der im Halbjahresbericht 2008 enthaltenen Feststellung, TJ ermögliche die Rekrutierung von "Kämpfern", auf den Grund zu gehen und eine etwaige Befürwortung terroristischer Straftaten durch TJ eingehend zu prüfen. [...]
Für den Fall einer nachträglichen Ergänzung des angefochtenen Bescheides ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass eine Unterstützungshandlung nur dann den Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt, wenn zugleich auch die eine Unterstützung der Vereinigung, ihre Bestrebungen oder ihre Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer erkennbar und damit zurechenbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [125]). An dieser Zurechenbarkeit fehlt es, wenn der Ausländer nur einzelne, politische, humanitäre oder sonstige (religiöse) Ziele der Organisation, nicht jedoch die Unterstützung des Terrorismus befürwortet und sich von dieser gegebenenfalls auch deutlich distanziert (vgl. BVerwG, U. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [125]). Vorliegend hat der Antragsteller geltend gemacht, mit seinen Aktivitäten nichts anderes im Sinn zu haben, als seinen Glauben zu leben. Politische Ziele habe er nie verfolgt und die Unterstützung terroristischer Aktivitäten liege ihm fern. Angesichts dessen wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls inwieweit der Antragsteller sich Unterstützungshandlungen der TJ für den Terrorismus, sofern sie tatsächlich vorliegen sollten, zurechnen lassen muss. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage einer hinreichenden Distanzierung erneut zu prüfen. [...]
d) Erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ausweisungsverfügung bestehen auch insoweit, als diese auf § 54 Nr. 5 a AufenthG gestützt ist.
aa) Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn er die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder - was vorliegend jedoch nicht in Betracht kommt - sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht.
Für die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland reicht allein die bloße Zugehörigkeit zu einer Vereinigung, die ihrerseits wegen Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der inneren Sicherheit verboten werden kann oder verboten ist, für sich genommen nicht aus (vgl. VGH Kassel, B. v. 10.1.2006 - 12 TG 1911105 -, NVwZ-RR 2007, 131 [132]). Dies folgt unmittelbar aus der Systematik des § 54 AufenthG selbst. Denn nach § 54 Nr. 7 AufenthG erfüllt den Regel-Ausweisungstatbestand ohne weitergehende Feststellungen nur, wer zu den Leitern eines unanfechtbar verbotenen Vereins gehörte. Bei einer sonstigen Betätigung für eine verbotene oder verbietbare Vereinigung muss sich demnach der vereinsrechtliche Verbotsgrund der Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in der Person des Ausländers selbst konkretisiert haben (vgl. VGH Kassel, B. v. 10.1.2006 - 12 TG 1911/05 -, NVwZ 2007, 131 [132]; BayVGH, B. v. 9.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, NVwZ 2006, 1306 [1310]; VGH BW, B. v. 18.11.2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 [34]); der Ausländer muss mit anderen Worten selbst eine Gefahr darstellen (vgl. hierzu auch Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 603 m.w.N.).
Darüber hinaus muss eine auf Tatschen gestützte, nicht lediglich entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts bestehen (vgl. OVG Bremen, B. v. 20.6.2005 - 1 B 128/05 -, NVwZ-RR 2006, 643 [644] m.w.N.). Bloße Vermutungen oder der Verdacht der Verwirklichung eines Gefährdungstatbestandes reichen für die Annahme eines Regelfalls im Sinne des § 54 Nr. 5 a AufenthG nicht aus (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNrn. 587 und 590). Vielmehr erfordert die vom Gesetzgeber vorzunehmende Abwägung der staatlichen Sicherheitsinteressen mit den verfassungsrechtlich schutzwürdigen Belangen der betroffenen Person, dass die mit dem Ausweisungstatbestand abzuwehrende Gefährdung hinreichend konkretisiert sein muss. Der Verdacht einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, eine Beteiligung an Gewalttätigkeiten bei Verfolgung politischer Ziele oder eines öffentlichen Aufrufs zur Gewaltanwendung reicht hierfür noch nicht aus, selbst wenn sich die Annahme auf Tatsachen stützt (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 70 zu § 5 Abs. 4 AufenthG).
Auch das Verfolgen von gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteter Bestrebungen (vgl. hierzu etwa § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG) genügt - sofern es unterhalb der Schwelle einer konkreten Gefährdung verbleibt - nicht, um den Tatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG zu verwirklichen. Im Gegensatz zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist der Sicherheitsschutz im Rahmen des § 54 Nr. 5a AufenthG - anders als bei § 54 Nr. 5 AufenthG - nicht auf die Ebene eines bloßen Gefahrenverdachts vorverlagert (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 590). Das Staatsangehörigkeitsrecht folgt anderen - strengeren - Regeln und Grundsätzen. Es macht in der Tat einen erheblichen Unterschied, ob jemand Aufnahme in die staatlich verfasste Gemeinschaft begehrt oder lediglich deren Gastrecht in Anspruch nehmen möchte. Die in der Entscheidung des BayVGH vom 5. März 2008 - 5 B 05.1449 - entwickelten Maßstäbe und Grundsätze lassen sich daher - schon aufgrund der Verschiedenheit der anzuwendenden Tatbestände - nicht auf das Aufenthaltsrecht übertragen.
In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften über die jedermann treffende Verpflichtung zur Beachtung der Gesetze hinaus (weitere) Loyalitätspflichten nicht auferlegt sind und sie ihr Wirken deshalb auch nicht auf die Ziele des Staates, seine Verfassungsordnung und die dort niedergelegten Werte hin ausrichten müssen (vgl. BVerfGE 102, 370 [395]). Angesichts dessen erscheint die in das Verfahren eingeführte Ausarbeitung des Bayer. Landesamtes für Verfassungsschutz, "Tablighi-Jamaat - eine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ...", nicht unbedenklich. In diese Ausarbeitung sind offenbar Denk- und Argumentationsmuster eingeflossen, die der politischen Treuepflicht des Berufsbeamtentums (vgl. hierzu BVerfGE 39, 334 [346 ff.]) angenähert sind, die sich jedoch auf das Verhältnis von Staat, Religion und Weltanschauung nicht übertragen lassen. Zum Maßstab für das Handeln von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wird die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Gestalt der verfassungsmäßigen Ordnung (vgl. Art. 9 Abs. 2 GG) erst dann, wenn diese danach trachten, ihre hiervon abweichenden Ziele in aggressiv-kämpferischer Weise zu verwirklichen (vgl. BVerwG, U. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 -, NVwZ 2003, 986 [989] - "Kalifatsstaat"; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]).
So kann etwa ein Verhalten die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden, das - glaubensbedingt - die Legitimität der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes bestreitet und eine eigene - religiös fundierte - Ordnung an deren Stelle setzt, die im Konfliktfall demokratische Gesetze nicht befolgt und das staatliche Gewaltmonopol nicht anerkennt und ihre Vorstellungen notfalls mit Gewalt durchzusetzen sucht (vgl. BVerwG, U. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 -, NVwZ 2003, 986 [989] - "Kalifatsstaat"; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]). Gleiches gilt für ein Verhalten, das die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte in schwerwiegender und die Menschenwürde verletzender Weise missachtet (vgl. BVerwG, U. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 -, NVwZ 2003, 986 [990]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]).
Die bloße Ablehnung der realen politischen und sozialen Verhältnisse in der Bundesrepublik ist dagegen schon aufgrund der durch Art. 4 u. 5 GG garantierten Glaubens-, Meinungs- und Weltanschauungsfreiheit nicht geeignet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 615). Letzteres ist vielmehr erst dann der Fall, wenn etwa die Vorstellung eines islamischen (Gottes-) Staates der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes unter Wahrung der Bereitschaft zu rechtskonformem Handeln nicht mehr nur kritisch oder ablehnend gegenübergestellt, sondern die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat sowie der in Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Menschenwürde in aggressiver Weise bekämpft werden (vgl. BVerwG, U. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 -, NVwZ 2003, 986 [989]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]).
Maßgebend ist auch insoweit das tatsächliche, nach weltlichen Kriterien zu beurteilende Verhalten der Akteure, nicht aber ihre religiöse Überzeugung, die zu bewerten dem Staat aufgrund seiner Verpflichtung zu religiös-weltanschaulicher Neutralität verwehrt ist (vgl. BVerfGE 102, 370 [394]). Die bloße Überzeugung, Gottes Gebote gingen dem staatlichen Gesetz vor, vermag daher - jedenfalls solange hieraus keine mit der Rechtsordnung in Konflikt tretende Folgerungen im Hinblick auf eine praktische Umsetzung gezogen werden - staatliche Eingriffsmaßnahmen nicht zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 -, NJW 2004, 47 [48]). Den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist über die jeden Staatsbürger treffende Verpflichtung zur Beachtung der Gesetze hinaus keine (weitere) Loyalitätspflicht auferlegt (vgl. BVerfGE 102, 370 [391; 395]). Ihre Wertvorstellungen müssen daher mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 24.10.2006 - 2 BvR 1908/03 -, DVBl 2007, 119 [1211]).
Da es mithin ausschließlich auf das tatsächliche Verhalten, nicht aber auf die religiöse oder weltanschauliche Überzeugung der Handelnden ankommt, können dem aufgeklärten Betrachter archaisch erscheinende Vorstellungen von der Stellung des Menschen in der Welt, seinem Verhältnis zu transzendentalen Mächten und anderen Religionen, dem Rollenverständnis der Frau und dem Strafrecht die Annahme einer Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht rechtfertigen, solange hieraus keine Folgerungen in Richtung auf eine praktische Umsetzung gezogen werden, die mit der in der Bundesrepublik geltenden Rechtsordnung nicht vereinbar wäre. Nur wenn letzteres der Fall ist, ist es gerechtfertigt, die entsprechend Handelnden auf das Land ihrer Herkunft zu verweisen. Sähe man dies anders, so würde die freiheitlich demokratische Grundordnung auch innerhalb des durch Art. 4 Abs. 1 GG besonders geschützten Bereichs mit einem Absolutheitsanspruch versehen, der ihr nach dem Willen der Verfassung insoweit gerade nicht zukommen soll. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürgerinnen und Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen; es erzwingt diese Werteloyalität jedoch nicht. Unter der Herrschaft des Grundgesetzes bleibt es dem Einzelnen deshalb unbenommen, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen oder gar für sich persönlich abzulehnen, solange er dadurch die Rechtsgüter anderer nicht gefährdet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats v. 24.3.2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, 2069 [2070]).
bb) Hiervon ausgehend haben weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht hinreichend belastbare Feststellungen für das Vorliegen einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch den Antragsteller getroffen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Antragsgegners lediglich festgestellt, dass der Antragsteller als Aktivist der TJ deren Arbeit durch regelmäßige Missionierungstätigkeit und Teilnahme an Veranstaltungen unterstütze, was objektiv geeignet sei, die verfassungsfeindlichen Bestrebungen dieser Organisation "voranzutreiben". [...]
Ebenso wenig kann die vom Verwaltungsgericht unterstellte Tätigkeit des Antragstellers als TJ-Aktivist die Annahme einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung tragen. Die bloße Zugehörigkeit zu einer nach dem Vereinsgesetz möglicherweise verbietbaren Organisation vermag die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - wie bereits dargelegt - nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss sich die befürchtete Gefahr gerade in der Person des betroffenen Ausländers realisieren. Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht keine hinreichend belastbaren Feststellungen getroffen. Dies kann angesichts der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen auch nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens geschehen. Damit steht aber zugleich fest, dass die Frage der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die auf § 54 Nr. 5 a AufenthG gestützte Ausweisungsverfügung nicht allein von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache abhängig gemacht werden darf (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 -, NVwZ 2007, 948 [949 f]; OVG NW, B. v. 15.5.2007 - 18 B 2067/06 -, InfAuslR 2007, 349 [350]). Die Anordnung des Sofortvollzuges der Ausweisungsverfügung ist daher auch insoweit ohne ausreichende Grundlage, als sie sich auf § 54 Nr. 5 a AufenthG stützt.
Ungeachtet dessen erscheint auch die weitere Voraussetzung einer auf Tatsachen gestützten, nicht lediglich entfernten Möglichkeit eines Schadenseintritts (vgl. OVG Bremen, B. v. 20.6.2005 - 1 B 128/05 -, NVwZ-RR 2006, 643 [644] m.w.N.) - jedenfalls nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand - zumindest zweifelhaft. Eine unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende, das Tageslicht der gesellschaftlichen Auseinandersetzung scheuende Gruppierung von rd. 400 Anhängern bundesweit (150 bayernweit, vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2007, S. 50) dürfte mit einem im Wesentlichen nicht öffentlichkeitswirksamen, mehr oder minder internen Propagieren eines islamischen Gottesstaates wohl kaum in der Lage sein, die nötige Breitenwirkung zu erzielen, um die im Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft fest verankerte freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährden zu können. Eine nähere Klärung muss freilich auch hier dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben. Jedenfalls überwiegen derzeit die beruflichen Interessen des Antragstellers an der Fortsetzung seines Studiums die mangels entsprechender Substantiierung nicht greifbaren Gefahren für die durch § 54 Nr. 5a AufenthG geschützten Rechtsgüter.
e) Bedenken bestehen schließlich auch insoweit, als das Verwaltungsgericht davon ausgeht, der Antragsteller habe auch den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt.
aa) Nach dieser Vorschrift wird in der Regel ein Ausländer ausgewiesen, der in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderer Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig sind.
Ob eine Angabe falsch oder unvollständig ist, richtet sich nach dem Erkenntnis- und Verständnishorizont des befragten Ausländers (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2007, § 54 RdNr. 742). Denn die Annahme eines die Ausweisung rechtfertigenden spezial- oder generalpräventiven Ausweisungsinteresses setzt voraus, dass der falsche oder unvollständige Angaben machende Ausländer selbst vollständige Kenntnis vom wahren Sachverhalt hat und auch versteht, wie seine Antwort aufgefasst wird. Nur bewusst falsche oder unvollständige Angaben zu sicherheitsrelevanten Sachverhalten können den Verdacht begründen, der Ausländer wolle aus unlauteren, sicherheitsrelevanten Motiven heraus etwas verbergen (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: 2007, § 54 RdNr. 718). Von Bedeutung ist der Verständnishorizont des Ausländers auch insoweit, als bestimmte Begriffe, beispielsweise der der Mitgliedschaft, mehreren Interpretationen zugänglich sind, so dass die Frage vom Ausländer anders verstanden werden kann als vom Befrager gemeint und umgekehrt (vgl. VGH BW, B. v. 18.11.2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 [32 f.]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227 [229]). Im Rahmen der Beurteilung kann deshalb nicht jede Unvollständigkeit oder Unklarheit der Ausweisung entgegenstehende private Interessen des betroffenen Ausländers zurücktreten lassen. Dies ergibt sich zum einen aus dem in der Vorschrift verwendeten Begriff der "wesentlichen Punkte" und auch aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift, der einen vergleichbaren Unrechtsgehalt unrichtiger oder unvollständiger Angaben mit den sonstigen Fällen des § 54 AufenthG erfordert (vgl. VGH Mannheim, B. v. 18.11.2004 - 13 S 2394/04 -, InfAuslR 2005, 31 [33]; BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717 -, NVwZ 2006, 227 [229]).
bb) Hiervon ausgehend vermag die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe anlässlich der Sicherheitsbefragungen am 12. April und 28. Juni 2006 seine Kontakte zur TJ und seine Mitgliedschaft zu dieser Organisation wahrheitswidrig mit zum Teil spitzfindigen Begriffsinterpretationen verneint, in dem er insbesondere im Fragebogen über die Mitgliedschaft in bestimmten Vereinigungen bei "Tablighi Jamaat (Pakistan)" stets mit "nein" geantwortet habe, die Annahme des Ausweisungstatbestandes des § 54 Nr. 6 AufenthG nicht zu tragen.
Der Antragsteller hat aus seinen religiösen Überzeugungen und dem von ihm vertretenen islamistischen Gedankengut zu keinem Zeitpunkt einen Hehl gemacht. [...] In Abrede gestellt hat er lediglich, dass er "Mitglied" bei TJ sei, weil es sich - jedenfalls bezogen auf sein Erlanger Umfeld - nicht um eine "Organisation" handele und er dort auch niemanden kenne, der sich als Mitglied von TJ bezeichne.
Dies deckt sich zum einen mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts selbst, das TJ auf Seite 17 der Entscheidungsgründe als Vereinigung bezeichnet, in der eine Mitgliedschaft nicht begründet werden könne. [...]
Angesichts der auch vom Verwaltungsgericht festgestellten ambivalenten Struktur von TJ bestehen deshalb keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über seine Verbindungen zu Personen oder Organisationen gemacht hat, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig sind. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass die Frage, ob TJ überhaupt eine Organisation ist, die den Terrorismus unterstützt, nach wie vor als offen betrachtet werden muss und der Klärung in einem Hauptsacheverfahren bedarf. Dort wird zugleich auch zu untersuchen sein, ob der Antragsteller die Frage nach einer Mitgliedschaft bei "Tablighi Jamaat (Pakistan)" aufgrund der im Klammerzusatz beigefügten Ortsangabe überhaupt auf die "Erlanger Gruppe" beziehen konnte oder jedenfalls beziehen musste. Damit ist auch der vom Verwaltungsgericht herangezogene Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht geeignet, die Anordnung des Sofortvollzuges zu rechtfertigen.
cc) Dessen ungeachtet fehlt es im Hinblick auf diesen Ausweisungsgrund auch an einer Begründung für die besondere Eilbedürftigkeit. Der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht haben die Anordnung der sofortigen Vollziehung alleine auf die Gefahrengründe des § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG gestützt. An einer auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG abgestimmten Begründung fehlt es hingegen.
2. Die auf 54 a AufenthG gestützten weiteren Anordnungen (Meldepflicht, Beschränkung des Aufenthalts) im Bescheid vom 22. Dezember 2006 (Ziff. 4 und 5) haben aufgrund der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung vorläufig keine Grundlage mehr und können daher ebenfalls nicht vollzogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2005 - 24 CS 05.1716 u. 1717 -, NVwZ 2006, 227 [229]), ohne dass es insoweit einer zusätzlichen Darlegung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO bedurfte. Dem Antragsgegner bleibt allerdings unbenommen, die dem Antragsteller zu erteilende Fiktionsbescheinigung (vgl. dazu unten 3.) mit entsprechenden Auflagen (§ 12 Abs. 2 AufenthG) zu versehen.
3. Die Beschwerde hat des Weiteren auch hinsichtlich der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) der Versagung der Verlängerung der beantragten Aufenthaltserlaubnis Erfolg. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist insoweit zulässig und auch begründet, so dass über den hilfsweise gestellten Antrag nach § 123 VwGO nicht zu entscheiden ist.
a) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Fortbestandsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG ausnahmsweise auch dann eingreifen, wenn der Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels - wie hier - erst nach Ablauf der Geltungsdauer des Titels und damit verspätet gestellt wird (vgl. OVG NW, B. v. 23.3.2006 - 18 B 120/06 -, InfAuslR 2006, 448; VG Darmstadt, B. v. 29.8.2005 - 5 G 1234/05 (3) -, InfAuslR 2005, 467 f.). Voraussetzung ist, dass zwischen dem Ablauf der Geltungsdauer des Titels und dem Antrag ein innerer Zusammenhang gewahrt, mit anderen Worten die Verspätung nur geringfügig ist und kein Fall des Missbrauchs vorliegt (vgl. OVG NW, B. v. 23.3.2006 - 18 B 120/06 -, InfAuslR 2006, 448; VG Darmstadt, B. v. 29.8.2005 - 5 G 1234/05 (3) -, InfAuslR 2005, 467 f.). Dies ist vorliegend der Fall. Die Antragstellung datiert vom 20. Dezember 2006; die Aufenthaltserlaubnis lief am 12. Dezember 2006 ab.
Damit steht der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nichts entgegen (vgl. OVG NW, B. v. 23.3.2006 - 18 B 120/06 -, InfAuslR 2006, 448; VG Darmstadt, B. v. 29.8.2005 - 5 G 1234/05 (3) -, InfAuslR 2005, 467).
b) Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist auch begründet. Trotz des grundsätzlichen Vorrangs des Vollzugsinteresses bei kraft Gesetzes angeordnetem Sofortvollzug kann das Suspensivinteresse des Betroffenen überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 11.5.2007 - 2 BvR 2483/06 -, NVwZ 2007, 1302 [1304] m.w.N.). Ein solches überwiegendes Suspensivinteresse ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Vollzug eines Verwaltungsakts vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zunichte macht und die Rechtsfragen, welche bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des sofort vollziehbaren Verwaltungsakts zu beantworten sind, weder höchstrichterlich entschieden noch in Rechtsprechung und Literatur weitgehend einheitlich beantwortet worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 11.5.2007 - 2 BvR 2483/06 -, NVwZ 2007, 1302 [1304]).
So verhält es sich hier. Die Frage, ob die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zwingend zu versagen ist, weil Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG entgegenstehen, ist in Bezug auf die Vereinigung Tablighi Jamaat weder höchstrichterlich entschieden noch wird diese Frage in Rechtsprechung und Literatur einheitlich beantwortet. Liegt - wie hier - ein solcher Fall vor, so bedarf es, soll der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung keinen Erfolg haben, eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 11.5.2007 - 2 BvR 2483/06 -, NVwZ 2007, 1302 [1304]). Ein solches auf die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bezogenes besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung haben jedoch weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht dargelegt. Damit ist die aufschiebende Wirkung der Klage auch insoweit anzuordnen. Gleiches gilt mit Blick auf die in Ziffer 3 des Bescheides vom 22. Dezember 2006 ausgesprochene Abschiebungsandrohung. [...]