LG Hamburg

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Zitieren als:
LG Hamburg, Beschluss vom 27.02.2009 - 310 T 5/09 - asyl.net: M15134
https://www.asyl.net/rsdb/M15134
Leitsatz:

Die Anordnung von Verbringungshaft gem. § 59 Abs. 2 AsylVfG dient ausschließlich der Durchsetzung der Verlassenspflicht, so dass sie unverhältnismäßig ist, wenn nicht belegt ist, dass der Ausländer sich der Durchsetzung der Verlassenspflicht widersetzen würde, auch wenn zu befürchten ist, dass er künftig erneute Verstöße gegen die räumliche Beschränkung begehen wird.

 

Schlagwörter: D (A), Verbringungshaft, räumliche Beschränkung, Verhältnismäßigkeit, Verlassenspflicht
Normen: AsylVfG § 59 Abs. 2; AufenthG § 12 Abs. 3
Auszüge:

Die Anordnung von Verbringungshaft gem. § 59 Abs. 2 AsylVfG dient ausschließlich der Durchsetzung der Verlassenspflicht, so dass sie unverhältnismäßig ist, wenn nicht belegt ist, dass der Ausländer sich der Durchsetzung der Verlassenspflicht widersetzen würde, auch wenn zu befürchten ist, dass er künftig erneute Verstöße gegen die räumliche Beschränkung begehen wird.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist, wie auch die Beteiligte nicht mehr in Abrede nimmt, rechtswidrig ergangen, so dass die darauf beruhende Inhaftierung des Betroffenen zur Durchsetzung der Verlassenspflicht ebenfalls rechtswidrig gewesen ist.

Zwar war dem Betroffenen am 21/22.01.2009 - zum wiederholten Mal - ein Gebietsverstoß anzulasten, so dass eine Verlassensverpflichtung gemäß § 12 Abs. 3 AufenthG bestand. Auch kann zur Durchsetzung der räumlichen Beschränkungen grundsätzlich gemäß § 59 Abs. 2 AsylVfG die Verbringungshaft angeordnet werden. Jedoch haben im vorliegenden Fall die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht vorgelegen.

Die Anordnung der Haft nach § 59 Abs. 2 AsylVfG setzt voraus, dass die freiwillige Erfüllung der Verlassenspflicht nicht gesichert ist und anderenfalls deren Durchsetzung wesentlich erschwert oder gefährdet würde. Die Vorschrift dient ausschließlich dem Zweck der Durchsetzung der Verlassenspflicht nach § 12 Abs. 3 AufenthG. Sie stellt keine Sanktion für einen Gebietsverstoß dar und ist auch nicht schon dann anzuordnen, wenn aufgrund des Verhaltens des Ausländers angenommen werden kann, dass er sich auch zukünftig an die räumliche Beschränkung halten wird. § 59 Abs. 2 AsylVfG setzt vielmehr voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass der Asylbewerber seiner Verlassenspflicht nicht freiwillig nachkommt und ohne die Anordnung der Haft sich auch einem unmittelbaren Zwang entziehen würde (Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vorn 28.01.2009, Az. 2 Wx 1/09).

Im vorliegenden Fall war die Anordnung von Verbringungshaft nicht erforderlich und damit zur Durchsetzung der Verlassenspflicht unverhältnismäßig. Zwar hat der Betroffene durch seine Äußerungen in der amtsgerichtlichen Anhörung auch bestätigt, dass er nicht bereit ist, sich vollen Umfangs an die ihm auferlegte Gebietsbeschränkung zu halten. Jedoch ist durch nichts belegt, dass sich der Betroffene der Durchsetzung der Verlassenspflicht in einer Weise widersetzt hätte, dass eine Freiheitsentziehung zum Zwecke der Durchsetzung der Verlassenspflicht erforderlich gewesen wäre.

Dass am 21.01.2009 eine Aufforderung, Hamburg zu verlassen und ohne schuldhaftes Zögern nach Neustrelitz zurückzukehren, ergangen ist und der Betroffene dies gleichwohl verweigert hat, macht auch die Beteiligte nicht geltend. In der amtsgerichtlichen Anhörung hat der Betroffene erklärt, dass er nach Hamburg komme und gehe. In dieser Situation wäre allenfalls eine unverzügliche, gegebenenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwanges als schonendes Mittel vorzunehmende Verbringung etwa zu einem in Richtung Neustrelitz verkehrenden Verkehrsmittel zulässig gewesen, nicht aber eine mehrtägige Inhaftierung (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, a.a.O.). [...]