VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Beschluss vom 03.03.2009 - 8 AE 52/09 - asyl.net: M15137
https://www.asyl.net/rsdb/M15137
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Verordnung Dublin II, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Zustellung, Ablehnungsbescheid, unzulässiger Asylantrag, Abschiebungsandrohung, vorbeugender Rechtsschutz, Anhörung, Selbsteintrittsrecht, Überstellungfrist
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AsylVfG § 24 Abs. 4; AsylVfG § 31 Abs. 1; AsylVfG § 27a; AsylVfG § 34a; EG VO Nr. 343/2003 Art. 3 Abs. 2; EG VO Nr. 343/2003 Art. 20 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.

Das Gericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21. August 2008 im Verfahren AE 368/08 verpflichtet, die beabsichtigte Überstellung des Antragstellers nach Griechenland vorläufig für die Dauer von sechs Monaten zu unterlassen. Nachdem die angeordnete Frist am 21. Februar 2009 abgelaufen ist und die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf dessen Anfrage mit Schreiben vom 12. Februar 2009 mitgeteilt hat, dass nach Ablauf der vom Gericht angeordneten Frist das Überstellungsverfahren nach Griechenland fortgesetzt werden soll, liegt der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund vor.

Die Sach- und Rechtslage hat sich nach Erlass des vorgenannten Beschlusses vom 21. August 2008 und den erfolglos gebliebenen Abänderungsanträgen der Antragsgegnerin nicht geändert. Die Antragsgegnerin ist bislang ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, dem Antragsteller unverzüglich eine Entscheidung über seinen Asylantrag zuzustellen (vgl. §§ 24 Abs. 4, 31 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG), in der Sachakte befindet sich zwar in fertiger Entwurf eines Bescheides vorn 8. Juli 2008, in dem der Asylantrag nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und dem Antragsteller die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 34 a AsylVfG angedroht wird (vgl. Bl. 78 f. der SA), aber entgegen der Ankündigung im Schreiben vom 11. August 2008 (vgl. Bl. 82 der SA) ist dieser Bescheid dem Antragsteller bislang nicht zugestellt worden (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG).

Solange dem Antragsteller aber kein Bescheid zugestellt wird, kann die vom Gericht in seinen vorangegangenen Beschlüssen vorläufig vertretene Rechtsauffassung, wonach die Antragsgegnerin durch die ausführliche Anhörung des Antragstellers zu seinen Asylgründen und seinem Verfolgungsschicksal nach Art. 3 Abs. 2 EG-AsylZustVO für die Prüfung des Asylbegehrens zuständig geworden ist, nicht in einem Hauptsacheverfahren überprüft werden. Im vorliegenden Eilverfahren jedenfalls hält das Gericht an seiner vorläufigen Rechtsauffassung fest. Deshalb kann an dieser Stelle die sich nunmehr zusätzlich aufdrängende Frage offenbleiben, ob die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland inzwischen ohnehin gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 EG-AsylZustVO begründet worden ist, weil seit dem Beschluss vom 21. August 2008 mehr als sechs Monate vergangen sind, ohne dass eine Überstellung des Antragstellers nach Griechenland stattgefunden hat (vgl. hierzu Vorabentscheidung des EuGH v. 29.01.2009, C-19/08 in Juris).

Der von der Antragsgegnerin gestellte Antrag nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO steht denn Erlass der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 8 AE 71/09 verwiesen. [...]