OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.02.2009 - 13 PA 159/08 - asyl.net: M15308
https://www.asyl.net/rsdb/M15308
Leitsatz:

Der tatsächliche Aufenthalt eines Ausländers kann im Rechtssinne erst dann zum gewöhnlichen Aufenthalt werden, wenn ausländerrechtlich davon auszugehen ist, dass der Ausländer auf unabsehbare Zeit dort bleiben kann (im Anschluss an VGH Mannheim, Beschl. v. 15.08.2008 - 11 S 1443/08 -, juris).

 

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, gewöhnlicher Aufenthalt, Wohnsitzauflage, tatsächlicher Aufenthalt
Normen: VwGO § 166; ZPO § 114; VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 3a; SGB I § 30 Abs. 3 S. 2
Auszüge:

Der tatsächliche Aufenthalt eines Ausländers kann im Rechtssinne erst dann zum gewöhnlichen Aufenthalt werden, wenn ausländerrechtlich davon auszugehen ist, dass der Ausländer auf unabsehbare Zeit dort bleiben kann (im Anschluss an VGH Mannheim, Beschl. v. 15.08.2008 - 11 S 1443/08 -, juris).

(Amtlicher Leitsatz)

 

[...]

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Ihre Klage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). [...]

Es spricht zunächst Überwiegendes dafür, dass der Beklagte als Ausländerbehörde (§ 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 2 Nr. 1 AllgZustVO-Kom) für das Begehren der Kläger passiv legitimiert und örtlich noch zuständig ist, auch wenn sie seit geraumer Zeit nach G. verzogen sind. Örtlich zuständige Behörde ist gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG diejenige, in deren Bezirk die Kläger ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" haben oder zuletzt hatten. Durch ihren Umzug nach G. und die dortige Anmeldung am 1. Juli 2007 haben die Kläger im Rechtssinne keinen gewöhnlichen Aufenthalt in G. begründet und können diesen auch, solange die ihnen vom Beklagten erteilte Wohnsitzauflage fortbesteht, außerhalb Niedersachsens nicht begründen. In Anlehnung an die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Im Fall von Ausländern ist hierfür Voraussetzung, dass dieses nicht nur vorübergehende Verweilen nach den Vorschriften des Ausländerrechts zulässig ist. Der tatsächliche Aufenthalt eines Ausländers kann im Rechtssinne mithin erst dann zum gewöhnlichen Aufenthalt werden, wenn ausländerrechtlich davon auszugehen ist, dass der Ausländer auf unabsehbare Zeit dort bleiben kann (VGH Mannheim, Beschl. v. 15.8.2008 - 11 S 1443/08 -, juris). Daran fehlt es im Falle der Kläger, weil deren Wohnsitz nach wie vor ausländerbehördlich auf das Gebiet des Beklagten beschränkt ist (vgl. § 12 Abs. 3 AufenthG). Auf die dem Kläger zu 1 seit dem 11. April 2007 und auch noch nach der Ablehnung des Antrages auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis durch Bescheid vom 18. Juni 2007 offenbar versehentlich erteilten nicht wohnsitzbeschränkten Fiktionsbescheinigungen (§ 81 Abs. 5 AufenthG) kommt es insoweit nicht an, weil spätestens mit der gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sofort vollziehbaren Ablehnung des Verlängerungsantrages dessen frühere Fiktionswirkung eines erlaubten und vorübergehend wohnsitzunbeschränkten Aufenthaltes (§ 81 Abs. 4 AufenthG) erloschen ist. [...]