Der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG erfasst nur den Bezug von Leistungen nach dem SGB XII, nicht aber von Leistungen nach SGB II.
Der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG erfasst nur den Bezug von Leistungen nach dem SGB XII, nicht aber von Leistungen nach SGB II.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sie in dem Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre (§ 161 Abs. 2 VwGO).
Die Verfügung vom 12.08.2008, mit dem der Antrag der Antragstellerin vom 05.10.2007 auf Verlängerung der ihr zur Familienzusammenführung mit ihrem Ehemann erteilten Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden ist, begegnet rechtlichen Bedenken. Im Falle der Antragstellerin dürfte ihr Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 3 AufenthG verletzt sein. [...]
Zwar ist die Behörde bei ihrer Entscheidung zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die begehrte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 3 AufenthG abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Regelfall die Sicherung des Lebensunterhalts des Ausländers voraussetzt, auch bei ungesichertem Lebensunterhalt der Antragstellerin in ihrem Ermessen steht. Unzutreffend ist indessen ihre daran anknüpfende Erwägung, dass der Bezug von Mitteln nach dem SGB II als Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG grundsätzlich der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin entgegenstehe und diese damit nur unter den vorliegend nicht gegebenen Voraussetzungen eines Ausnahmefalls möglich sei. Da vieles dafür spricht, dass der Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nur den Bezug von Sozialhilfeleistungen nach SGB XII, nicht aber von Leistungen nach SGB II erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2008 - 1 C 32.07 -), besteht ein solches, von der Antragsgegnerin angenommenes Regel-Ausnahmeverhältnis bei der Entscheidung nach § 30 Abs. 3 AufenthG über die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nicht. Es bedarf aufgrund der Ermächtigung der Ausländerbehörde, von der Regelerteilungsvoraussetzung des gesicherten Lebensunterhalts nach Ermessen abzusehen (§ 30 Abs. 3 AufenthG) gerade nicht des nach der Gesetzessystematik des § 5 Abs. 1 AufenthG ansonsten erforderlichen Vorliegens eines durch besondere Umstände gekennzeichneten Ausnahmefalls. Vielmehr ist die Ausländerbehörde aufgrund Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG als wertentscheidender Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet, bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d. h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris). Als Ergebnis einer solchen Abwägung, die die Ausländerbehörde im Falle der Antragstellerin pflichtwidrig unterlassen hat. erweist sich die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur dann als rechtmäßig, wenn die Unterbindung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zum verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und auch angemessen ist. [...]