Die Prüfung der erforderlichen Deutschkenntnisse für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung kann in der Regel durch die Ausländerbehörde anlässlich einer Vorsprache des Ausländers erfolgen; es spricht vieles dafür, dass die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nur dann gem. § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen steht, wenn das Bundesamt sich ausdrücklich auf § 30 Abs. 3 AsylVfG beruft; es bleibt offen, ob § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG gem. § 10 Abs. 3 S. 3 AufenthG im Falle eines Soll-Anspruches nicht anwendbar ist.
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Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
Bei Anlegung dieses Maßstabs ist hier die begehrte Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand ist zumindest offen, ob der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG hat. [...]
Soweit die Beklagte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (1 B 84/09 HAL) geltend gemacht hat, die Erteilung eines Aufenthaltstitels scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger bislang nicht dargetan habe, dass er über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse verfüge, steht dies der Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren nicht entgegen. [...]
Schon der Umstand, dass der Kläger seit rund 13 Jahren im Bundesgebiet lebt, spricht dafür, dass er diese verhältnismäßig geringen Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus kann eine Überprüfung des Kenntnisstands in aller Regel ohne Probleme durch die Ausländerbehörde anlässlich einer Vorsprache erfolgen (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II - 104a RdNr. 34). Dass eine solche Vorsprache stattgefunden und zum Nachteil des Klägers verlaufen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Möglichkeit, das persönliche Erscheinen des Klägers in der mündlichen Verhandlung anzuordnen und in diesem Rahmen die mündlichen Deutschkenntnisse des Klägers anhand der oben dargestellten Kriterien zu prüfen.
Für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG ist es auch ohne Belang, dass der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt Leistungen nach dem AsylbLG erhält und damit sein Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Dieser Umstand ist gemäß § 104a Abs. 5 AufenthG nur für die Verlängerung der bis zum 31.12.2009 befristeten Aufenthaltserlaubnis von Bedeutung. Die mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Lebensunterhalt nach diesem Stichtag gesichert sein wird, ist entgegen der Annahme der Beklagten rechtlich ohne Bedeutung.
Zumindest offen erscheint auch die Frage, ob der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegensteht, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 12.03.1996 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Da die hier in Rede stehende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 Satz 3, Teilsatz 2 AufenthG als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des AufenthG gilt, dürfte die Ablehnung eines Asylantrags der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht entgegenstehen. Für den Fall, dass der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde, bestimmt § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG dass dem Ausländer vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden darf. Das Bundesamt hat zwar eine Offensichtlichkeitsentscheidung getroffen, diese allerdings in der Begründung des Bescheids nicht auf § 30 Abs. 3 AsylVfG, sondern ausschließlich auf § 30 Abs. 1 AsylVfG gestützt. Nach der im Widerspruchsbescheid zitierten Rechtsprechung des OVG MV (Beschl. v. 31.01.2007 - 2 0 109/06 -, InfAuslR 2008, 208) und des OVG Hamburg (Beschl. v. 02.07.2007 - 4 Bf 290106 - Juris) soll die Sperrwirkung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nur dann eintreten, wenn das Bundesamt zur Begründung des Offensichtlichkeitsausspruchs auf einen der Tatbestände des § 30 Abs. 3 AufenthG Bezug nimmt. In diese Richtung deutet auch die Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37.07 - DVBl 2009, 592). Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall lag zwar anders. Das Bundesamt stützte sich zur Begründung des Offensichtlichkeitsausspruchs auf § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG, so dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (ohne weiteres) Anwendung fand. Das BVerwG hat in dieser Entscheidung allerdings klargestellt, dass es für die Anwendung von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ohne Bedeutung sei, ob das Bundesamt zu Recht auf diese Vorschrift abgestellt habe. Das unterscheide die Gesetz gewordene Fassung der Vorschrift von dem materiellrechtlich orientierten Referentenentwurf, der zu einer inzidenten Prüfung durch die Ausländerbehörde geführt hätte und deshalb modifiziert worden sei. Ohne Bedeutung dürfte es deshalb sein, ob sich das Verhalten des Klägers ungeachtet der Begründung des Bundesamtsbescheids unter einen der Tatbestände des § 30 Abs. 3 AufenthG subsumieren lässt. Der Bayerische VGH (Urt. v. 06.03.2008 - 10 B 06.2961 -, Juris) vertritt zwar eine gegenteilige Auffassung und lässt es für die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genügen, wenn aus der Begründung des Bundesamtsbescheids auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG eindeutig erkennbar wird, dass der Antragsteller das Asylverfahren in einer vom Gesetzgeber missbilligten Art und Weise in Anspruch genommen hat. Welcher Auffassung zu folgen ist, kann nicht abschließend im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantwortet werden, sondern muss der näheren Prüfung im Klageverfahren vorbehalten bleiben.
Unabhängig davon ist bislang auch nicht abschließend geklärt, ob in den Fällen des § 104a AufenthG die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zur Anwendung kommt. Danach finden die Sätze 1 und 2 des § 10 Abs. 3 AufenthG im Fall eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keine Anwendung. Zwar soll nach der Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG bei Sollvorschriften wie § 104a Abs. 1 AufenthG nicht gelten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 08.12.2008 - 13 PA 145108 - Juris, m. w. Nachw.; Hess. VGH, Beschl. v. 27.05.2008 - 9 A 452/08 - AuAS 2008, 268). Allerdings hat das BVerwG in drei Fällen die Revision zugelassen, um zu klären, ob die Sollvorschrift des § 104a Abs. 1 AufenthG einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG vermitteln kann (vgl. Beschlüsse vom 01.09.2008 - 1 B 18.08 [1 C 23.08] - und vom 27.08.2008 - 1 B 15.08 [1 C 20.08] u.a. -, Juris). [...]