VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Urteil vom 01.09.2009 - 4 A 30/09 - asyl.net: M16052
https://www.asyl.net/rsdb/M16052
Leitsatz:
Schlagwörter: Serbien, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, multiple Erkrankungen, Epilepsie, Nierenerkrankung, Schmerzerkrankung, Schutz von Ehe und Familie, medizinische Versorgung, Familienangehörige
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Die zulässige Klage ist begründet. [...]

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG bezüglich Serbiens vorliegen. [...]

Nach diesen Kriterien ist der Klägerin Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG zu gewähren. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gewonnene persönliche Gesamteindruck hat zur Überzeugung des Gerichts gezeigt, dass bei ihr zwischenzeitlich ein multiples Krankheitsbild vorliegt, welches zu einem äußerst angegriffenen Gesundheitszustand geführt hat. Neben ihrer epileptischen Erkrankung leidet sie an chronischen Nierenproblemen, befindet sich deshalb in einer akuten Schmerzbehandlung und musste sich auch einer Knieoperation unterziehen, deren Nachbehandlung anhält. Hinzu kommen die sich in der mündlichen Verhandlung offenbarten schweren Depressionen der Klägerin mit Ängsten, Verunsicherung, Ausweg- und Hilflosigkeit. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts dringend und unabdingbar auf die Obhut und Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Nach dem gewonnenen persönlichen Gesamteindruck ist die Klägerin trotz ihres Alters von heute 25 Jahren als alleinstehende und alleinerziehende Mutter unselbständig und lebt noch zusammen mit ihren Eltern, auf deren Fürsorge und Unterstützung (insbesondere der Mutter) sie zwingend angewiesen ist. Dieser erforderliche familiäre Rückhalt ist für die Klägerin im Falle einer Rückkehr nach Serbien nicht gewährleistet. Denn ihre Eltern werden ein Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland erhalten, da deren minderjährige Tochter Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG zuerkannt wurde (vgl. Urt. des erkennenden Gerichts vom 01.09.2009 - 4 A 29/09 -) und der Schutz der Familie nach Art. 6 GG zu ihren Gunsten eingreift. Die Klägerin hat auch glaubhaft bekundet, dass sonstige Familienangehörige in Serbien nicht leben, auf deren Unterstützung sie ggf. als alleinstehende und alleinerziehende Mutter zurückgreifen könnte. Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich im Falle einer Trennung von ihren Eltern und einer Rückkehr nach Serbien der bereits stark angegriffene Gesundheitszustand der Klägerin gravierend verschlechtern würde. Insbesondere besteht für die Klägerin die konkrete erhebliche und extreme Gefahr eines psychischen Zusammenbruchs und einer Selbstaufgabe, wenn nicht sogar des Suizids (wie bereits ein Suizidversuch im Jahre 2002 gezeigt hat). Angesichts dessen könnte diese Gefährdungslage auch im Falle einer Registrierung in Serbien und einer dortigen medizinischen Versorgung nicht verhindert werden. [...]