OVG Niedersachsen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Urteil vom 15.09.2009 - 11 LC 287/08 - asyl.net: M16142
https://www.asyl.net/rsdb/M16142
Leitsatz:

Nach der Aufhebung des Haftantrags ex tunc erweist sich die tatsächlich durchgeführte Abschiebungshaft als von Anfang an rechtswidrig und es besteht kein Anspruch gegenüber dem Kläger auf Erstattung der Abschiebungskosten.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Abschiebungskosten
Normen: AufenthG § 66 Abs. 1, AufenthG § 67 Abs. 1, AufenthG § 67 Abs. 3, FGG § 13a Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist zu ändern und der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21. August 2007 ist vollständig aufzuheben, denn er ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage des Bescheides sind §§ 66 Abs. 1 i.V.m. 67 Abs. 1, 3 AufenthG. Danach hat ein Ausländer die Kosten zu tragen, die bei Durchsetzung seiner Abschiebung entstehen.

Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der erhobenen Kosten für eine Abschiebungshaft die Verwaltungsgerichte inzident auch die Rechtmäßigkeit der Abschiebungshaft zu überprüfen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.6.2005 - 1 C 15.04 - BVerwGE 124, 1 = NVwZ 2005, 1433; juris, Rn. 27 einerseits und Urt. d. Sen. v. 22.2.2007 - 11 LB 304/05 - andererseits).

Das Landgericht Lüneburg hat in seiner Beschwerdeentscheidung vom 28. Februar 2006 nämlich den die Abschiebehaft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 16. Februar 2006 mit Wirkung ex tunc aufgehoben. Dieses ergibt sich aus Folgendem:

Der Vertreter der Ausländerbehörde hat im Termin vor dem Landgericht seinen Haftantrag ohne zeitliche Eingrenzungen zurückgenommen. Das Landgericht hat dieses als eine umfassende Rücknahme bewertet, was aus seinen Ausführungen folgt, die "Grundlage" des Haftbeschlusses des Amtsgerichts Lüneburg sei damit entfallen. Dementsprechend hat das Landgericht in seinem Beschluss vom 28. Februar 2006 ebenfalls keine weiteren zeitlichen Einschränkungen vorgenommen. Seine Wortwahl, der Beschluss des Amtsgerichtes sei "ersatzlos" aufzuheben, bestätigt, dass das Landgericht den Beschluss in seiner Gesamtheit und damit ex tunc aufgehoben hat. Die weitere Entscheidung im Beschluss des Landgerichts, dem Kläger seine Auslagen nicht zu erstatten, ist eine Billigkeitsentscheidung, die den zuvor getroffenen Ausspruch des Landgerichts zur ersatzlosen Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts nicht in Frage stellen kann. Ist aber der Beschluss des Amtsgerichts vom 16. Februar 2006 in seiner Gesamtheit ex tunc aufgehoben worden und liegt (gar) kein Antrag auf Abschiebehaft (mehr) vor, erweist sich die tatsächlich durchgeführte Abschiebungshaft als von Anfang an rechtswidrig und besteht kein Anspruch gegenüber dem Kläger auf Erstattung der Abschiebungskosten. [...]