Vorläufige Untersagung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland.
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Der einstweilige Rechtsschutz ist nicht nach § 34a Abs. 2 AsylVfG ausgeschlossen. Zwar kann nach dem Wortlaut dieser Vorschrift der Vollzug einer Abschiebungsanordnung nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Der Ausschluss des Eilrechtsschutzes in Fällen einer "Dublin-Überstellung" ist aber europarechtswidrig. § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist im Rahmen des Art. 19 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag zuständig ist vom 18.02.2003 (ABl. L 50 S. 1) - Dublin II-VO -, nicht anwendbar. Eine Überstellungsentscheidung nach Art. 19 Abs. 1 der Dublin II-VO bedarf gem. Art. 19 Abs. 2 Satz 1 einer Begründung und kann gem. Satz 2 der Vorschrift mit einem Rechtsbehelf angegriffen werden. Zwar hat nach Satz 3 ein, gegen eine nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung getroffene Entscheidung eingelegter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist. § 80 Abs. 5 VwGO ermöglicht es jedoch, in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung einer gegen eine Überstellungsentscheidung nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 gerichteten Klage anzuordnen. Dies ergibt sich auch aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes und dem Recht auf eine wirksame Beschwerde bei einer unabhängigen und unparteiischen Instanz nach Art. 13 EMRK. Es ist bereits denkgesetzlich ausgeschlossen, § 34 a Abs. 2 AsylVfG, der zum 01. Juli 1993 in Kraft getreten ist, auf die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 anzuwenden. Zwar gehört diese Vorschrift zum vom Gemeinschaftsgesetzgeber vorgefundenen Bestand des nationalen Asylverfahrensrechts. Es hat diese Vorschrift jedoch nicht in Bezug genommen und den Geltungsbereich der Verordnung für anwendbar erklärt. Einer solchen Anwendungsanordnung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber hätte es jedoch zwingend bedurft, um § 34a Abs. 2 AsylVfG im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 Geltung zu verschaffen. Es ist auch gemeinschaftsrechtlich nicht zulässig, von einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehenen Rechtsbehelfe durch Rückgriff auf nationales Recht ihrer verfahrensrechtlichen Wirkung zu berauben. Im Übrigen gebietet es Art. 19 Abs. 4 GG, Betroffenen vor einer Überstellung in einen anderen Dublin-Staat die Möglichkeit zu eröffnen, in einem Eilverfahren überprüfen zu lassen, ob tatsächlich eine Zuständigkeit des betreffenden Staates gegeben ist bzw. ein Selbsteintrittsanspruch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland aus humanitären oder familiären Gründen (vgl. Art. 3 Abs. 3 und Art. 15 Dublin II-VO) besteht. Auch aus Art. 39 Abs. 3 der Richtlinie 2005/85/EG (sogenannte Asylverfahrensrichtlinie) ergibt sich, dass gegen eine Dublin-Überstellung ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung möglich sein muss. Art. 39 der RL 2005/85/EG gilt auch für Dublin-Verfahren, da es sich auf die Asylbewerber allgemein bezieht. Auch derjenige, der einen Asylantrag bei dem - später als unzuständig qualifizierten - Staat stellt, hat einen Asylantrag gestellt. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO. Danach hat jeder abgelehnte Antragsteller das Recht auf einen "wirksamen Rechtsbehelf". Nach dem Art. 39 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2005/85/EG kann der Mitgliedstaat die Frage regeln, ob Rechtsbehelfe generell aufschiebende Wirkung haben. Nach Art. 39 Abs. 3 lit. b hat der Mitgliedstaat aber die Möglichkeit eines Rechtsmittels oder einer Sicherungsmaßnahme für den Fall zu gewährleisten, dass ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Eine Regelung, wie die des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist damit nicht vereinbar.[...]