OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 21.12.2009 - 8 LA 219/09 [= ASYLMAGAZIN 2010, S. 79 f.] - asyl.net: M16561
https://www.asyl.net/rsdb/M16561
Leitsatz:

Zum Widerruf eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Kosovo: Bei einer zeitlich befristeten Kostenübernahmeerklärung von zwei Jahren lässt sich regelmäßig eine fortbestehende Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht mehr feststellen. Denn es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, der Ausländer sei auch dann unverändert auf eine Behandlung angewiesen, aber nicht in der Lage, evtl. benötigte Medikamente aus eigenen Mitteln zu erwerben oder von dritter Seite, insbesondere durch Zuwendungen von Verwandten, oder im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsversorgung zu erhalten.

Schlagwörter: Kostenübernahme, Medikamente, Kosovo, Widerruf eines Abschiebungsverbots, erhebliche konkrete Gefahr
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Es ist schon sehr zweifelhaft, ob es auf die von den Beteiligten erörterte Versorgungslage im Kosovo überhaupt ankommt. Streitgegenstand ist der Widerruf der in dem Bescheid der Beklagten vom 5. April 2006 getroffenen Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Serbien und Montenegro vorliegt. Zu dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts handelte es sich bei Serbien, Montenegro und dem Kosovo jeweils um eigenständige Staaten. Es ist deshalb unklar, ob sich die widerrufene Feststellung nunmehr überhaupt (auch oder nur) auf den Kosovo bezieht. Selbst wenn man hiervon von ausgeht, kommt der insoweit aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie lässt sich nicht fallübergreifend beantworten. Vielmehr hängt es jeweils vom Einzelfall, nämlich etwa von der Art und Schwere der Erkrankung, den benötigten finanziellen Mitteln, den persönlichen Verhältnissen des Ausländers und insbesondere der Lage im Zielstaat der Abschiebung ab, ob eine zeitlich befristete Kostenübernahmeerklärung zur Abwendung einer "erheblichen konkreten Gefahr" i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausreicht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 17.2.2009 - 8 LA 4/09 -, AuAS 2009, 142 ff., sowie Beschl. v. 27.10.2009 - 10 LA 87/09 -, jeweils m.w.N.). Bezieht sich eine solche Erklärung - wie hier - auf einen Zeitraum von zwei Jahren, so wird sich allerdings eine gleichwohl fortbestehende Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG regelmäßig nicht mehr feststellen lassen. Denn es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, der Ausländer sei auch dann unverändert auf eine Behandlung angewiesen, aber nicht in der Lage, evtl. benötigte Medikamente aus eigenen Mitteln, von dritter Seite, insbesondere durch Zuwendungen von Verwandten, oder im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsversorgung zu erhalten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.3.2009 - 10 LA 315108 -, AuAS 2009. 160 ff., m.w.N.).

Schon aus den vorgenannten Gründen kommt auch der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu, ob eine zeitlich befristete Kostenübernahmeerklärung auch dann ausreicht, wenn nach Fristablauf "eine Eigenfinanzierung der lebensnotwendigen Medikamente schon aus heutiger Sicht ausgeschlossen ist". Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt, dass die Klägerin "lebensnotwendige" Medikamente benötigt. [...]