LG Berlin

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Zitieren als:
LG Berlin, Beschluss vom 31.08.2009 - 84 T 407/06 B - asyl.net: M16571
https://www.asyl.net/rsdb/M16571
Leitsatz:

Das rechtliche Gehör war verletzt, da für die Unterredung mit dem Verfahrensbevollmächtigten versehentlich - trotz Antrages - kein Dolmetscher gewährt worden war. Das rechtliche Gehör des Betroffenen war dadurch bis zu seiner Zurückschiebung nach Griechenland verletzt.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Zurückschiebung, Griechenland, Aufgriffsfall, Asylantrag, rechtliches Gehör, Dolmetscher, Bundespolizei, Aufenthaltsgestattung, unerlaubte Einreise, vollziehbar ausreisepflichtig, Haftgründe
Normen: AsylVfG § 14 Abs. 3, AsylVfG § 14 Abs. 2, AufenthG § 106 Abs. 2, FEVG § 3 S. 2, FEVG § 7 Abs. 1, AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Auszüge:

[...]

Es lag der Haftgrund des § 62 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor. Der Betroffene war aufgrund seiner unerlaubten Einreise in den Geltungsbereich des Ausländergesetzes gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, denn er war in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, ohne im Besitz der nach § 4 AufenthG erforderlichen Aufenthaltsgenehmigung und des nach § 3 AufenthG erforderlichen Passes zu sein.

Der Haftgrund des § 62 Absatz 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG war ebenfalls gegeben. Danach ist ein Ausländer in Sicherungshaft zu nehmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Dies ist der Fall, wenn aufgrund konkreter Äußerungen oder Verhaltensweisen des Betroffenen die Gefahr besteht, er werde seine Abschiebung in einer Weise behindern, welche nicht durch einfachen Zwang überwunden werden kann (vgl. KG NVwZ-Beilage 8/1995, 61). Diese Voraussetzungen lagen vor. Er hatte in Deutschland weder einen festen Wohnsitz noch soziale Bindungen und war zur Täuschung der Behörden mit einem gefälschten Ausweis eingereist. Er war unter Zuhilfenahme der Dienste eines Schleppers eingereist, wofür er 1500 $ zahlen musste. Das an diesen gezahlte Geld wäre bei einer Ausreise nutzlos aufgewandt. Daraus folgte, dass der Betroffene nichts unversucht gelassen hätte, um diesen finanziellen Aufwand nicht als vergeblich erscheinen zu lassen. Der gesamte Aufwand wird von den geschleusten Personen in aller Regel betrieben, um einen dauernden, jedenfalls aber längeren Aufenthalt in Deutschland möglich zu machen. Deshalb war auch nicht zu erwarten, dass er sich freiwillig für eine Abschiebung bereitgehalten hätte.

Von der Anordnung der Sicherungshaft konnte auch nicht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG abgesehen werden, weil der Betroffene glaubhaft gemacht hätte, sich der Abschiebung nicht entziehen zu wollen, denn dies ist bei gleichzeitigem Vorliegen des Haftgrundes nach § 62 Absatz 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG ausgeschlossen.

Die angeordnete Haftdauer wahrte die Fristen des § 62 Abs. 2 .Satz 4 AufenthG und des § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG.

Das rechtliche Gehör des Betroffenen war aber verletzt. Anlässlich der amtgerichtlichen Anhörung des Betroffenen am 31.08.2006 war ein Dolmetscher zugegen. Der Betroffenen hatte sich zur Sache geäußert. Für die Unterredung mit dem Verfahrensbevollmächtigten war aber versehentlich - trotz Antrages (Bl. 7) kein Dolmetscher gewährt worden. Der Antrag ging am 13.09.2006 bei Gericht ein. Danach hätte ein Dolmetscher bestellt werden können, was nicht geschehen ist und das rechtliche Gehör des Betroffenen bis zu seiner Zurückschiebung am 10.10.2006 verletzte. [...]