OVG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.09.2009 - 2 O 149/09 - asyl.net: M16588
https://www.asyl.net/rsdb/M16588
Leitsatz:

Es erscheint nicht unbillig, dass ein Ausländer, der seinen Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG bestreiten kann, zwar dann zwingend von der Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 1 AufenthV profitiert, wenn ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, jedoch nicht, wenn er im Falle der Ablehnung seines Antrags erfolglos Widerspruch erhebt.

Schlagwörter: Widerspruchsgebühr, Befreiung, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Ablehnungsbescheid, Kostenfestsetzungsbescheid, Ausländerbehörde, Ermessen
Normen: AufenthV § 51 Abs. 1 Nr. 1, AufenthV § 45 Nr. 1 Bst. b, AufenthV § 53 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid vorn 23.09.2008, mit dem der Beklagte dem Kläger eine Widerspruchsgebühr nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Höhe von 30 Euro auferlegt hat, ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 23.09.2008 hat der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahrens gegen die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis dem Grunde nach zu tragen. Zu diesen Kosten zählt auch die Widerspruchsgebühr nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV. Danach beträgt die Widerspruchsgebühr für den Widerspruch gegen die Ablehnung einer gebührenpflichtigen Amtshandlung de Hälfte der für die Amtshandlung nach den §§ 44 bis 48 Abs. 1 und § 50 zu erhebenden Gebühr. Hier einschlägig ist insoweit § 45 Nr. 1 b) AufenthV, wonach für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Geltungsdauer von mehr als einem Jahr eine Gebühr in Höhe von 60 Euro zu erheben ist. In Anwendung dieser Vorschriften beträgt die Widerspruchsgebühr hier - wie im angefochtenen Bescheid festgesetzt - 30 Euro.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass er von dieser Gebühr gemäß § 53 Abs. 1 AufenthV zwingend befreit ist. Nach dieser Vorschrift sind Ausländer, die ihren Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bestreiten können, von den in den Nummern 1 bis 9 dieser Vorschrift aufgezählten Gebühren befreit. Der Kläger ist zwar Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die angefochtene Widerspruchsgebühr ist aber in dem Katalog des § 53 Abs. 1 AufenthV Nr. 1 bis 9 nicht genannt. Der Katalog enthält zwar die Gebühr für die Aufenthaltserlaubnis nach § 45 Nr. 1 AufenthV (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV), nicht aber die Widerspruchsgebühr nach § 51 AufenthV.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist § 63 Abs. 1 AufenthV auch nicht dahingehend auszulegen, dass sich aus der Nennung des § 45 Nr. 1 AufenthV in § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV mittelbar eine Befreiung auch für die Widerspruchsgebühr nach § 51 AufenthV ableiten lässt. Es mag zwar zutreffen, dass der Kläger gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV von der Gebühr für die Aufenthaltserlaubnis (§ 46 Nr. 1 AufenthV) im Falle ihrer Erteilung befreit gewesen wäre. Diese Befreiung ist aber nicht auch bei der Berechnung der Widerspruchsgebühr nach § 51 Nr. 1 AufenthV dergestalt zu berücksichtigen, dass danach nicht die Hälfte des in § 45 Nr. 1 b) AufenthV genannten Betrages von 60 Euro, sondern des durch eine Befreiung nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV auf Null reduzierten Betrages maßgeblich wäre. Soweit nämlich § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auf die Gebühr nach § 45 Nr. 1 AufenthG Bezug nimmt, handelt es sich um eine bloße Berechnungsgröße, die unabhängig davon zu Grunde zu legen ist, ob ein Ausländer von dieser Gebühr im Falle der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV befreit gewesen wäre. Für diese Auslegung spricht bereits der Umstand, dass in den §§ 44 bis 51 AufenthV unterschiedliche Gebühren geregelt sind, § 53 Abs. 1 aber in den Nummern 1 bis 9 einzeln und abschließend nur diejenigen Gebühren aufzählt, für die eine Befreiung möglich ist. Für sonstige Gebühren, d.h. die nicht in den Nummern 1 bis 9 genannten Gebühren wie z.B. die Widerspruchsgebühr nach § 51 AufenthV, regelt § 53 Abs. 1 zweiter Halbsatz AufenthV demgegenüber keine zwingende Befreiung, sondern nur die Möglichkeit einer Ermäßigung oder eines Absehens von der Erhebung. Es erscheint auch nicht unbillig, dass ein Ausländer, der seinen Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bestreiten kann, zwar dann von der zwingenden Befreiungsregelung des § 53 Abs. 1 Halbsatz 1 AufenthG profitiert, wenn ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, sich jedoch dann, wenn er im Falle der Ablehnung dieser Genehmigung erfolglos Widerspruch erhebt, auf die Ermäßigungs- oder Absehensmöglichkeit nach § 53 Abs. 1 Halbsatz 2 und Abs. 2 AufenthG verweisen lassen muss.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Beklagte habe von dieser Ermäßigungs- oder Absehensmöglichkeit ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch gemacht. Das Ermäßigungs- oder Absehensermessen ist nach § 53 Abs. 2 AufenthG erst dann eröffnet, wenn das mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gebührenpflichtigen in Deutschland geboten ist. Dafür gibt es hier keine hinreichenden Anhaltspunkte. Insoweit kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss verweisen. [...]