OLG Dresden

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Zitieren als:
OLG Dresden, Beschluss vom 13.12.2007 - 3 W 1316/07 - asyl.net: M16657
https://www.asyl.net/rsdb/M16657
Leitsatz:

Mit Blick auf das Beschleunigungsgebot in Haftsachen bedarf es der weiteren Aufklärung, warum die Bundespolizei nach Anfrage der ZAB Chemnitz vom 24.9.2007 erst am 16.10.2007 den Flugtermin mitteilte.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Sachaufklärungspflicht, Beschleunigungsgebot, Bundespolizei
Normen: FGG § 22 Abs. 2, AufenthG § 62 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Das Rechtsmittel hat in der Sache vorläufigen Erfolg. Das Landgericht hätte die sofortige Beschwerde nicht ohne weitere Sachaufklärung gemäß § 12 FGG zurückweisen dürfen (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Zwar wurden die Haftgründe des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 5 AufenthG durch den Betroffenen zu Recht nicht in Frage gestellt. Auf die Begründung des Landgerichts kann insoweit Bezug genommen werden.

Die Sache war aber an das Landgericht zurückzuverweisen, da die Entscheidung, ob die Behörden das Gebot der Beschleunigung beachtet haben, der weiteren Aufklärung bedarf.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist die Ausländerbehörde verpflichtet, ohne Aufschub und beschleunigt alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um für den Betroffenen die zur Ausreise erforderlichen Ersatzpapiere zu beschaffen und die Abschiebung zu ermöglichen (OLG Karlsruhe - InfAuslR 1998, 430 f.). Eine Verletzung dieses Beschleunigungsgebots führt dazu, dass die Anordnung oder Fortsetzung der Haft unzulässig wird, soweit die Behörde die ihr verfassungsrechtlich zur Verfügung stehende Zeit nicht genutzt hat (OLG München - FGPrax 2005, 276; OLG Düsseldorf - FGPrax 1995, 128).

Vor diesem Hintergrund bedarf es der weiteren Aufklärung, warum die Bundespolizei nach Anfrage der ZAB Chemnitz vom 24.09.2007 erst am 16.10.2007 den Flugtermin mitteilte. Das Beschleunigungsgebot gilt nicht nur für die Ausländerbehörde, sondern auch für die Bundespolizei. Alle deutschen Behörden haben dafür Sorge zu tragen, den Eingriff in die Grundrechte, insbesondere - wie vorliegend - in die persönliche Freiheit des Betroffenen möglichst gering zu halten. Wenn die Behörde untätig gewesen wäre, könnte die Bearbeitungsdauer von über drei Wochen nicht als angemessen betrachtet werden. Es ist deshalb aufzuklären, welche Maßnahmen in der Zwischenzeit durch die Bundespolizei getroffen wurden.

Bereits deshalb war die Sache zurückzuverweisen, unabhängig davon, ob die Buchung des Fluges für den 28.11.2007, also nochmals sechs Wochen später, angemessen war. Das Landgericht hat es als gerichtsbekannt bezeichnet, dass dieser Zeitraum von den algerischen Behörden für die Ausstellung eines "laissez-passer" in Anspruch genommen wird. Dies mag zutreffend sein. Nachdem der Betroffene dies in Frage gestellt hat, insbesondere für den Fall der wiederholten Ausstellung, ist jedoch eine nähere Begründung, woher diese Kenntnis stammt, oder eine weitere Aufklärung erforderlich. Es bedarf auch einer Überprüfung oder zumindest näheren Erläuterung, warum die Beantragung des Passersatzdokumentes bei der algerischen Botschaft erst nach Mitteilung des Flugtermins möglich war. [...]