VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 26.01.2010 - 2 K 273/09 - asyl.net: M16713
https://www.asyl.net/rsdb/M16713
Leitsatz:

Keine Flüchtlingsanerkennung, da die Klägerin sich Nachstellungen ihrer Familie durch eine Wohnsitznahme an einem ausreichend weit entfernten Ort innerhalb Syriens entziehen kann. Auch keine Verfolgungsgefahr wegen des Auslandsaufenthalts und der Betreibung eines Asylverfahrens in Deutschland.

Schlagwörter: Syrien, Asylfolgeantrag, nichtstaatliche Verfolgung, Ehrenmord, geschlechtsspezifische Verfolgung, interne Fluchtalternative
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1 S. 4 Bst. c
Auszüge:

[...]

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht zu; ebenso wenig kann sie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG beanspruchen.

Das Bundesamt der Beklagten hat die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht mit der Begründung abgelehnt, Wiederaufgreifensgründe im Sinne der §§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 - 3 VwVfG lägen nicht vor. Insoweit kann gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Bescheides sowie auf die Beschlüsse der Kammer vom 21.04.2009 - 2 L 279/09- in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie vom 16.07.2009 - Versagung von Prozesskostenhilfe - Bezug genommen werden. Die mündliche Verhandlung hat keine Erkenntnisse erbracht, die zu einer anderen Einschätzung führen könnten. Nach wie vor ist tragend davon auszugehen, dass sich die Klägerin Nachstellungen durch ihre Familie durch eine Wohnsitznahme an einem ausreichend entfernten Ort innerhalb Syriens entziehen kann. Dabei kann sie ersichtlich - worauf bereits im Beschluss der Kammer vom 21.04.2009 - 2 L 279/09 - hingewiesen ist - auf die Unterstützung ihrer Cousine in Latakia rechnen; Hilfestellung kann sie ersichtlich auch seitens ihres Bruders erwarten, der nach ihrer eigenen Einschätzung "mehr Verstand habe als die anderen" und sie bereits während des gemeinsamen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland wegen der angeblichen Beziehung mit dem Geheimdienstchef nicht bedroht habe. Ist es der Klägerin von daher entsprechend den Ausführungen des Gerichts in dem im Erstverfahren ergangenen Urteil vom 30.08.2001 - 2 K 62/01.A - zumutbar, in Syrien an einem anderem Ort als dem Wohnort ihrer Eltern zu leben, kommt es auf ihre subjektive Vorstellung, "es gehe einfach nicht", dass sie in Syrien allein lebe, nicht entscheidend an.

Eine Änderung der Sachlage ergibt sich im Fall der Klägerin auch nicht mit Blick auf ihren Auslandsaufenthalt und das Betreiben eines Asylverfahrens. Zwar ist nach den neueren Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (vgl. ad-hoc Ergänzungsbericht zum Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der arabischen Republik Syrien (Stand: Dezember 2009) vom 28.12.2009 sowie Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der arabischen Republik Syrien (Stand: Juni 2009) vom 09.07.2009, jeweils in Dok. Syrien) davon auszugehen, dass zurückgeführte Personen nach der Einreise in der Regel durch die syrische Einwanderungsbehörde und die Sicherheitsdienste befragt werden. Dabei können Betroffene nochmals zu einer Befragung einbestellt oder für die Dauer einer Identitätsüberprüfung von den Einreisebehörden festgehalten werden. In drei Fällen sind zudem Inhaftierungen unmittelbar bzw. kurz nach der Rückführung bekannt geworden.

Diese von dem Auswärtigen Amt beschriebenen Einzelfälle lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass nunmehr jeder syrische Staatsangehörige und damit auch die Klägerin bei Rückkehr nach Syrien Gefahr läuft, von solchen - ggfs. mit asylerheblichen Weiterungen verbundenen - Maßnahmen betroffen zu werden. Dagegen spricht, dass die Klägerin sich politisch nie betätigt hat und deshalb nicht in das Blickfeld der syrischen Behörden geraten ist, weshalb ein auf ihre Person gerichteter Verdacht antisyrischer Betätigung fernliegt. [...]