VG Meiningen

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Zitieren als:
VG Meiningen, Urteil vom 01.04.2010 - 8 K 20141/09.Me - asyl.net: M16913
https://www.asyl.net/rsdb/M16913
Leitsatz:

Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG wegen Verfolgungsgefahr für einen Kurden aufgrund der Erkenntnislage und wegen Teilnahme an Demonstration gegen Syrien in Deutschland.

Schlagwörter: Asylverfahren, Abschiebungsverbot, Syrien, Kurden, Exilpolitik, Verfolgungsgefahr
Normen: AufenthG § 60 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Unter diesen Voraussetzungen ist eine politische Verfolgung in Syrien nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen des Klägers ist einerseits vollständig vage gehalten und begründet weder glaubhaft eine Verfolgung durch staatliche Stellen noch durch Privatpersonen, gegen die er keinen Schutz bei den Behörden erreichen könnte. Hiervon abgesehen hat er in der mündlichen Verhandlung einen hiervon deutlich abweichenden Vortrag erbracht (vgl. Niederschrift vom 01.04.2010), so dass insgesamt davon ausgegangen werden muss, dass der Vortrag des Klägers nicht belastbar ist. Eine Gruppenverfolgung mit asylrechtlichem Hintergrund und Intensität lässt sich nach der bestehenden Erkenntnislage für Syrien nicht bestätigen (vgl. insoweit auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid).

Dem Kläger steht aber im Hinblick auf die neue Erkenntnislage (Ergänzungsbericht des Auswärtigen Amtes vom 28.12.2009) und dem Schreiben des Bundesministeriums des Innern an die Innenministerien bzw. Senatsverwaltungen der Länder vom 16.12.2009 subsidiärer Verfolgungsschutz zu. Nach dieser Erkenntnislage hat es offensichtlich drei Einzelfälle bei der Rückführung von Asylbewerbern gegeben, die dadurch gezeichnet waren, dass diese nach ihrer Ankunft in Damaskus von syrischen Stellen - zumindest teilweise - vorübergehend festgehalten worden sind. Während in zwei Fällen offenbar nach etwa 14 Tagen eine Freilassung erfolgte, ist in einem Fall ein strafgerichtliches Verfahren eingeleitet worden, dessen Ausgang derzeit noch offen ist. Der Inhaftierung lag der Vorwurf der "falschen (lügnerischen) Nachricht über den syrischen Staat im Ausland" gemäß § 287 des syrischen Strafgesetzbuches zu Grunde. Nach der Mitteilung des Auswärtigen Amtes lassen Erfahrungen aus Beobachtungen der Menschenrechtslage eine Haftstrafe von zwei bis drei Jahren als realistische Erwartung erscheinen. Auch Freisprüche bei gleichem Vorwurf seien dem Auswärtigen Amt aus den letzten Monaten nicht bekannt geworden. Diese Situation wirkt sich zu Gunsten des Klägers aus, da dieser am 12.03.2010 nachweislich an einer gegen den syrischen Staat gerichteten Demonstration in Berlin teilgenommen hat. Dabei sind unter anderem auch Plakate gezeigt worden, die auf die unzumutbare Menschenrechtslage in Syrien hinweisen. Insoweit könnte auch dieser Umstand zu Lasten des Klägers bei einer Rückkehr nach Syrien gegen ihn verwendet werden. [...]