OVG Thüringen

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Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 26.05.2009 - 3 EO 136/08 - asyl.net: M16997
https://www.asyl.net/rsdb/M16997
Leitsatz:

Zur Sachaufklärung hinsichtlich der "üblichen" Umgangskontakte zwischen Vater und Kind und zum Anordnungsgrund bei Abschiebungshaft.

Schlagwörter: vorläufiger Rechtsschutz, Umgangsrecht, Eltern-Kind-Verhältnis, Abschiebungshaft, Sachaufklärungspflicht, Anordnungsgrund
Normen: VwGO § 123, GG Art. 6
Auszüge:

[...] Um die Frage zu klären, wie der Rechtsstreit ausgegangen wäre, hätte es in tatsächlicher Hinsicht weiterer Aufklärung bedurft. Insbesondere wären die konkreten Umstände des Einzelfalles vertieft zu ermitteln und daraufhin zu überprüfen gewesen, ob das familiäre Verhältnis zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter "dem auch sonst Üblichen" i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht, und zwar unter Berücksichtigung der Besonderheiten, durch die sich elterliche Umgangskontakte "typischerweise deutlich von dem Verhältnis des Kindes zur täglichen Betreuungsperson" unterscheiden (vgl. den Beschluss des BVerfG vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 -, unter II 2 a der Gründe, Juris, s. dort Rdn. 20).

Nach Aktenlage lässt sich diese Frage nicht hinreichend klären, so dass der potentielle Ausgang des Verfahrens offen ist. Dieses bisherige Aufklärungsdefizit geht letztlich zu Lasten beider Seiten. Zum einen sind behördlicherseits nicht die (von Amts wegen) gebotenen Aufklärungsmaßnahmen ergriffen und ist auch nicht die erforderliche Würdigung des Sachverhalts vorgenommen worden, die die besonderen Umstände des bloßen Umgangskontakts hinreichend berücksichtigt hätten, zum anderen hat auch der Antragsteller nicht in der ihm möglichen und zumutbaren Weise Einzelheiten zu den konkreten Umständen der Kontakte zu seiner Tochter vorgetragen. Es entspricht daher der Billigkeit, die Kostenlast unter den Beteiligten hälftig zu verteilen.

Klarstellend sei zum Vorbringen des Antragsgegners, dem Eilantrag habe es an der erforderlichen Dringlichkeit gefehlt (scil.: weil "konkrete Maßnahmen bezüglich einer Abschiebung des Betroffenen ... diesseits nicht eingeleitet worden" seien; vgl. Schriftsatz vom 18. August 2008), was der Sache nach auf den Einwand eines fehlenden Anordnungsgrunds hinausläuft, bemerkt, dass sich daraus hier nichts für den Antragsgegner Günstiges ergibt; denn der Antragsteller durfte angesichts dessen, dass er in Abschiebungshaft genommen war, davon ausgehen, dass seine Abschiebung hinreichend konkret und zeitnah bevorstehe. [...]