VG Minden

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Zitieren als:
VG Minden, Urteil vom 12.04.2010 - 10 K 1887/09.A - asyl.net: M17012
https://www.asyl.net/rsdb/M17012
Leitsatz:

Keine Flüchtlingsanerkennung wegen widersprüchlichen Vortrags zu den Verfolgungsgründen (FADR, CNR).

Schlagwörter: Flüchtlingsanerkennung, Republik Kongo, CNR, FADR
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

[...]

4. Gravierende Ungereimtheiten sind auch im Zusammenhang mit den vom Kläger genannten Motiven für seine Ausreise feststellbar.

Am 18. Dezember 2007 hat er angegeben:

"(gebeten, im Zusammenhang zu schildern, aus welchem konkreten Anlass er sich nunmehr Anfang Dezember 2007 zur Ausreise aus seinem Heimatland und zur Asylantragstellung hier in Deutschland entschlossen habe:) Unsere FADR-Schutztruppe wurde in dem Dorf Minduli eingesetzt. Das liegt zwischen ... Nachdem die CNR von dem Reverant ... gegründet worden war, hat er mich zu sich nach Mvindza geholt. Da der Reverant ... eine Partei gründen wollte in dem Heimatdorf meines Vaters, er war auch ein Verwandter meines Vaters, hat er mich zu sich geholt und wollte, dass ich eine wichtige Stelle in dieser Partei bekleiden sollte. Ich habe bis zu meiner Ausreise mit ihm zusammen und neben ihm die Parteiarbeit organisiert. Es wurde ein Abkommen zwischen der Regierung und der Partei von Reverant ... geschlossen, dass der Reverant Minister für die Wiedereinsetzung der ehemaligen Mitkämpfer vorgesehen war. Er sollte nach Brazzaville fahren, um seine Stelle anzutreten. Das war ungefähr im Mai 2007. Die Regierung hatte gesagt, der Reverant ... sollte den Posten alleine antreten. Er bekäme als Minister die Leibwächter und Mitarbeiter von der Regierung gestellt. Er durfte nicht seine eigenen Leute mitnehmen. Ich durfte auch nicht mit dorthin. Da die Rebellengruppe aus über 1.500 Personen besteht und überall eingesetzt ist, haben die anderen geglaubt, dass wir, die wir in der Nähe waren, bevorzugt würden. Sie meinten, wir würden mit dem Minister zusammen nach Brazzaville reisen, obwohl in Wirklichkeit niemand mitreisen durfte. Er musste nun eine Lösung finden. Er war mit meinem Vater verwandt, und ich konnte nicht mit ihm nach Brazzaville, und er konnte mich nicht im Dorf zurücklassen, weil das für mich meinen Tod innerhalb von einer Woche bedeutet hätte. (befragt, inwiefern er, der Kläger, durch die Ernennung des Reverant ... zum Minister durch das Angebot, er könne Minister werden, gefährdet gewesen sei und inwiefern ihm, dem Kläger, falls ... das Amt angetreten hätte, innerhalb von einer Woche der Tod in seinem Dorf gedroht hätte:) Ich war verwandt mit diesem Mann. Er hatte mich zu sich geholt, damit ich mit ihm zusammenarbeitete. Er hatte viele Gelder vom Staat und von Organisationen zur Unterstützung erhalten. Die anderen Rebellenmitglieder gingen davon aus, dass auch ich von diesen Geldern profitierte. Wenn ich zurückgeblieben wäre, und er wäre als Minister nach Brazzaville gegangen, hätte man gegen mich Rache verübt. Man hätte gedacht, dass auch ich von dem Reichtum profitiert hätte. Es gab ja auch schon Drohungen. Es gab Drohungen gegen meine Familie."

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger insoweit dargelegt:

"Ich habe Probleme mit vielen Leuten, die mit mir in einer Bewegung waren, und ich würde auch Probleme mit dem Staat haben. Viele Leute sitzen noch im Gefängnis, andere wurden getötet ... (befragt, wieso er nun die von ihm erwähnten Probleme mit Leuten in der Bewegung hätte:) Mit der Zeit haben wir mit der Regierung gesprochen. Wir haben nämlich eine Region kontrolliert, durch die der Zug fuhr ... Es fanden dann Gespräche statt zwischen der Regierung und uns, damit wir nicht mehr kämpfen. Dann hat die Regierung Soldaten geschickt, die uns töten sollten. Unsere Gruppe hatte Leute ernannt, um mit der Regierung zu sprechen. Zu diesen Leuten gehörte auch ich ... Als die Soldaten der Regierung gekommen waren und auf uns geschossen hatten, da haben die Leute aus der Gruppe gesagt, dass wir - also diejenigen, die zuvor die Gespräche mit der Regierung geführt hatten - mit der Regierung so etwas verhandelt haben. Wir sollten also schuld an diesen Problemen sein. Im Übrigen ging es auch um Geld ... Was ich geschildert habe, war nur der Anfang der Probleme ... dass unser Chef mit der Regierung sprechen sollte. Der sollte nach Brazzaville gehen, um dort einen Posten zu bekommen. Deswegen haben Leute aus der Gruppe heraus uns vorgeworfen, dass wir mit der Regierung zusammenarbeiteten ... (befragt, welcher Art die von ihm erwähnten Probleme mit dem Staat wären:) ... Weil ich viel weiß über Leute, die in meiner Heimat ermordet wurden."

4.1. Die vom Kläger am 18. Dezember 2007 gegebene Darstellung ist z.T. in sich wenig plausibel. Bestand die Rebellengruppe aus über 1500 Personen und glaubten die anderen, dass die, die in der Nähe von ... waren - etwa der Kläger -, bevorzugt und mit diesem zusammen nach Brazzaville reisen würden (obwohl in Wahrheit niemand mitreisen durfte), so fehlt jede überzeugende Begründung, weshalb die angedeuteten Probleme sich nicht von selbst erledigt hätten, wenn tatsächlich in die Hauptstadt gegangen und der Kläger ihm nicht gefolgt, sondern bei den anderen geblieben wäre. - Über die Schlüssigkeit der anderen von dem Kläger in diesem Zusammenhang genannten Argumente soll damit nichts gesagt sein.

4.2. Nicht zusammen passen die Gründe, die für die Ausreise im Jahre 2007 maßgeblich gewesen sein sollen, und das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung an erster Stelle genannte Problem, das er im Fall einer Rückkehr mit anderen Angehörigen der FADR angeblich hätte; denn danach soll Ursache für dieses der - anders geartete - Umstand sein, dass die Regierung Soldaten geschickt hatte, die die Angehörigen der Organisation, der der Kläger nach seiner Darstellung damals angehörte, töten sollten und man u.a. ihn dafür verantwortlich machte.

4.3. Schließlich hat er am 18. Dezember 2007 Schwierigkeiten, die er mit der Regierung hatte oder im Falle einer Rückkehr haben könnte, nicht erwähnt.

Mögen diese Erwägungen im einzelnen auch von unterschiedlichem Gewicht sein, so führen sie jedenfalls in ihrer Gesamtheit zu dem Schluss, dass sich der Kläger eine "Geschichte" ausgedacht hat. Nicht berücksichtigt ist dabei der Umstand, dass die kongolesische Stadt Loubomo früher Dolisie hieß und 1975 im Zuge der Afrikanisierung ihren heutigen Namen erhalten hat, während nach der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung (vgl. S. 8 des Protokolls) umgekehrt aus Lubomo Dolisie geworden sein soll. [...]