VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Beschluss vom 25.05.2010 - A 11 K 1124/09 - asyl.net: M17209
https://www.asyl.net/rsdb/M17209
Leitsatz:

Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts sind erstattungsfähig bei einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Mandanten, wenn der Rechtsanwalt über besondere Fachkenntnisse verfügt oder wenn er bereits vorprozessual mit der Angelegenheit befasst war und ein Anwaltswechsel deshalb nicht sinnvoll bzw. unzumutbar erscheint.

Schlagwörter: Kostenrecht, Kostenerstattung, Reisekosten, Rechtsanwalt, ortsansässiger Rechtsanwalt, besonderes Vertrauensverhältnis, besondere Fachkenntnisse, Zumutbarkeit, auswärtiger Rechtsanwalt, Bahnfahrkarte, Umsatzsteuer,
Normen: VwGO § 162 Abs. 1 S. 1
Auszüge:

[... ]

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Allerdings steht die Erstattungspflicht gemäß § 162 Abs. 1 VwGO unter dem Vorbehalt, dass es sich um Kosten handelt, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Notwendig im Sinne dieser Vorschrift sind in der Regel nur die Reisekosten eines am Gerichtssitz oder in der näheren Umgebung des Wohnsitzes des Beteiligten ansässigen Rechtsanwalts; dies folgt aus dem das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, dass die durch das jeweilige Verfahren ausgelösten Kosten möglichst niedrig zu halten sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.1992 - 14 S 1642/92- in NVwZ-RR 93, 112).

Eine andere Beurteilung ist allerdings dann angezeigt, wenn besondere Gründe vorliegen, die aus der Sicht des betreffenden Verfahrensbeteiligten die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts nahe legen. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein solcher Ausnahmefall u.a. dann zu bejahen, wenn zu dem betreffenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht oder wenn dieser über besondere Fachkenntnisse verfügt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.02.1995 - 1 S 3/95 - in NVwZ-RR 1996, 238 m.w.N.). Nichts anderes kann gelten, wenn der betreffende Rechtsanwalt bereits vorprozessual mit der Angelegenheit befasst war (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2000 - 10 W 112/00 - in NJW-RR 2001, 998 ff.) und ein Anwaltswechsel deshalb nicht sinnvoll bzw. unzumutbar erscheint.

Bei Anlegung des vom VGH Baden-Württemberg vorgegebenen Maßstabes, der eine zu kleinliche Handhabung der Regelung des § 162 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht für angebracht hält (vgl. VGH Beschluss vom 28.02.1995, a.a.O.), kann hier das Vorliegen eines Ausnahmefalles in dem zuletzt genannten Sinne bejaht werden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich bereits im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren ausführlich mit der Sache beschäftigt und sich eingearbeitet. Bei dieser Vorgeschichte war es für den Kläger weder sinnvoll noch zumutbar, sich im anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren von einem mit der Sache bislang nicht vertrauten (ortsansässigen) Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

Die Kosten der Fahrkarten für die Bahnfahrten von Köln nach Stuttgart und wieder zurück vom 10.03.2010 enthalten bereits den Umsatzsteuerbetrag. Die auf diese Fahrkarten entfallenden Kosten in Höhe von EUR 125,25 unterliegen daher nicht erneut der Mehrwertsteuer-(Umsatzsteuer-)pflicht (Schumann/Geißinger, Komm. zur BRAGO, 2. Aufl., Anm. 11 zu § 28) und konnten nur in dieser Höhe festgesetzt werden. [...]