Voraussetzung für eine Flüchtlingsanerkennung von Konvertiten ist die verlässliche Feststellung eines identitätsprägenden Religionswechsels, der nicht lediglich auf durch das flüchtlingsrechtliche Anerkennungsverfahren ausgelösten Opportunitätsgründen beruht. Im vorliegenden Fall kann daher offengelassen werden, ob konvertierte ehemalige Muslime in der Türkei als missionierende Mormonen verfolgt werden.
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Die von der Klägerin zu 1. (im erstinstanzlichen Verfahren Klägerin zu 2.) geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. [...]
Hieran gemessen ist die von der Klägerin zu 1. geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Die Antragsschrift wirft die als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage auf, "ob die Klägerin zu 1. als Mitglied in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage im Falle einer Rückkehr in die Türkei eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zu befürchten hat".
Bereits die konkrete Formulierung der von der Klägerin zu 1. als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage weist darauf hin, dass die genannte Problematik einer grundsätzlichen, fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren nicht zugänglich ist und sich vielmehr auf die Beantwortung von Tatsachenfragen bezieht, die durch die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles geprägt werden. Weiter ist die von der Klägerin aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich. Entscheidungserheblich ist eine aufgeworfene Rechts- oder Tatsachenfrage nur dann, wenn sie auch für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich gewesen ist. Die grundsätzlich bedeutsame Frage muss im Urteil des Verwaltungsgerichts zum entscheidungstragenden Begründungsteil gehören (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124 Rdnr. 152 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung tragend darauf gestützt, dass die Kläger bereits keine gefestigten Mormonen sind, die in der Türkei diesen Glauben praktizieren und dafür missionarisch tätig werden würden (UA S. 6). Für den Fall, dass sich ein Schutzsuchender - wie hier die Klägerin zu 1. - auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung beruft, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er zunächst die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben.
Das Erfordernis einer Prüfung der inneren, religiös-persönlichkeitsprägenden Beweggründe für einen in Deutschland vorgenommenen Glaubenswechsel ergibt sich aus der Notwendigkeit der gerichtlichen Überzeugungsbildung über eine deshalb geltend gemachte religiöse Verfolgungsgefährdung. Denn nur wenn verlässlich festgestellt werden kann, dass eine Konversion auf einer glaubhaften Zuwendung zur neuen Glaubensrichtung im Sinne einer ernsthaften Gewissensentscheidung, auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen, durch das flüchtlingsrechtliche Anerkennungsverfahren ausgelösten Opportunitätsgründen beruht, kann davon ausgegangen werden, dass ein Verschweigen, Verleugnen oder die Aufgabe der neuen Glaubenszugehörigkeit zur Vermeidung staatlicher oder nichtstaatlicher Repressionen im Heimatland den Betroffenen grundsätzlich und in aller Regel unter Verletzung seiner Menschenwürde existenziell und in seiner sittlichen Person treffen und ihn in eine ausweglose Lage bringen würde und ihm deshalb nicht zugemutet werden kann. Erst wenn der Glaubenswechsel die religiöse Identität des Schutzsuchenden in dieser Weise prägt, kann ihm nicht angesonnen werden, in seinem Heimatland auf die von Art. 10 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 304, S. 12, berichtigt in ABl. 2005 L S. 24 - Qualifikationsrichtlinie) garantierten Rechte zu verzichten, nur um staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen (vgl. Urt. d. Senates v. 19.08.2009 - 3 L 566/08 - juris; OVG Münster, Beschl. v. 30.07.2009 - 5 A 982/07.A - juris). Das Verwaltungsgericht hat einen solchen identitätsprägenden Religionswechsel bei den Klägern nicht feststellen können, so dass es aus der insofern maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts nicht auf die Situation der Angehörigen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in der Türkei ankam. Auch kann mit einem bloßen Angriff gegen die tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des religiösen Einstellungswandels die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht ausreichend dargelegt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.02.1977 - 11 B 60.76 - Buchholz 232 § 5 BBG Nr. 2; OVG LSA, Beschl. v. 21.09.2006 - 3 L 292/04 -). [...]