OVG Hamburg

Merkliste
Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 23.06.2010 - 5 Bs 117/10 - asyl.net: M17235
https://www.asyl.net/rsdb/M17235
Leitsatz:

Bei der Verteilungsentscheidung nach § 15a AufenthG ist der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten oder Eltern und minderjährigen Kindern Rechnung zu tragen. Die Regelung bezweckt eine zügige Verteilung auf die Länder vor einer Entscheidung über das Aufenthaltsrecht. Daher Zurückweisung einer Beschwerde der Ausländerbehörde gegen den Beschluss des VG Hamburg vom 10.5.2010 (17 E 790/10, asyl.net M17236), mit welchem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zuweisung in ein anderes Bundesland angeordnet wurde, da der Kläger Vater eines in Hamburg lebenden Kindes ist.

Schlagwörter: Zuweisung, vorläufiger Rechtsschutz, Beschwerdeverfahren, familiäre Lebensgemeinschaft, Vaterschaftsanerkennung
Normen: AufenthG § 15a Abs. 1 S. 6, VwGO § 80 Abs. 5, AufenthG § 15a Abs. 1 S. 1
Auszüge:

[...]

1. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Aus den mit der Beschwerde vorgetragenen Gründen, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die angefochtene Entscheidung.

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG werden unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, "vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels" auf die Länder verteilt. Durch diese Regelung soll unter anderem die mit § 15a AufenthG bezweckte zügige Verteilungsentscheidung sichergestellt werden. Daraus ergibt sich, dass in diesem Verfahrensstadium weder die Erteilung eines Aufenthaltstitels noch die Aussetzung der Abschiebung zulässig sind (vgl. Walther in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Bd. 2, Loseblattausgabe, Stand Mai 2010, § 15a Rn. 6). Gemessen daran wäre es systemwidrig, wenn die für die Verteilungsentscheidung zuständige Behörde vor dem Hintergrund von § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG nicht nur die dort genannten Voraussetzungen prüfen würde, sondern inzident auch die Frage, ob ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht. Dies wäre mit dem Wortlaut von § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG schwerlich vereinbar und berührte darüber hinaus gegebenenfalls die Zuständigkeit der im Anschluss an die Verteilungsentscheidung für Fragen des Aufenthaltsrechts des Ausländers berufenen Behörde des anderen Bundeslandes. Unabhängig davon dürften zahlreiche der illegal eingereisten Ausländer auch keinen Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels besitzen, da dem häufig zum Beispiel die Regelungen in § 5 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 AufenthG sowie § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegenstehen werden. Dies führte - die Richtigkeit der Auffassung der Antragsgegnerin unterstellt - dazu, dass die Regelung in § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG möglicherweise in hohem Umfang leerliefe. [...]