OLG Braunschweig

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Zitieren als:
OLG Braunschweig, Beschluss vom 07.05.2010 - 6 W 28/09 - asyl.net: M17423
https://www.asyl.net/rsdb/M17423
Leitsatz:

Zur örtlichen Zuständigkeit für die Anordnung von Abschiebungshaft im Anschluss an sog. Hauptverhandlungshaft nach § 4 FEVG.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Anhörungsrüge, Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit
Normen: FEVG § 10, FEVG § 4 Abs. 1 S. 2, FEVG § 4 Abs. 2 S. 1, StPO § 127b
Auszüge:

[...]

Die sofortige weitere Beschwerde bleibt ohne Erfolg, soweit die Rechtswidrigkeit der Inhaftierung für die Zeit ab Erlass des Abschiebungshaftbefehls des Amtsgerichts Duderstadt vom 14. November 2008 bis zum 14. Dezember 2008 ausgesprochen werden soll, also dem Tag vor Eingang des Antrags auf Aufhebung der Haft gem. § 10 FEVG. Bezüglich der Zeit ab dem 15. Dezember 2008 ist jedoch der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit begründet (vgl. im Übrigen zur Tenorierung einer neuen Sachentscheidung nach Fortführung des Verfahrens aufgrund einer erfolgreichen Anhörungsrüge: Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 44 Rn. 59). [...]

Entgegen der Auffassung des Landgerichts war festzustellen, dass die Inhaftierung des Betroffenen ab dem 15. Dezember 2008 formell rechtswidrig war. Denn das Amtsgericht Duderstadt war für den Erlass des Abschiebungshaftbefehls nicht zuständig. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 FEVG war nämlich das Amtsgericht Göttingen zuständig, weil sich der Betroffene zur Zeit der Haftanordnung in der Justivollzugsanstalt Rosdorf befand.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Duderstadt gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 FEVG nicht daraus hergeleitet werden, dass für die Haftanordnung eine Eilzuständigkeit bestanden hätte. Denn der Betroffene befand sich bereits seit dem 9. November 2009 in der Hauptverhandlungshaft (nach § 127 b StPO) in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf. Dies war der Beteiligten auch bekannt, denn sie beantragte bereits am 12. November 2008 die Haftanordnung, also bereits zwei Tage vor Erlass des Abschiebungshaftbeschlusses durch das Amtsgericht Duderstadt. Die Beteiligte wies den Haftrichter des Amtsgerichts Duderstadt mit dem Haftantrag sogar ausdrücklich darauf hin, dass der Betroffene sich derzeit in der JVA Rosdorf befand. Die Beteiligte hätte also ausreichend Zeit gehabt, die Haftanordnung - bereits vor der genannten Hauptverhandlung vom 14. November 2008 - beim zuständigen Amtsgericht Göttingen, das sich in der Nähe der Justizvollzugsanstalt Rosdorf befindet, zu beantragen. Für die Annahme einer Eilzuständigkeit ist hier kein Raum. Sie kann nicht damit begründet werden, dass man bewusst die Hauptverhandlung in einer Strafsache abwartet, um dann aufgrund der von vornherein abzusehenden Möglichkeit einer Bestrafung des Betroffenen ohne Freiheitsentzug einen Eilfall "zu konstruieren". [...]