Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG für alleinerziehende Mutter und deren Kinder (Roma), da für sie im Kosovo keine Möglichkeit der Existenzsicherung besteht.
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Die für den Folgeantrag angegebene Begründung führt zu einer für die Antragstellerin günstigeren Entscheidung, weil nunmehr vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich der Republik Kosovo auszugehen ist.
Von einer Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzusehen, wenn dem Ausländer eine erhebliche, individuelle und konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, wobei es hier nicht darauf ankommt, von wem die Gefahr ausgeht und wodurch sie hervorgerufen wird. Es muss jedoch über die Gefahren hinaus, denen die Bevölkerung allgemein ausgesetzt ist, eine besondere Fallkonstellation gegeben sein, die als gravierende Beeinträchtigung die Schwelle der allgemeinen Gefährdung deutlich übersteigt (vgl. auch insoweit auf die Neuregelung des § 60 Abs. 7 Satz 1 übertragbare Entscheidungen BVerwG, Urteil vom 23.06.1996, Az.: 9 C 144.95; BVerwG, Urteil vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324).
Für die Antragstellerin wurde vorgetragen, dass diese nach der Trennung vom Ehemann als allein erziehende Mutter im Kosovo außerstande wäre, eigenständig den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder sichern zu können.
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009, Az.: 506-516.80/3K05, ist die Lage alleinerziehender Frauen im Kosovo allgemein als bedenklich einzustufen. Hiernach geraten allein erziehende Frauen wegen der hohen Arbeitslosigkeit zumeist unmittelbar in Abhängigkeit von Sozialhilfe bzw. mildtätigen Organisationen und damit in eine untergeordnete soziale Stellung. Die Antragstellerin gehört zur Volksgruppe der Roma und müsste als allein erziehende Mutter bei einer Rückkehr in den Kosovo damit rechnen, in besonderer Weise von Diskriminierung betroffen zu sein.
Im Kosovo existieren zwar ca. 40 NROs, die hilfsbedürftigen Frauen und deren Kindern Unterstützung in verschiedener Form anbieten, die Möglichkeiten dieser Organisationen, hilfsbedürftige Frauen zu unterstützen, sind jedoch sehr begrenzt. So ist z.B. die Unterbringung in Pristina auf drei Wochen, in Djakove und Peje auf drei Monate beschränkt.
Auch nach dem Bericht von Karsten Lüdtke "Perspektiven bei einer Rückkehr in den Kosovo, insbesondere für Angehörige ethnischer Minderheiten" vom Februar 2007 droht allein erziehenden Frauen im Kosovo soziale und wirtschaftliche Isolation. Staatliche oder gesellschaftliche Institutionen, die dies dauerhaft auffangen könnten, gebe es praktisch nicht. Alleinstehende und insbesondere allein erziehende Frauen hätten im Kosovo keine ausreichende Lebensbasis.
Nach der vorgenannten Stellungnahme von Karsten Lüdtke leben sämtliche Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo am Rande des Existenzminimums. Angehörige der Minderheiten der Roma und Ashkali seien vom regulären Arbeitsmarkt praktisch ausgeschlossen. Die Arbeitslosenquote in Roma-Gemeinden tendiere gegen 100 Prozent. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr ins Kosovo von dort lebenden Angehörigen in ausreichendem Maße unterstützt werden könnte. Ebenso wenig kann eine in diesem Falle finanzielle Unterstützung durch noch in Deutschland lebende Angehörige auf Dauer und in der für die Familie erforderliche Höhe gewährleistet werden. Das Fehlen einer gesicherten wirtschaftlichen Existenzgrundlage führt somit im Falle der Antragstellerin zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz.
Die angedeuteten gesundheitlichen Einschränkungen wurden nicht wie angekündigt im nachhinein substantiiert dargelegt, so dass Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen nicht festgestellt werden konnten. [...]