BAMF

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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 24.09.2010 - nicht bekannt [= ASYLMAGAZIN 2010, S. 389] - asyl.net: M17716
https://www.asyl.net/rsdb/M17716
Leitsatz:

Einstellung eines Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens, da der Antragsteller dem BAMF keine verwertbaren Fingerabdrücke geben konnte und somit nicht nachweisbar ist, dass er aus Somalia kommt. Nach den Erkenntnissen des BAMF habe zudem eine große Zahl der derzeit in Deutschland Asylsuchenden aus Somalia bereits in Italien Schutz gefunden. Die Weiterwanderung erfolge allein wegen der unterschiedlichen Sozialleistungen in den beiden Staaten.

Schlagwörter: Asylverfahren, Somalia, Einstellung, Fingerabdrücke, Mitwirkungspflicht, Italien, Dublin II-VO
Normen: AsylVfG § 33 Abs. 1 S. 1, AsylVfG § 32
Auszüge:

[...]

1. In Anbetracht der Tatsache, dass der Antragsteller der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen ist, was als Nichtbetreiben des Verfahrens für mehr als einen Monat zu werten ist, gilt der Asylantrag gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG als zurückgenommen. Somit ist festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist (§ 32 AsylVfG).

2. Über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist gem. § 32 Satz 2 AsylVfG nach Aktenlage zu entscheiden.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen nicht vor.

Bei der Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG sind zunächst § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG im Hinblick auf das Herkunftsland des Antragstellers zu prüfen. Diese bilden als Umsetzungsnormen der Regelungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vorn 29. April 2004 (QualfRL) zum subsidiären Schutz einen eigenständigen, vorrangig zu prüfenden Verfahrensgegenstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 u.a.). Sie werden im Folgenden als "europarechtliche Absehiehungsverbote" bezeichnet.

Vorliegend scheitert die Feststellung eines europarechtlichen Abschiebungsverbotes bereits an der Voraussetzung, dass die in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG umschriebenen Gefahren im Herkunftsland des Antragstellers drohen müssen. Als Herkunftsland ist hierbei nach Art. 2 k) QualfRL das Land zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Schutzsuchende besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ein Herkunftsland in diesem Sinne konnte nicht festgestellt werden.

Der Antragsteller hat den Abgleich von Fingerabdrücken als Maßnahme zur Überprüfung der Angaben zu seiner Identität verhindert. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass er bereits unter anderen Personalien, auch mit anderer Herkunftslandangabe von einer europäischen Asyl- oder Sicherheitsbehörde erfasst wurde. Aufgrund seines Verhaltens ist es nicht gerechtfertigt, den von ihm angegebenen Staat (Somalia) ohne weiteres als sein Herkunftsland anzusehen. Der Antragsteller ist aufgrund seines Verhaltens unglaubwürdig geworden, es ist ihm nicht gelungen, gleichwohl die Angabe zu seinem Herkunftsland glaubhaft zu machen. Die vom Antragsteller im Verfahren gebrauchte Sprache ist allein für die Glaubhaftmachung des Herkunftslands nicht ausreichend, da diese Sprache auch in angrenzenden Landesteilen von Nachbarstaaten (z.B. Beispiel Äthiopien oder Kenia) gebräuchlich ist.

Auch nationale Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden nicht geltend bzw. glaubhaft gemacht. Insbesondere kann sich kein Antragsteller auf eine allgemeine Extremgefahr, die eine Durchbrechung der Sperrwirkung des 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG [zur Folge hat,] berufen, solange er durch sein Verhalten selbst den Verdacht erweckt, dass er aus einem anderen Staat stammt, in den er ohne Gefährdung zurückkehren könnte; entsprechendes gilt für den Fall der möglichen Rückkehr in einen anderen Staat der europäischen Union. Nach den Erkenntnissen dies Bundesamts hat eine große Zahl der derzeit in der Bundesrepublik Asylsuchenden aus Somalia bereits In Italien Schutz und Aufnahme gefunden. Die Weiterwanderung erfolgt allein wegen der unterschiedlichen Sozialleistungen in den beiden Staaten.

Hinsichtlich anderer Staaten hat der Antragsteller keine Gründe für die Feststellung eines Abschiebungsverbots geltend gemacht.

3. Die Abschiebungsandrohung ist nach § 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen, weil der Ausländer weder als Asylberechtigter anerkannt wird noch einen Aufenthaltstitel besitzt. Als Zielstaat kann nur der noch nicht bestimmbare "Herkunftsstaat" angegeben werden. Ein Konkretisierung auf einen bestimmten Staat ist beabsichtigt, sobald ein solcher ermittelt werden kann. [...]