OLG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.09.2010 - 20 W 223/08 - asyl.net: M17867
https://www.asyl.net/rsdb/M17867
Leitsatz:

Die Abschiebungshaft war vorliegend durch die begonnene Abschiebung beendet. Unerheblich ist hierbei, dass die Abschiebung deshalb scheiterte, weil der Betroffene sich nach Schließung der Flugzeugtüren den ihn begleitenden Beamten widersetzte, so dass der Flug abgebrochen werden musste. Örtlich zuständig war daher nicht das Gericht des letzten Haftortes (AG Hannover), da es sich nicht um eine Entscheidung über die Haftfortdauer handelte, sondern das AG Frankfurt a.M. nach dem Aufenthaltsort am Flughafen Frankfurt.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, örtliche Zuständigkeit, Verlängerungsantrag, Aufenthaltsort, Verfahrensfehler
Normen: FEVG § 4 Abs. 1, AufenthG § 62 Abs. 2 S. 5
Auszüge:

[...]

Entgegen der Auffassung des Betroffenen war das Amtsgericht Frankfurt am Main für die Haftanordnung gegen den Betroffenen zuständig, denn der Betroffene hatte aufgrund seiner Entlassung aus der Abschiebungshaft in der JVA Langenhagen keinen Aufenthalt in Langenhagen mehr, sondern seinen Aufenthaltsort befand sich am Flughafen Frankfurt, so dass das Amtsgericht gemäß § 4 Abs. 1 FEVG zuständig war. Eine Abgabe des Verfahrens durch das Amtsgericht Hannover, das als Gericht des Haftvollzugsorts vor der gescheiterten Abschiebung örtlich zuständig war, kam im vorliegenden Fall nicht mehr in Betracht. Entgegen dem Antrag der antragstellenden Behörde und dem Beschlusstenor handelte es sich tatsächlich nicht um eine Entscheidung über die Haftfortdauer. Die gegen den Betroffenen angeordnete Haft zur Sicherung seiner Abschiebung bis zum 03.04.2008 war nämlich beendigt durch die am 03.04.2008 begonnene Abschiebung, d.h. mit der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht, indem der Betroffene zum Besteigen des Flugzeugs gezwungen worden war (vgl. OLGR München 2008, 341 ff).

Selbst wenn man jedoch davon ausgehen wollte, dass eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main für die Anordnung von Haft gegenüber dem Betroffenen nicht gegeben war, begründet dies nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit. Der Verfahrensverstoß ist im konkreten Fall nicht so schwerwiegend, als dass die in der Sache richtige Entscheidung dahinter zurücktreten müsste. Einzelne Verfahrensfehler haben nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung zur Folge. Ein Fehler bei der Anwendung von Zuständigkeitsvorschriften kann nur dann zur Rechtswidrigkeit der Feststellung führen, wenn Willkür oder ein vergleichbar schwerwiegender Verstoß anzunehmen ist (vgl. OLG München FGPrax 2006, 280). Von Willkür kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden, da die Zuständigkeit. des Amtsgerichts Frankfurt am Main jedenfalls möglich gewesen wäre und auch vom Amtsgericht Hannover angenommen worden ist. [...]