Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, dass im Irak lebende Personen, die mit den Koalitionstruppen zusammenarbeiten, keine soziale Gruppe im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG sind.
Ob Angriffe islamistischer Terrororganisationen auf irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionsgruppen arbeiten, lediglich kriminelle Akte sind oder an das Merkmal politische Überzeugung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG anknüpfen, ist eine Frage des Einzelfalls. Es liegt auf der Hand, dass nicht jede Art der Zusammenarbeit mit den Koalitionstruppen Ausdruck einer bestimmten politischen Überzeugung ist und auch von islamistischen Terrororganisationen nicht in dieser Weise verstanden wird.
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Der auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) und der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. [...]
a) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, vor ihrer Ausreise aus dem Irak im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG verfolgt worden zu sein. Die Klägerin habe vorgetragen, wegen ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft auf einem Stützpunkt der Besatzungstruppen in den Fokus von Terroristen geraten zu sein. Diesem Vorbringen seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Übergriffe der Terroristen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale erfolgt seien. Nach Auffassung des Gerichts handele sich dabei vielmehr im Fall der Klägerin um kriminelle Akte.
Die Klägerin hält im Hinblick hierauf die Frage für klärungsbedürftig, ob die Angriffe islamistischer Terrororganisationen auf irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an das Merkmal Arbeitstätigkeit für die amerikanischen Besatzungstruppen und damit an das Merkmal politische Überzeugung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG anknüpfen und nicht lediglich isolierte kriminelle Akte sind.
Die Frage ergibt in dieser Form keinen Sinn, da sie unterstellt, dass Angriffe islamistischer Terrororganisationen auf irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, mit dem Merkmal Arbeitstätigkeit für die amerikanischen Besatzungstruppen zugleich an das Merkmal politische Überzeugung anknüpften. Die so gestellte Frage nimmt damit vorweg, was mit ihr offenbar gerade erst geklärt werden soll. Die Frage dürfte deshalb so zu verstehen sein, dass die Klägerin geklärt wissen möchte, ob Angriffe islamistischer Terrororganisationen auf irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an das Merkmal politische Überzeugung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG anknüpfen oder ob es sich lediglich um kriminelle Akte handelt. Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Wie das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der - noch zu behandelnden - Frage, ob irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, als "soziale Gruppe" im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG anzusehen sind, zutreffend ausgeführt hat, kann eine Zusammenarbeit mit den Koalitionstruppen in den unterschiedlichsten Formen und auf ganz verschiedenen Bereichen erfolgen. Das Spektrum reicht von einer nur einmaligen Lieferung von Lebensmitteln oder anderen Waren über die Leistung einfacher Hilfsdienste wie Kochen, Waschen oder Putzen im Rahmen kurz- oder längerfristiger Arbeitsverträge bis zu militärischen Unterstützungshandlungen. Auch die Motive, die zu einer solchen Zusammenarbeit führen, sind vielgestaltig. Sie mögen im Einzelfall politischer Natur sein. Von den Fällen einer engeren Zusammenarbeit abgesehen, dürften aber regelmäßig rein finanzielle Interessen im Vordergrund stehen. Aus der bloßen Tatsache einer Zusammenarbeit mit den Besatzungstruppen auf eine bestimmte politische Überzeugung zu schließen, verbietet sich daher.
Es liegt danach auf der Hand, dass nicht jede Art der Zusammenarbeit mit den Koalitionstruppen Ausdruck einer bestimmten politischen Überzeugung ist und auch von islamistischen Terrororganisationen nicht in dieser Weise verstanden wird. Ob Angriffe islamistischer Terrororganisationen auf irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an das Merkmal politische Überzeugung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG anknüpfen oder ob es sich lediglich um kriminelle Akte handelt, kann daher nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt maßgeblich von Art und Dauer der Zusammenarbeit im Einzelfall ab.
b) Die von der Klägerin ferner aufgeworfene Frage, ob bei der Auslegung des Begriffs der Bedrohung des Lebens wegen einer politischen Überzeugung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde zu legen ist, dass eine Voraussetzung für die Annahme einer politischen Verfolgung ist, dass sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart der allgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen steht, ist ohne weiteres zu bejahen und deshalb nicht klärungsbedürftig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315) meint das Attribut "politisch" in Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG nicht einen gegenständlich abgegrenzten Bereich von Politik, sondern kennzeichnet eine Eigenschaft oder Qualität, die Maßnahmen in jedem Sachbereich unter bestimmten Umständen jederzeit annehmen können. Eine notwendige Voraussetzung dafür, dass eine Verfolgung sich als eine politische darstelle, liege darin, dass sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart der allgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen stehe, also - im Unterschied etwa zu einer privaten Verfolgung - einen öffentlichen Bezug habe, und von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgehe, der der Verletzte unterworfen sei. Diese Rechtsprechung ist auf den in § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG verwendeten Begriff der politischen Überzeugung ohne weiteres übertragbar. Auch die nach dieser Vorschrift zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führende Verfolgung eines Ausländers wegen seiner politischen Überzeugung setzt daher notwendig voraus, dass die Verfolgung einen öffentlichen Bezug hat.
c) Die weitere Frage, ob irakische Staatsangehörige, die für die Koalitionstruppen arbeiten, eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG sind, lässt sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten und ist daher ebenfalls nicht klärungsbedürftig.
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG darf ein Ausländer (in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, sind gemäß § 60 Abs. 1 S. 4 AufenthG Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) ergänzend anzuwenden. Nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG gilt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf diese Regelung angenommen, die im Irak lebenden Personen, die mit den Koalitionstruppen zusammenarbeiteten, seien keine bestimmte soziale Gruppe, da das Merkmal der "Kooperation mit den Besatzungstruppen" nicht geeignet sei, um die Angehörigen dieser Gruppe in einer Weise zu kennzeichnen, dass sie von der umgebenden Gesellschaft als fest umrissene Gruppe wahrgenommen würden. Gegen diese Auffassung bestehen keine Bedenken. Wie bereits ausgeführt, hat das Verwaltungsgericht dabei zu Recht berücksichtigt, dass eine Zusammenarbeit irakischer Staatsangehöriger mit den Koalitionstruppen in den unterschiedlichsten Formen und auf ganz verschiedenen Bereichen erfolgen kann. Auch die Motive, die zu einer solchen Zusammenarbeit führen, sind nicht einheitlich, sondern reichen von Fällen, in denen die Zusammenarbeit Ausdruck der schieren wirtschaftlichen Not ist, bis zu Fällen, in denen sich der Betreffende aus innerer Überzeugung zu einer Unterstützung der Koalitionstruppen entschließt. Die im Irak lebenden Personen, die mit den Koalitionstruppen in irgendeiner Weise zusammenarbeiten, lassen sich danach nicht als eine bestimmte soziale Gruppe begreifen. [...]